Verlockung der Nacht
Zeit, erstaunt darüber zu sein, wie viel stärker das nahende Halloweenfest Kramer machte, denn der beißende Geruch sagte mir, dass ich weg musste, und zwar sofort . Der Geist war sicher schon dabei, ein Feuerzeug aufzutreiben oder sonst wie Funken zu schlagen, um das Benzin im Tank des auf mir liegenden Wagens zu entzünden. Ich hatte schon einmal erlebt, wie ein Wagen explodierte, und war dabei fast draufgegangen. Unter einem zu liegen, wenn er hochging, würde mich wirklich umbringen, kein Zweifel.
Ich spannte jeden Muskel in meinem Körper an, ignorierte den stechenden Schmerz, den meine gebrochenen und nun wieder heilenden Knochen verursachten, und drückte mit aller Kraft nach oben. Der Schmerz war so überwältigend, dass mir kurz schwindlig wurde, aber das Gewicht, das auf mir lastete, verschwand, als ich es schaffte, das Auto hochzuhieven. Dann konnte ich unter dem Wagen hervorrutschen und ihn hinterher wieder herunterkrachen lassen.
Ich blinzelte ein paarmal, dann war meine Sicht wieder so klar, dass ich das mehr oder weniger entsetzte Grüppchen von Menschen erkennen konnte, das sich in der Nähe versammelt hatte. Soweit ich sehen konnte, hielt zumindest niemand ein Mobiltelefon hoch, um Aufnahmen zu machen, also musste ich wohl dankbar sein. Dann sah ich noch jemanden, der mich anstarrte. Kramer, der über der Stelle schwebte, an der der Wagen gestanden hatte, und mich aus seinen grünen Augen unentwegt ansah.
Ich hatte keine Ahnung, warum er nicht angesaust kam, um noch so einen Killer-Energiestoß auf mich abzufeuern, aber ich würde bestimmt nicht hier herumstehen und für ihn posieren, bis er sich dazu aufraffte. Ich wirbelte herum und rannte in die weniger belebte Richtung davon. Wieder knirschten meine Knochen, und meine Haut prickelte, als läge ich auf einem Ameisenhaufen, bevor alles wieder verheilt war, aber ich hörte nicht auf zu rennen, wartete auf die nächste Schmerzexplosion, die mir deutlich machen würde, dass Kramer aufgeholt hatte.
Ich hörte ein Zischen, dann presste sich mir etwas Hartes in den Magen. Instinktiv wollte ich mich wehren, hielt aber inne, als ich die Energie erkannte, die mich umgab und die Luft mit unsichtbaren Strömen zum Knistern brachte. Der Boden brach unter mir weg, als ich von einem starken Arm um meine Taille nach oben gerissen wurde, während ein zweiter eine mit hoher Frauenstimme kreischende Person festhielt.
Der Laut war Musik in meinen Ohren, weil er bedeutete, dass Bones Kramers letztes Opfer rechtzeitig gefunden hatte, um es zu retten.
31
Als wir so hoch und weit entfernt waren, dass Kramer uns ganz sicher nicht mehr folgen konnte, schrieb Bones eine SMS an Spade und wies ihn an, sich mit uns an einer Stelle am War Eagle Park zu treffen, wo die I -29 am dichtesten am Missouri River vorbeiführte. Es war jetzt über eine Stunde her, dass wir Kramer wutentbrannt am Boden zurückgelassen hatten, aber wir wollten trotzdem nicht riskieren, die Frau direkt zu Spade zu bringen, sodass Kramer doch noch die Chance gehabt hätte, sie aufzuspüren, indem er meiner Spur folgte.
Die Frau hieß Sarah und hatte sich noch nicht merklich beruhigt, seit Bones sie aus ihrem Haus befreit hatte, was ich ihr nicht verübeln konnte. Der Flug an sich wäre schon bedrohlich genug gewesen, doch wenn man mit ihr redete, wurde einem binnen fünf Minuten klar, dass Kramer ihr bereits so zugesetzt hatte, dass sie kurz davor stand überzuschnappen. Nachdem er an Francine und Lisa nicht mehr herankam, hatte er sich wohl wie befürchtet an ihr ausgetobt. Sarahs Gedanken waren eine Mischung aus weißem Rauschen, Entsetzen und dem ganzen Sermon, den Kramer mir bereits vorgebetet hatte, von wegen eine Hexe dürfe nicht am Leben bleiben, und er wäre nicht aufzuhalten. Bones und ich setzten unseren Leuchtblick ein, um ihr klarzumachen, dass sie uns vertrauen könnte, aber auch damit schienen wir sie nicht beruhigen zu können.
Es gab Menschen, die man aufgrund genetischer Veranlagung, traumatischer Erlebnisse oder purer Willensstärke beißen musste, um sie hypnotisieren zu können, aber ich brachte es nicht über mich, Sarah nach allem, was sie durchgemacht hatte, auch das noch anzutun. Immerhin versuchte sie nicht wegzulaufen, sodass vielleicht etwas von dem, was wir ihr erzählten, zu ihr durchdrang, obwohl die Ärmste bei jedem Laut zusammenfuhr und sich hektisch umsah, als erwartete sie, Kramer könnte jeden Moment auftauchen und sie weiterquälen. Ich konnte nur hoffen,
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