Verlockung
Ellbogen in die Seite, so dass auch er zu mir sah. Sky hastete sofort auf mich zu; Night folgte.
„Hallo“, begrüßte er mich „Na, wie geht’s?“
„Danke gut“, sagte ich, wobei mein Blick sich in Nights Augen verfing, der nun neben seinem Kumpel stand und mich ebenfalls begrüßte. Mir wurde schlagartig heiß: Er sah einfach zu gut aus mit seinen feuchten Haaren, den glühenden Augen und diesem unglaublichen Lächeln auf den Lippen. Ein Model für Dusch,- oder Haarwaschmittel hätte nicht besser aussehen können. Ein sagenhafter Duft wehte mir von ihm entgegen. Klar, er war frisch geduscht und dennoch schien es kein Geruch von dieser Welt zu sein, denn dafür war er einfach zu betörend, zu verwirrend, zu verheißungsvoll.
Sky, der von dem ganzen nichts zu bemerken schien, ergriff das Wort: „Es ist gut, dass ich dich gerade treffe. Ich wollte dich, Thunder, Shadow und Céleste einladen.“
Bei diesen Worten sah ich ihn überrascht an. Es fiel mir schwer den Blick von Night zu wenden, doch ich konnte ihn schlecht weiter anstarren, während ich mit Sky sprach.
„Einladen?“, fragte ich. „Was gibt es denn zu feiern?“
„Meinen Geburtstag“, erklärte er freudestrahlend.
„Sorry, ich wusste nicht….“ stammelte ich, doch er tat dies mit einer Handbewegung ab. Stattdessen erklärte er: „Wir feiern in einem Club in der Stadt, ist aber streng geheim, also zu niemandem ein Wort, ok?“
Mir war klar, was das bedeutete. Wir würden uns mit dem selbstgemachten Passierschein aus der Schule schleichen. Im Grunde war mir dieses Vergehen gleichgültig, zumal ich dafür einen Abend mit Night verbringen durfte.
„Sagst du den anderen bitte auch Bescheid. Wir treffen uns am Sonntag um zweiundzwanzig Uhr vor der Eingangstür und bitte sorg dafür, dass Thunder auch kommt.“ Er zwinkerte mir keck zu. „Das wäre das tollste Geschenk von allen.“
„Ich schau, was ich machen kann“, erklärte ich grinsend.
„Gut, ich verlass mich auf dich.“
Damit verabschiedete er sich und wollte mit Night gehen, doch dieser meinte: „Geh schon mal vor, ich komm gleich nach.“
Sein Kumpel grinste vielsagend, ging aber schweigend davon.
„Ich habe gehört, dass ihr Orion nun in Dämonologie habt. Wie ist ihr Unterricht?“
„Oh, sie ist toll. Ich bin wirklich froh, dass sie sich dafür zur Verfügung gestellt hat. Sie ist kein Vergleich zu Herrn Gnat.“
„Das freut mich.“
„Danke nochmal, dass du dich für unsere Aktion geopfert hast.“
„Du musst dich nicht bedanken. Ich bin gerne mit dir ausgegangen und fand den Abend wirklich schön.“
Mein Herz begann wie wild gegen meinen Brustkorb zu hämmern. Erneut spürte ich dieses elektrisierende Gefühl durch meinen Körper jagen. Seine Stimme war unvergleichlich: Ein lockender Ruf, dem ich nur allzu bereitwillig folgen wollte.
„Ich freue mich jedenfalls sehr auf Sonntag. Das wird sicher ein toller Abend.“
Ich schluckte bei seinen Worten. Ich freute mich auch. Sehr sogar. Allerdings trübte etwas das Ganze: Das bevorstehende Gespräch mit meinem Vater. Er bemerkte offenbar, wie sich mein Blick verfinsterte und sich eine dunkle Wolke vor meine Freude schob.
„Was ist los? Bedrückt dich was?“
Wenn ich ihn so ansah, konnte ich ihm unmöglich etwas vormachen. In solchen Momenten war ich ein offenes Buch.
„Mein Vater möchte mit mir am Samstag sprechen und offenbar alle Schwierigkeiten zwischen uns beseitigen.“
„Verstehe. Du bist dir aber nicht sicher, ob das überhaupt möglich ist.“
Ich nickte und war froh, dass er mich offenbar verstand.
„Ich habe dir ja bereits erzählt, dass wir nie ein sonderlich gutes Verhältnis hatten. Dass er mir nun auch noch seine wahre Identität verschwiegen hat, war irgendwie das letzte Bisschen, dass alles zum Einstürzen gebracht hat. Alle, mit denen ich darüber rede, sagen ich solle ihm verzeihen. Ich würde es ja auch gerne, aber… ich weiß auch nicht…“
„Du musst auf keinen anderen hören, nur auf dich. Wenn dir dein Gefühl sagt, du kannst ihm keine weitere Chance geben, dann ist es die richtige Entscheidung. Hör dir einfach an, was er zu sagen hat und reagier dann ganz spontan darauf. Fühle dich nicht schuldig oder verpflichtet ihm gegenüber und entscheide so, wie es dein Innerstes dir sagt.“
Es war seltsam, aber kaum hatte ich seine Worte vernommen, fiel tatsächlich ein Teil der Last von mir. Vielleicht lag es daran, dass er der einzige war, der meine Lage nachvollziehen
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