Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
und ein Pulk fröhlicher Tänzer strömte von der Tanzfläche. »Ich … das tut mir schrecklich leid«, stammelte sie.
»Ich habe Euch überrascht. Ich muss mich entschuldigen, der Fehler liegt ganz allein bei mir.« Sein Lächeln war so liebenswürdig, er schaute nicht einmal nach unten auf die nun beschmutzte Spitze seines bisher perfekt glänzenden Stiefels. »Ich habe mich gefragt, ob Ihr Eure Schwester gesehen habt.«
»Ja, das habe ich. Sie ist etwas größer als ich, ihre Haare sind etwas heller. Zwischen uns beiden besteht eine gewisse Familienähnlichkeit, wie ich mir habe sagen lassen.« Die scharfe Erwiderung war heraus, ehe sie sich bremsen konnte … und es war eine unglückliche Bemerkung.
Es war wirklich vertrackt! Den Großteil des Abends hatte sie bei ihrer Großmutter und deren Freundinnen gesessen, und dann tauchte der Mann, an den sie in jeder wachen Minute jedes Tages dachte – der aber ihre Schwester heiraten wollte –, aus dem Nichts direkt vor ihr auf. Wie selbstsicher konnte sie da noch sein?
Der Viscount lachte bloß. Das Vergnügen blitzte in seinen blauen Augen und machte ihn noch attraktiver, wenn das überhaupt möglich war. »Ihr habt eine flinke Zunge, das vergesse ich wohl manchmal. Lasst es mich daher anders ausdrücken. Habt Ihr Eure Schwester in letzter Zeit gesehen, und falls es so ist, hättet Ihr die Güte, mich in die Richtung zu weisen, wo sie sich gerade aufhält?«
Wenigstens konnte sie ehrlich zugeben, dass sie keine Ahnung hatte, wo Cecily sich aufhielt. »Es tut mir leid, aber ich habe sie auch eine ganze Weile nicht gesehen, Mylord.«
Er blickte sich prüfend im Saal um. Sein leutseliges Lächeln schwand. »Wie interessant … Augustine sehe ich auch nicht. Er war vorhin noch im Spielzimmer, anscheinend ist er auch verschwunden.«
Dank seiner Größe hatte er vermutlich einen besseren Überblick in diesem Gedränge, und Lord Augustine war vielleicht sogar noch größer als er, weshalb man ihn leicht ausmachen konnte. Nein, nein, dachte Eleanor, während sie noch einen Schluck Champagner nahm. Cecily war alles andere als dumm, sie würde niemals mit dem Earl verschwinden und damit ihren guten Ruf aufs Spiel setzen.
Oder?
Eigentlich traute Eleanor ihr das nicht zu. Aber ihre Schwester war auf dem Weg zum Ball in der Kutsche sehr schweigsam gewesen.
Oder war Eleanor diejenige gewesen, die vor sich hinbrütete? Das war schwer zu sagen. Sie hatte sich jedenfalls ziemlich elend gefühlt. Auch wenn sie sich für ihre Schwester freute und nicht so selbstsüchtig war, es Cecily nicht zu gönnen, dass sie einen Heiratsantrag von einem der begehrtesten Junggesellen des ton bekam, hatte sie nicht den Eindruck, dass ihre Schwester bei der Aussicht darauf, Lady Drury zu werden, vor Freude übersprudelte.
Warum musste das Leben nur so verflixt kompliziert sein?
»Ich bin sicher, sie ist nur mal eben auf der Damentoilette«, sagte sie und wünschte sich im selben Moment, sie könnte ihre Worte zurücknehmen. Denn sie hätte wirklich nicht über eine so unappetitliche Angelegenheit reden dürfen wie die Erleichterung der Blase. Es war eine Tatsache, dass jeder so etwas machte, aber man redete doch nicht darüber. Hastig fügte sie daher hinzu: »Ich werde gerne dorthin gehen und nach ihr schauen, wenn Ihr wollt.«
»Ich danke Euch, aber macht Euch keine Umstände, Mylady.« Viscount Drurys Stimme klang jetzt sehr grimmig, und das passte gar nicht zu seinem sonst so schlagfertigen und fröhlichen Wesen. »Vielleicht möchtet Ihr ja stattdessen noch einmal mit mir tanzen.«
Ein drittes Mal? Nun ja, sie wurde nicht gerade von ihren Tanzpartnern überrannt, und sie hatte auch keine besonders große Lust, sich wieder zu den Witwen zu setzen. Im Übrigen konnte ein Tanz mit ihr Lord Drury davon ablenken, weiter nach Cecily Ausschau zu halten. Nur für den Fall, dass ihre Schwester tatsächlich etwas Leichtsinniges unternommen hatte.
»Es wäre mir eine Freude, Mylord.«
Drei Tänze. Wenigstens wäre der Abend kein Totalverlust, dachte sie seufzend, während sie ihr Glas an einen Diener zurückgab, ehe sie sich auf die Tanzfläche geleiten ließ.
Sie lag wie ein gemeines Flittchen auf dem Earl of Augustine. Es war anstößig, wie sie auf seiner muskulösen Brust ruhte, während sein Arm wie ein eisernes Band um ihre Taille geschlungen war und sein warmer Atem gegen ihre Schläfe brandete.
Noch viel bestürzender als diese Erkenntnis war, dass es sich recht angenehm
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