Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
kaum genug für eine Ehe.«
»Es ist aber ein guter Anfang, findest du nicht?«
Da er auf diese Frage keine Antwort erwartete, schwieg sie und saß steif auf ihrem Stuhl.
»Ich glaube«, sagte ihr Vater und seufzte schwer, während er sich mit den Fingern durchs Haar fuhr, »du und Eleanor versucht einfach, mich über die Grenzen meiner Geduld hinaus auf die Probe zu stellen. Ich habe kein Interesse daran, mit einer von euch Streit zu haben. Ich will nur Frieden, und das bedeutet auch, dass ich euch beide gut verheiraten muss. Deine Schwester will sich nicht einfach ›wegheiraten‹ lassen, wie sie es nennt, und deshalb wartet sie jetzt noch auf den Richtigen. Du versuchst offenbar, in ihre Fußstapfen zu treten. Nur dass du es irgendwie auch noch geschafft hast, die Aufmerksamkeit der ganzen besseren Gesellschaft auf dich zu ziehen, weil du mit Augustine eine Liebelei anfängst.«
»Da ist keine Liebelei.« Wenigstens das konnte sie überzeugend sagen.
»Nicht?« Ihr Vater runzelte die Stirn.
»Nein.«
»Dann ist Augustine kein richtiger Verehrer? Denn wenn das so sein sollte, möchte ich dir deutlich machen, dass ich gewisse Vorbehalte gegen ihn habe.«
Sie zögerte, aber sie konnte wohl kaum ehrlich behaupten, er habe ein gewisses Interesse an ihr. Aber bestimmt hatte er kein Interesse, um sie zu werben. Zwei anstößige Komplimente waren kaum aussagekräftig. Und keiner der anderen Männer, die sie bisher zum Tanz aufgefordert oder ihr Blumen geschickt und nachmittags bei ihr vorgesprochen hatten, waren reizender als Lord Drury. Manche waren sogar ziemlich dröge. Nein, sie konnte keine echte Romanze vorschieben, um so die Heirat mit dem Viscount zu verhindern. »Er hat mir bisher keinen Grund zu der Annahme geliefert«, gab sie zu.
»Warum gibt es dann diese Spekulationen um euch beide?«
»Ohne respektlos klingen zu wollen, darf ich dich vielleicht darauf hinweisen, dass du derjenige gewesen bist, der vorhin behauptet hat, über mehr Wissen zu verfügen, wenn es um die Mechanismen der Gesellschaft geht. So funktioniert Getratsche nun mal.«
»Also gut.« Ihr Vater klang jetzt unbeschwerter, aber zugleich auch abweisend. »Ich will, dass du sorgfältig über Lord Drurys Antrag nachdenkst, wenn er zu dir kommt. Ich gebe dir drei Tage Zeit, dann reden wir erneut darüber. Bitte bedenke auch, wie sehr ich diese Verbindung schätzen würde. Der Ehevertrag wurde bereits von meinen Anwälten aufgesetzt.«
Das klang schon ziemlich offiziell.
Eine Anordnung vom Duke. Cecilys Hände fühlten sich plötzlich feucht an, ihr Mund hingegen war staubtrocken. Wäre es nicht um ihre Schwester gegangen, hätte die Situation sie nicht so mitgenommen. Vielleicht wäre sie dann sogar einverstanden gewesen, weil man es von ihr erwartete. Aber sie weigerte sich, den Rest ihres Lebens die Schuld am gebrochenen Herzen ihrer Schwester zu tragen. Besonders, da sie ihren zukünftigen Bräutigam ohnehin nicht so sehr mochte.
Sie erhob sich steif, nickte und verließ das Zimmer, ohne sich mit einem Wort von ihrem Vater zu verabschieden. Sie glaubte kurz, er habe vielleicht noch ihren Namen gesagt, als sie durch die Tür ging, aber wenn es so war, ignorierte sie ihn einfach.
Das hier war schlicht und ergreifend eine Katastrophe.
Was sollte sie denn jetzt machen? Sie hatte schon einmal an Roderick appelliert, das war offenbar vergeblich gewesen. Der Viscount war trotzdem zu ihrem Vater gegangen, um dessen Erlaubnis zu erhalten. Daher musste sie davon ausgehen, dass er fest entschlossen war, sie tatsächlich zur Frau zu nehmen.
Sie wusste nicht, was sie dagegen tun konnte.
Es war im Grunde eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, oder nicht? Aber immerhin sollte ihr Bruder ihr berichten können, was genau Lord Drury ihrem Vater erzählt hatte.
Roderick war in seinen Gemächern und kleidete sich fürs Dinner um, als sie mit ihrer kleinen Faust unsanft gegen die Tür pochte. Ihr Bruder öffnete. Seine Krawatte war noch nicht gebunden, und er wirkte ungeduldig, doch der Ausdruck wich aus seinem Gesicht, als er sie sah. Seine Stimme war ruhig. »Ich habe versucht, es dir zu sagen.«
Cecily schritt an ihm vorbei und sank in einen Sessel. Ihre Beine fühlten sich schwach an. »Hast du denn nicht mit Lord Drury gesprochen?«
»Natürlich habe ich das getan.« Ihr Bruder klang abwehrend, doch dann seufzte er. »Er war mehr als bereit, mit mir über dich zu sprechen. Aber sobald ich Eleanor erwähnte, wechselte er das Thema und
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