Verlockung der Nacht
gesagt, er soll sich …«
»Ian hat meiner Mutter einen Klaps auf den Hintern verpasst?«, fiel ich ihm ins Wort. Auf Tylers Nicken hin hörte ich mit dem Salbeianzünden auf, schnappte mir ein Silbermesser und spürte, wie meine Fänge unwillkürlich hervorschossen. »Warte hier, ich bin gleich zurück.«
Bones verstellte mir den Weg zur Tür. »Ich habe alles geklärt, Schatz. So etwas wird nicht noch einmal vorkommen, versprochen.«
Einen Augenblick stand ich einfach nur da und überlegte, ob ich mich an Bones vorbeidrängen sollte, damit ich Ian in Stücke schneiden und hinterher an den Silberringen aufhängen konnte, die seine Weichteile zierten, als Bones eine Augenbraue hochzog.
»Vertraust du mir nicht?«
» Dir schon, ihm nicht«, murrte ich.
Er packte mich bei den Schultern. »Also, wenn du mir vertraust, verlass dich darauf, dass alles geklärt ist. Falls Ian mich enttäuscht, werde ich ihn persönlich festhalten, damit du nach Lust und Laune auf ihn einstechen kannst.«
Die Vorstellung zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht. Das waren mal schöne Aussichten! Bones lachte in sich hinein.
»Also abgemacht. Jetzt packe ich erst einmal unsere Sachen aus. Mach du doch so lange mit dem Salbei weiter, damit dieser Geisterarsch einen anständigen Empfang bekommt, wenn er noch einmal bei uns auftaucht.«
Ich hätte gern geglaubt, dass es so weit nicht kommen würde, aber es gab zwei Möglichkeiten, dass Kramer doch noch einmal ungebeten bei uns hereinschneien konnte. Vielleicht war er letzte Nacht vor unserer Abreise zu Spades Anwesen zurückgekehrt und uns von Saint Louis bis hierher gefolgt. Um das zu verhindern, waren wir auch sehr hastig aufgebrochen und hatten Elisabeth und Fabian die ersten hundertfünzig Kilometer nach ihm Ausschau halten lassen, aber der Inquisitor war immerhin sehr listig.
Die zweite Möglichkeit war wahrscheinlicher, und das war ja das Schlimme.
»Dir ist doch wohl klar, dass wir mehr als Salbei brauchen werden, wenn Kramer gestern Nacht mitgehört hat, als wir besprochen haben, wie wir ihn einfangen wollen«, stellte ich fest.
»Ach, Scheiße. Daran habe ich gar nicht gedacht«, murmelte Tyler.
»Ich schon«, sagte Bones mit einem grimmigen Blick in meine Richtung. Er senkte die Stimme so weit, dass kein Lauscher etwas mitbekommen konnte. »Und das bedeutet, dass wir uns auf seine zukünftigen Opfer statt seinen Helfer konzentrieren müssen. Elisabeth meinte, wenn er erst einmal ein Opfer im Visier hat, würde er nicht mehr von ihm ablassen. Das ist unser Vorteil.«
Ich machte große Augen, bemühte mich aber trotz meiner Überraschung so leise wie Bones zu sprechen. »Wie denn, wenn wir diese Frauen nicht als Lockvögel benutzen wollen?«
»Ich hasse es, wenn ihr so miteinander tuschelt«, murrte Tyler. »Macht mich nervös.«
»Genau so machen wir’s«, antwortete Bones, während er Tyler mit erhobenem Zeigefinger bedeutete zu warten. »Wenn Kramer erwartet, dass wir uns darauf konzentrieren, seinen Komplizen aufzuspüren und zu hypnotisieren, wird er sich die größte Mühe geben, die Identität dieses Typen geheim zu halten, und wir finden nie heraus, wer er ist. Oder er nennt seinem Komplizen einen falschen Ort, an dem er angeblich sein Freudenfeuer abhalten will, um uns in die Irre zu führen, während er irgendwo anders seinem schaurigen Hobby nachgeht. So oder so geht er uns durch die Lappen.«
»Wenn wir aber die Frauen haben«, überlegte ich, »würde er kommen, um sie zu holen. Oder seinen Komplizen schicken.«
Bones nickte. »Und dann haben wir die Chance, entweder Kramer oder seinen Komplizen zu schnappen. Auf jeden Fall sind die Frauen bei uns besser aufgehoben als allein.«
Besser, aber nicht gut. Beinahe hätte ich geseufzt. An ihrer Situation konnte ich nichts ändern. Hatte Kramer sie einmal ins Visier genommen, würden sie erst sicher sein, wenn der Inquisitor irgendwo in seiner Falle verrottete. Dieses Halloween würden wir die Frauen vielleicht beschützen können, aber der Geist hatte deutlich unter Beweis gestellt, dass er selbst in körperloser Form tödlich sein konnte. Selbst wenn wir die Frauen am ersten November sicher und wohlbehalten bei sich zu Hause absetzten und ihnen einbläuten, stets Salbei anzuzünden, würden sie irgendwann mal aus dem Haus gehen müssen. Und dann bekam Kramer seine Chance, sie mit seinem Spuk in die ewigen Jagdgründe zu schicken.
Schafften wir es nicht, Kramer irgendwie dingfest zu machen – was verdammt
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