Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
verheiraten und seine Angelegenheiten ordnen wollte, um möglichst schnell nach Amerika zurückzukehren. Allerdings war es in diesem speziellen Fall nicht unbedingt seine Schuld, überlegte er, während er den Raum durchquerte und sich vor dem Kamin in einen Sessel setzte.
Was hätte ich wohl getan, überlegte er, wenn es die wunderschöne, goldhaarige Tochter des Dukes gewesen wäre, die mich nackt in meinem Bett erwartet hätte?
Wäre er mit diesem unwahrscheinlichen Szenario bei der Rückkehr von seinem nächtlichen Ausritt konfrontiert worden, wusste er nicht, ob er dann auch den Gentleman hätte spielen können. In dem Fall hätten ihn die Konsequenzen nicht gekümmert.
Diese Erkenntnis war für ihn ziemlich beunruhigend.
Kapitel 6
Ihr Vater lehnte sich in seinem Stuhl zurück und bedachte sie mit einem Blick, den sie allenfalls als … als …
Nun, sie konnte ihn gar nicht einordnen oder beschreiben. Dieser Blick gehörte allein ihm, und damit verstand er sogar, erwachsene Männer einzuschüchtern. Roderick nannte diesen Blick das »Eddingtonstarren«. Cecily, die stets in der warmen Zuneigung ihres Vaters hatte baden dürfen, war nicht sicher, wie sie diese eiskalte Missbilligung des Herzogs einordnen sollte.
Er faltete die Hände auf dem Schreibtisch. Sein blondes Haar ergraute allmählich. Sein Auftreten war wie immer makellos in dem Anzug, der ihm auf den Leib geschneidert war. Die Brille, die er in der Öffentlichkeit zu tragen sich standhaft weigerte, lag auf einem Stapel Korrespondenz vor ihm. »Erklär mir bitte, warum Viscount Drury in deinen Augen kein passender Ehemann sein soll.«
Es war eine Erleichterung für sie, dass diese Vorladung nichts mit dem unkonventionellen Verhalten Augustines und dem daraus resultierenden Gerede zu tun hatte. Sie gab sich unbekümmert und zuckte mit den Schultern. »Ich bin sicher, das wäre er. Aber nicht für mich.«
»Warum nicht?«
»Er ist nicht der, den ich bevorzuge.«
»Ich frage dich noch einmal: Warum nicht?«
»Das würdest du nicht verstehen«, antwortete sie ausweichend. Auf keinen Fall wollte sie ihm Eleanors geheime Verliebtheit enthüllen. Es war kein Geheimnis, das zu verraten ihr zustand, und wenn sie ehrlich war, hatte ihre Schwester sich ihr bisher auch nicht offenbart. Falls Cecily sich irrte – wobei sie absolut sicher war, sich nicht zu irren –, wäre das ein unverzeihlicher Fehler. Wenn sie recht hatte, war es umso unverzeihlicher. Wenn Elle ihrem Vater davon erzählen wollte, ging das nur sie und ihn etwas an.
»Ich bin da anderer Meinung. Ich bin nicht dumm oder lasse es an Einfühlungsvermögen fehlen. Ich darf vielleicht außerdem anmerken, dass meine Zeit auf Erden deine um einiges übersteigt. Darum verdiene ich es aus Respekt vor deinem Elternteil und ohne an meinen Rang zu denken, dass du mir erzählst, warum du ein so vielversprechendes Angebot auszuschlagen gedenkst, falls er um deine Hand anhält.«
Für einen sonst sehr entspannten – wenngleich manchmal etwas distanzierten – Elternteil war er im Moment jedenfalls ziemlich beharrlich.
»Klingt es für dich naiv, wenn ich dir sage, dass ich ihn nun einmal nicht liebe?«, versuchte Cecily so sachlich wie möglich zu erklären.
»Naiv? Ich habe keine Ahnung. Unpraktisch, das schon. Eine junge Frau sollte ihren Ehemann aufgrund von Qualitäten auswählen, die wichtiger sind als die Frage, ob er bei ihr irgendwelche flüchtigen und schwer zu definierenden Gefühle zu wecken vermag. In Lord Drurys Fall sind diese Qualitäten seine Abstammung aus sehr angesehener Familie, sein solides Vermögen sowie die hohe Meinung vieler, die ihn für einen respektablen und gelassenen Zeitgenossen halten. Was kannst du mehr von einem Mann verlangen, wenn ich fragen darf?«
Die folgende Stille fühlte sich unangenehm an. Cecily wog ihre Antwort genau ab. Wie kann Stille nur so laut sein?, fragte sie sich. Diese Stille klang ihr geradezu in den Ohren. Außerdem war das herzogliche Arbeitszimmer mit den hohen Bücherregalen und dunklen, wuchtigen Möbeln schon immer überwältigend gewesen. An den getäfelten Wänden hingen Gemälde von den Lieblingspferden ihres Vaters.
Bis zu einem gewissen Grad hatte ihr Vater natürlich recht. Und sie wusste, er glaubte , im Recht zu sein. Er hatte nicht mal erwähnt, dass der Viscount außerdem ziemlich gut aussah – wenn man helles Haar und ein höfliches Lächeln mochte. Sie hingegen bevorzugte Männer mit langem, dunklem Haar und einem
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