Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Jonathan. Er setzte sich in einen Kapitänsstuhl, der angesichts des Abnutzungsgrads durchaus von einem echten Schiff stammen konnte. Er sank hinein. Der Stuhl war bequem, was neben den Gebrauchsspuren eine Menge über seinen Gastgeber verriet. Dieser Stuhl besaß vielleicht einen sentimentalen Wert für seinen Besitzer. Anderenfalls hätte der Duke ihn sicher nicht in diesen Raum gestellt, in dem glänzende Bücherregale und teure Ölgemälde alles beherrschten.
Vielleicht hatte Cecily ihr Feingefühl ja von ihm geerbt. Ein gutes Omen.
»Brandy?«
»Nein, danke.« Das hier war schließlich kein Höflichkeitsbesuch.
Es war für ihn eine völlig neue Erfahrung, um die Erlaubnis zu bitten, eine Frau in seine Obhut übernehmen zu dürfen. Da Carole und Betsy gerade ebenfalls auf dem Heiratsmarkt nach passenden Ehemännern suchten, sollte er sich wohl schon einmal darauf einstellen, dass er in Kürze nicht mehr nur der Bittsteller wäre. Und was Lillian betraf … Das war eine andere Geschichte. Er war jedenfalls nicht bereit, sie wegen irgendeines harmlosen Fehlers, den sie mit Sebring begangen hatte – und nach allem, was er wusste, konnte es nur ein harmloser Fehltritt sein, auf keinen Fall mehr –, unverheiratet zu lassen.
»Dankt mir lieber noch nicht.« Der erhabene Duke of Eddington lehnte sich zurück und musterte Jonathan prüfend. Er war nicht von besonders beeindruckender Statur: von mittlerer Größe und mit allmählich schütter werdendem, blondem Haar, das langsam ergraute. Er hatte edle Gesichtszüge, doch am bemerkenswertesten war an ihm die machtvolle Aura, die er verströmte, weil er sich seiner selbst und der Vorzüge seiner Stellung absolut bewusst war. »Ihr seid wegen meiner Tochter hier.«
Das stimmte. »Und ich bin nicht der Erste«, sagte Jonathan möglichst ungerührt, während er seinerseits den älteren Mann musterte. In seiner Kultur wurden Krieger nicht allein wegen ihrer Herkunft bewundert, sondern wegen dem, was sie sich erkämpft hatten. »Ich weiß, dass Drury sie will.«
Der Duke hob seine Augenbrauen bei diesen Worten. Sein Blick wurde stechend. »Eine interessante und irgendwie barbarische Art, es auszudrücken. Soll ich etwa annehmen, dass stimmt, was man sich über Euch erzählt?«
»Das kommt darauf an, was Ihr gehört habt.« Jonathan sprach ruhig weiter. »Ich bezweifle, dass vieles von dem zu meinen Gunsten spricht. Aber darf ich vielleicht darauf hinweisen, dass nur wenige Menschen in unseren Kreisen mich überhaupt kennen?«
Der Duke of Eddington lehnte sich etwas weiter zurück. Jonathan war es gewohnt, die Reaktionen seiner Feinde genau zu beobachten. In diesem Fall konnte er beobachten, wie sein Gegenspieler sich entspannte.
Ein gutes Zeichen.
»Fahrt fort. Ihr dürft frei sprechen.«
»Ich wünsche, Lady Cecily zu ehelichen.« Jonathan lächelte leicht. »Ich könnte jetzt auf meinen Titel und mein Vermögen verweisen – welches nicht ganz so fürstlich sein mag wie Eures, aber immerhin beträchtlich ist – und meinen Familienstammbaum auflisten, der bis zu den ersten britischen Königen zurückführt. Aber seien wir ehrlich: Ich bin sicher, dass Ihr das alles schon wisst. Wenn Ihr über das hinwegsehen könnt, was manche als meine Mischlingsherkunft bezeichnen, bin ich pragmatisch betrachtet sogar ein besserer Kandidat als Drury.«
Das ließ den Duke eine Braue nach oben ziehen. »Und wie denkt Ihr darüber?«
Eine spannende Frage.
»Über meine Herkunft?« Dieses Thema war nur einer von mehreren Stolpersteinen. Das hatte er von vornherein gewusst. Was ihn am meisten überraschte, war die Tatsache, wie wenig Cecily sich daran störte. Ihr Vertrauen darin, dass ihr Vater ihn sich als zukünftigen Schwiegersohn wünschen würde, und ihr Mangel an Vorurteilen waren wirklich liebenswert. »Bei allem gebotenen Respekt, solltet Ihr bedenken, dass jeder von uns im Ganzen aus zwei Teilen besteht, Euer Gnaden. Fast alle Monarchien dieser Welt begründen sich darauf, dass andere Kulturen einheiraten. So funktioniert das doch, wenn man aus politischen Gründen heiratet, oder? Es geht um Allianzen. So verheiratet ein König seine Tochter an den Prinzen eines anderen Lands. Wenn man es so betrachtet, gibt es keine wahrhaft reinen Blutlienen.«
Wenigstens wirkte der Duke amüsiert. »Das ist ein berechtigter Einwand. Aber ich habe im Moment keinen Bedarf, mich mit der Nation der Irokesen zu verbünden.«
»Das könnte ich Euch auch nicht ermöglichen«, erwiderte
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