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Verlockung der Nacht

Verlockung der Nacht

Titel: Verlockung der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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trockene Vegetation, kam aber dafür nicht ganz so hart auf. Sarah rollte sich nicht ab und stieß einen spitzen Schrei aus, als sie zwischen den Maispflanzen aufschlug.
    »Hat Baby sich aua macht?«, erkundigte ich mich und kämpfte gegen den Drang an, ihr einen Tritt zu verpassen, als sie sich am Boden wand und ihren Knöchel umklammerte.
    »Du Biest hast mir den Knöchel gebrochen!«, brüllte sie.
    Der Radau, den die Feiernden veranstalteten, sorgte dafür, dass niemand sie hören würde. Ich zögerte also nicht, zu Sarah hinüberzulaufen, sie seelenruhig bei ihrem verletzten Fuß zu packen und ihn dann so ruckartig herumzureißen, dass ich spüren konnte, wie die Knochen krachten.
    » Jetzt habe ich dir den Knöchel gebrochen«, verkündete ich.
    Nun kreischte Sarah richtig, und obwohl ich keine Angst vor Entdeckung hatte, tat ihr Gejammer mir in den Ohren weh. Ich schlug ihr die Hand vor den Mund.
    »Hör auf zu heulen, sonst gebe ich dir einen echten Grund dafür.«
    Die alte Elterndrohung wirkte. Sie verkniff sich ihre lauten Schluchzer und versuchte, sich an meinem Arm hochzuziehen. Erst wollte ich sie wegstoßen, dachte mir dann aber, dass wir Kramer später erreichen würden, wenn sie die ganze Zeit auf einem Fuß herumstolpern und hüpfen würde, und so ließ ich zu, dass sie sich auf mich stützte. Sarah sagte nichts, aber ihre Gedanken waren ein Mix aus dem statischen Rauschen des Wahnsinns und Vorfreude darauf, dass ich bald den Flammen anheimfallen würde, erst auf Erden, dann in der Hölle.
    Reizend.
    »Entweder du hältst Schritt, oder ich lasse dich zurück«, informierte ich sie und lief los. Ich wusste nicht, ob ich die richtige Richtung eingeschlagen hatte, aber wenn Kramer in der Nähe war, hatte er unsere Bruchlandung vielleicht gesehen. Der Geist behielt sicher den Himmel im Auge, ganz im Gegensatz zu den Familien in dem Labyrinth und auf dem umliegenden Farmgelände. Außerhalb des Feldes, auf dem die Festlichkeiten stattfanden, hatte ich keine Lichter gesehen, wenn er also da war, hielt er sich bedeckt.
    Sarah humpelte neben mir her, grub mir die Finger in den Arm und stieß bei jedem hüpfenden Schritt kleine wimmernde Schreie aus. Ihr Gejammer, das papierne Knistern der verdorrenden Maispflanzen und der Festlärm aus größerer Entfernung sorgten dafür, dass ich nicht hören konnte, ob außer uns noch jemand hier draußen war.
    Gottverdammter Kramer . Ich hatte mich schon gefragt, warum er ausgerechnet diesen Treffpunkt ausgewählt hatte. Jetzt wusste ich es. Hier war es unmöglich, irgendwelche verräterischen Bewegungen zu erspähen, weil alles in Bewegung war. Die Maispflanzen überragten mich, und überall sah es gleich aus, sodass ich nicht einmal wusste, ob ich womöglich im Kreis lief. Alle Laute wurden von der natürlichen und künstlichen Geräuschkulisse übertönt, und die nahen Menschen hielten mich davon ab, die Gegend im Tiefflug nach Kramer, Francine oder Lisa abzusuchen. Meine Landung war vielleicht unbemerkt geblieben, aber eine Frau, die im langsamen Tiefflug wie eine Fledermaus durch die Gegend flatterte, würde irgendwann doch Aufmerksamkeit erregen.
    Der glühende Schmerz in meinem Rücken traf mich wie aus heiterem Himmel. Einmal, zweimal, dreimal, schnell hintereinander, sodass mein Brustkorb sich in einen See aus Höllenqualen verwandelte. Ich taumelte und stieß Sarah um, die aufschrie, als ich bei dem Versuch, mich aufrecht zu halten, auf ihren Knöchel trat. Als sie um sich schlug, verlor ich das Gleichgewicht, und nicht einmal meine vampirischen Reflexe konnten verhindern, dass ich zu Boden ging. Im letzten Augenblick konnte ich mich umdrehen, sodass ich zwar hinschlug, aber wenigstens nicht bäuchlings.
    Ich wollte aufspringen, konnte es aber nicht. Die ungewöhnliche Trägheit meiner Glieder und das anhaltende Brennen in meinem Brustkorb sagten mir, dass ich nicht von normalen Projektilen getroffen worden war. Es war Silber.
    Einen Sekundenbruchteil lang sah ich einen weißhaarigen Mann in einer schwarzen, mönchsartigen Kutte und eine äußerst lebendige Hand mit einer auf mich gerichteten Waffe über mir. Dann hörte ich einen weiteren Knall und spürte, wie in meinem Gehirn der Schmerz explodierte, bevor mir endgültig die Sinne schwanden.

36
    Mein Kopf pochte, als hätte mir jemand Knallfrösche ins Gehirn gesteckt und angezündet. Das war das Erste, was ich wahrnahm. Das Zweite war das Brennen in meinem Brustkorb, so intensiv, dass der pochende Schmerz

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