Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
begehrt.«
Vielleicht war es ihr Tonfall – sie war einfach miserabel darin, etwas zu verbergen –, aber er drehte sich zu ihr um und betrachtete sie eingehend. Er schritt weiter neben ihr, doch seine Augen verengten sich leicht. Gerade so, als würde er sie zum ersten Mal wirklich bewusst ansehen.
Jetzt habe ich’s getan.
Konnte sie das Gesicht jetzt noch wahren? Vielleicht. Doch in ihre Wangen stieg eine verräterische Hitze. Sie plapperte weiter: »Warum … na ja, warum auch nicht? Sie ist hübsch, klug, mit einem bezaubernden Charme gesegnet, sie ist sittsam und taktvoll. Und weil ich sie auch so lieb habe, kann ich es Euch kaum verdenken.«
»Könnt Ihr nicht?«, wiederholte er. Etwas Fragendes schwang in seiner Stimme mit.
Sie konnte sich nichts vormachen. Er starrte sie an, als hätten ihre Worte ihm die Augen geöffnet. Als wüsste er es jetzt.
Die Vögel zwitscherten, die Luft war vom Duft der Blumen erfüllt. Die Wolkendecke riss in diesem Augenblick auf, und die Sonne schien warm auf ihre Schultern. Er blickte sie einfach nur an. Lieber Gott, sie machte mit jeder Sekunde, die verging, alles nur noch schlimmer. Dieses letzte bisschen war einfach zu viel für sie. Panik übermannte sie, als hätte sie versehentlich ihre Seele vollständig vor ihm entblößt, obwohl sie dafür nicht bereit war. Sie war auf keinen Fall bereit, ihm das ganze Ausmaß ihrer Gefühle zu offenbaren.
Wenn sie jetzt den Spaziergang fortsetzten, fürchtete sie, noch eine unglückliche Bemerkung zu machen. Es würde bestimmt passieren, und sie wusste nicht, ob sie die Erniedrigung ertrug, wenn er von ihrer geheimen Leidenschaft für ihn erfuhr und sie sich von ihm die unvermeidliche Abfuhr einfing.
Darum nahm sie den einzigen Ausweg, der ihr vernünftig erschien. Sie nahm die Röcke in die Hand. »Entschuldigt mich.«
Mit einer geradezu unverzeihlichen Unhöflichkeit ließ sie ihn allein stehen und rannte wie ein Feigling auf schnellstem Weg zum Haus zurück.
Cecily beschloss, ihm einfach die Wahrheit zu sagen. »Meine Schwester ist in Lord Drury verliebt. Ich nicht. Wie kann ich ihn da heiraten?«
Jonathans Lächeln war strahlend. »Ich verstehe! Das erklärt natürlich einiges.«
»Ich habe bisher mit niemandem darüber gesprochen«, sagte sie fest. »Außer mit Roddy, weil ich gehofft habe, er könnte vielleicht in Erfahrung bringen, ob Lord Drury zumindest ein bisschen ihr Interesse zu erwidern vermag.«
»Das Geheimnis ist bei mir absolut sicher, das verspreche ich Euch.«
Sie glaubte ihm. Vielleicht war das einer der Gründe, warum sie sich so zu ihm hingezogen fühlte. Natürlich, es gab diese körperliche Anziehungskraft, der sie sich nicht entziehen konnte. Aber auch wenn sie bezweifelte, dass die Regeln anständigen Benehmens ihm besonders viel bedeuteten, hatte sie doch den Eindruck, er gehorche einem strengen Moralkodex, der seinen eigenen Regeln gehorchte. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie seinem Wort vertrauen konnte. »Ich danke Euch.«
Jonathan nickte. »Ich habe derweil über unsere Verlobung nachgedacht.«
Cecily ärgerte sich kurz über sich selbst, weil ihr Herz schneller schlug. Sie bekam feuchte Hände und reagierte ziemlich nervös darauf, mit dem Mann allein in einem Raum zu sein, der ihre Gedanken in den letzten Tagen so oft beschäftigt hatte. Sie hoffte, dass es ihr gelang, möglichst unbeteiligt zu erscheinen, als sie alles andere als klug erwiderte: »Ach ja?«
Seine Miene war nicht leicht zu entziffern. Ein Mundwinkel verzog sich leicht, und sie fand, er schaute ziemlich ungerührt drein. Heute sah er in der rehbraunen Reithose und dem dunkelbraunen Mantel mehr als apart aus. Das glatte Haar hatte er ordentlich zurückgebunden. Er hatte sich nicht hingesetzt, sondern stand neben einem kleinen Tisch, auf dem die Miniatur ihrer Ururgroßmutter stand, die mit Halskrause und allem modischen Firlefanz der damaligen Zeit vor zweihundert Jahren gemalt worden war.
Es war ein ziemlicher Kontrast zwischen diesem großen, exotischen und kräftigen Mann neben der Miniatur der kleinen Frau mit verkniffenem Gesicht im Goldrahmen. Er beherrschte den ganzen üppig dekorierten Raum. Der Unterschied zwischen ihm und diesem Gemälde war frappierend. Cecily blickte ihn stumm an, denn jetzt war es wieder an ihm zu sprechen.
»Als Täuschung taugt diese Verlobung nicht. Ich glaube, das habe ich Euch schon einmal erklärt.«
Sie atmete heftig aus. »Niemand kann beweisen, dass wir nicht planen,
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