Verlockung
Lüge ist. Ich bin eine Hexe, du ein Hexer. Glaubst du, das war einfach zu verarbeiten?! Die neue Schule, ein komplett neues Leben. Gerade, als ich dachte, ich würde mich allmählich zurecht finden, muss ich feststellen, dass du jedem mehr vertraust als mir. Jeder wusste wer du bist, nur ich, deine eigene Tochter darf dich nicht kennen.“
„So ist es nicht“, seufzte er. „Und ich schäme mich nicht für dich. Es tut mir sehr leid, dass du das überhaupt in Erwägung gezogen hast.“
„Ach ja?! Und warum hast du mich sonst belogen? Ich bin dir doch im Grunde vollkommen gleichgültig. Wie es mir geht, das spielt für dich keine Rolle. Hat es nie. Oder wo warst du all die Jahre?!“ Ich war vollkommen außer mir, denn alles, was sich in mir angestaut hatte, ließ sich nun nicht länger unterdrücken.
„Ich hätte mich sehr gern um dich gekümmert. Es fiel mir schwer dich nicht aufwachsen sehen zu können, aber es war einfach zu gefährlich. Ich wollte deine Mutter und dich nicht in das alles hier mit reinziehen. Familien der Radrym sind in steter Gefahr durch die Dämonen, darum habe ich versucht meine Gefühle aus dem Spiel zu lassen und mehr auf eure Sicherheit zu geben, als darum, was ich eigentlich möchte. Es sollte für unsere Feinde möglichst schwer sein eine Verbindung zwischen euch und mir zu finden, darum auch der falsche Name. Wir Radrym müssen immer auf der Hut sein und versuchen so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen. Es tut mir jedenfalls sehr leid, dass ich in all den Jahren nicht für dich da sein konnte. Ich hielt es einfach für das Beste.“
In seinen Augen konnte ich tatsächlich sehen, dass die Erinnerungen ihn schmerzten. Es tat ihm aufrichtig leid, um all das, was er versäumt hatte.
„Es gab keinen Moment, in dem ich nicht an euch gedacht habe. Ständig war ich in Sorge, dass euch etwas angetan werden könnte. Darum habe ich auch beschlossen, dass es besser wäre, du erfährst, was du wirklich bist. Du solltest lernen dich verteidigen zu können, denn eines wurde mir mit der Zeit klar: Ich kann euch nicht immer beschützen. Ich hoffe es war die richtige Entscheidung dir hier einen Platz besorgt zu haben.“
Ich blickte auf den Boden. In meinem Kopf tobten Gefühle und Gedanken wild durcheinander. Ich konnte ihn verstehen und vor allem fühlte ich seinen Schmerz.
„Ich hoffe, du kannst mir all meine Fehler irgendwann vergeben. Ich würde gerne ein besseres Verhältnis zu dir aufbauen, darum auch das Gespräch. Vielleicht können wir uns einander wieder annähern. Ich würde dir gerne mehr von meinem Leben zeigen und auch deines kennenlernen wollen. Vielleicht möchtest du für ein paar Tage in den Sommerferien zu mir kommen?…. Aber ich denke schon wieder zu weit. Ich sollte dir erst einmal Zeit geben“, unterbrach er seine Wunschvorstellung.
Ich schüttelte zögernd den Kopf. „Nein, du hast Recht. Wir sollten versuchen einander kennenzulernen. Ich würde gerne ein paar Tage mit dir verbringen.“ Warum ich ihm diese Chance gab, konnte ich selbst nicht genau sagen. Vielleicht, weil ich sah wie ernst es ihm war und dass er tatsächlich litt, aber wahrscheinlicher war, dass ich mich noch immer, in meinem tiefsten Inneren, nach einem Vater sehnte. Mit meinem Entgegenkommen war keineswegs alles vergessen und vergeben, aber ich wollte uns beiden eine Chance geben. Möglicherweise konnten wir uns mit der Zeit annähern und vorsichtig ein Band knüpfen.
„Das freut mich.“
Langsam kam er ein paar Schritte auf mich zu, zögerte kurz und schloss mich dann doch in seine Arme.
Im meinem Zimmer angekommen, sah ich meine Freundinnen mit angespannter Miene um Thunders Bett herum sitzen. Als sie bemerkten, dass ich zurück war, unterbrachen sie ihre Diskussion und fragten nach dem Treffen mit Ventus.
„Sag schon, wie war´s?“, drängte Thunder.
„Ganz gut. Wir haben uns ausgesprochen und ich werde ihn in den Sommerferien besuchen.“
„Na, das sind doch echt tolle Neuigkeiten“, freute sich Céleste.
„Ja, ein verdammtes Problem weniger. Du kannst uns gleich mal mit dem nächsten helfen“, meinte Shadow.
„Warum, was ist los?“
„Thunder will nicht mitkommen“, erklärte sie kurzerhand.
„Ich finde das aber nicht in Ordnung“, mischte sich Céleste ein.
„Lass sie doch einfach hier, wenn sie verflucht noch mal nicht will. Du kennst sie doch. Sie wird sich nur daneben benehmen“, fuhr Shadow fort.
„Ihr redet gerade so, als wäre ich nicht
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