Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
was zum Teufel tat er hier?
Er stand in der Ecke. Die gebräunten Arme hatte er vor der nackten Brust verschränkt. Er war barfuß und trug nichts am Leib außer einer nassen Reithose, die so sehr an ihm haftete, dass es vermutlich ungehörig war. In der Dunkelheit ragte er noch größer auf als sonst. Sein Haar war nass, und er trug es offen. Es gab keine vernünftige Erklärung für seine Anwesenheit in diesem Raum. Unnötig zu erwähnen, dass es für sie ein bisher einmaliges Erlebnis war, einen fast komplett entkleideten Mann in ihrem Schlafzimmer zu haben. Nicht zu vergessen, was das für ihr weiteres Leben bedeutete, wenn man ihn hier erwischte.
Es sei denn, sie heiratete ihn tatsächlich …
Aber selbst dann würde das hier einen Aufruhr auslösen.
»Wie seid Ihr hier hereingekommen?« Sie spielte auf Zeit, denn im selben Augenblick wurde sie sich plötzlich ihrer Nacktheit unter dem schlichten Nachthemd bewusst. Sie raffte das Hemd um ihren Körper und verschränkte die Arme über der Brust.
Er bemerkte das natürlich, und sein Blick ruhte auf ihrem Mieder. »Durchs Fenster.«
Es stand offen : Sie konnte den Kaminrauch und den feuchten, sauberen Duft des Regens riechen. Diese einsilbige Antwort war für Jonathan absolut typisch. »Ihr seid an der Außenwand des Hauses hinaufgeklettert?«
»Das ist nicht so schwer.«
»Das werde ich mir merken.« Sie trat ans Fenster und verschloss es. Mit einem leisen Knall zog sie es zu. »Würde es Euch etwas ausmachen, Mylord, mir mitzuteilen, warum Ihr hier seid?«, fragte sie leise, als sie sich anschließend nach ihm umdrehte. Der feuchte Hauch des Regens hatte ihr Nachthemd gestreift, und sie fröstelte.
»Ich würde doch meinen, dass das offensichtlich ist, Mylady .« In seiner Stimme schwang etwas Neckendes mit. »Wie ich bereits sagte, haben wir die auf dem Tanzparkett begonnene Unterhaltung nicht beendet.«
Wäre er vollständig bekleidet gewesen, hätte sie wohl eine schlagfertige Antwort zustande gebracht. Aber so blieb ihr nur, den Blick auf die bronzene Haut seiner Brust zu richten. Diese klar definierten Muskeln darunter faszinierten sie. »Das hier ist etwas dramatisch, findet Ihr nicht?«
»Ich hatte eigentlich nicht vor, zu dieser späten Stunde an der Eingangstür um Einlass zu bitten, damit wir dieses Gespräch führen können.«
»Ihr könntet zum Beispiel zu einer vernünftigeren Tageszeit vorsprechen …«
»Aber was ist, wenn ich keine Lust habe, länger zu warten?« Er öffnete die Arme und machte einen Schritt auf sie zu. Er trat aus den Schatten.
Sie hatte das hier in Bewegung gesetzt, und sie hatte es in dem Augenblick gewusst, als sie ihm tief in die Augen geschaut und ihn geradezu herausgefordert hatte, sie zu verführen. Er lächelte jetzt, aber es war ein hungriges Lächeln, während sein Blick über sie hinwegglitt. Wenn sie ihn sich so anschaute mit dem glänzend feuchten, dunklen Haar und nur halb bekleidet, empfand sie die Bezeichnung als wilder Earl doch als recht passend. »Jonathan.« Sie wich vorsichtig einen Schritt zurück.
»Ja?«
»Das ist … undenkbar.« Sie hätte fast noch einen Schritt nach hinten gemacht, aber sie wusste nicht, wohin sie sich wenden sollte, und im Übrigen fürchtete sie weniger ihn als vielmehr das, was er mit ihr anrichtete.
Eine seiner dunklen Augenbrauen schoss nach oben. »Worüber denkt Ihr nach, meine wunderschöne, englische Lady? Wenn Ihr Euch fragt, wie es sich wohl anfühlt, wenn ich Euch küsse, dann gestehe ich, dass auch ich darüber zuletzt ausgiebig nachgedacht habe.«
»Ich wäre ruiniert.« Es war nur ein Flüstern, und wenn sie ehrlich war, sagte sie das nur, weil sie zugleich verzweifelt versuchte, wieder zu Verstand zu kommen.
»Nur, wenn man uns entdeckt.«
»Mein Vater ist zu Hause.«
»Ich kann leise sein.« Er machte noch einen Schritt auf sie zu. Jetzt wirkte er noch wilder als sonst. Ein wildes, halb nacktes Wesen in ihrem Schlafzimmer. Eine Urgewalt. Obwohl sie eigentlich zutiefst verängstigt sein müsste, war sie stattdessen von einer köstlichen Vorfreude erfüllt.
Seit er ihr während des Walzers den Antrag gemacht hatte, hatte sie über nichts anderes nachgedacht. Sie hatte sich vorgestellt, was es bedeutete, wenn sie den Antrag annahm. Da bei ging es ihr nicht darum, später die Countess of Augustine zu sein, und ebenso wenig um seinen unbestrittenen Reichtum. Nicht um seine Herkunft und auch nicht um seinen barbarischen Spitznamen. Nein, die
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