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Verlockung

Verlockung

Titel: Verlockung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Maibach
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schwer, Schweiß stand ihm auf der Stirn.
    „Du blutest viel zu stark. Du kannst unmöglich laufen.“
    „Es wird schon gehen, es ist nicht mehr weit bis zum Zaun.“
    Ich schüttelte vehement den Kopf, denn uns war beiden klar, dass er mit diesen klaffenden Wunden nicht weit kommen würde. Mein Blick hing unweigerlich an seinem wundervollen Gesicht.
    „Wir müssen die Blutung irgendwie stoppen.“ Ohne weiter nachzufragen, riss ich ihm die restlichen Fetzen vom Leib, die mal sein Pullover gewesen waren. Ich faltete sie sorgsam zusammen und presste sie auf die beiden Wunden. Er sog hörbar die Luft ein; ich drückte jedoch fester zu. Ich musste dafür sorgen, dass er nicht weiter so viel Blut verlor. Das war die einzige Möglichkeit, die wir hatten.
    „Geht es?“, fragte ich nach.
    Er nickte langsam. „Ja, schon ok.“
    Der Stoff sog sich weiterhin voll, dennoch hatte ich das Gefühl, dass es weniger war als noch kurz zuvor. Schnell zog ich meine Jacke aus und begann sie so um ihn herumzubinden, dass der Verband hielt. Ich zog den Knoten noch einmal fester, dann war ich mir sicher, dass es halten würde.
    „Meinst du, du kannst aufstehen?“
    „Ich werds versuchen“, keuchte er. Ich hielt ihm am Arm fest und half ihm, so gut es ging, auf die Beine zu kommen. Schließlich gelang es uns, dass er stand. Er schwankte dabei zwar leicht, aber immerhin konnte er sich aufrecht halten. Trotzdem war unübersehbar, dass er große Schmerzen hatte. 
    „Ok, dann mal los“, sagte er und tat weiter auf mich gestützt, die ersten Schritte. Wir kamen nur langsam voran, aber immerhin. Ich hatte große Angst, dass er jeden Moment zusammenbrechen würde. Außerdem behielt ich stets den Verband im Auge. Saß er noch fest genug? Verlor er weiterhin so viel Blut? Ich machte mir enorme Sorgen um ihn. Er musste es spüren, denn er schenkte mir, unter all seinen Schmerzen, ein wundervolles Lächeln und sagte: „Mach dir keine Gedanken. Ich schaff das schon. Es ist nicht mehr weit und es sieht schlimmer aus als es ist.“
    Ich lächelte ebenso warm zurück und versuchte meine Anspannung nicht zu zeigen. Er war immer so unglaublich lieb zu mir. Stets dachte er zuerst an mich, selbst wenn er viel schlimmer dran war. Ich würde dafür sorgen, dass wir heil aus dem ganzen heraus kamen und er Hilfe bekam. In diesem Moment sah ich in einiger Entfernung den Zaun.
    „Wir sind fast da!“, sagte ich erleichtert. „Wir schaffen das. Es ist nicht mehr weit.“
    Night nickte. Er war am Rande der Erschöpfung und sein Körper zitterte bereits vor Anstrengung. Das war allerdings auch kein Wunder. Nach alldem was er durchgemacht hatte…
    „Endlich“, seufzte er, als wir den Zaun erreicht hatten. Es war kräftezehrend, dann schafften wir es aber doch hinüber. Kurz überlegte ich, ob ich nun alleine weiter gehen und Hilfe holen sollte. Allerdings würde dies ebenfalls einige in Zeit Anspruch nehmen und er brauchte so schnell wie möglich einen Arzt. Zudem war da noch die Frage, wie ich ihn wieder finden sollte? Nein, wir mussten gemeinsam weiter. Dieser Meinung war wohl auch Night, denn er tat weiter einen Schritt nach dem anderen.
    „Die Herberge muss in dieser Richtung liegen“, erklärte er und deutete zitternd vor sich.
    „Geht es noch?“
Er lächelte gequält. „Den Rest schaffen wir jetzt auch.“
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Immer wieder hatte ich Zweifel, ob wir noch rechtzeitig ankommen würden, doch dann sahen wir das Gebäude vor uns.
    „Wir haben es geschafft!“ Voller Erleichterung blickte ich ihn an. Seine strahlend blauen Augen wirkten trüb und er war nass vor Schweiß. Seine Schritte waren immer schwerer geworden; zu guter Letzt war er mehr gestolpert…
    „Gleich wird sich ein Arzt um dich kümmern, du wirst sehen, es wird alles gut werden“, wisperte ich, wobei ich versuchte meine Angst hinunterzuschlucken. Ich fürchtete mich so sehr davor, dass meine Worte nicht wahr waren… dass er den Verletzungen doch noch erliegen würde.
    Er war so blass, sprach inzwischen kein Wort mehr und konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Er schleppte sich weiter, doch plötzlich sackte sein Fuß weg und er brach bewusstlos zusammen. Ich versuchte ihn zu halten, konnte den Sturz jedoch nur abmildern. Beinahe wahnsinnig vor Angst, begann ich nach Hilfe zu rufen. Es dauerte nicht lange, da kam Herr Brown.
    „Bitte helfen Sie uns“, wisperte ich voller Panik.
    Der Lehrer betrachtete uns mit einem grimmigen Blick. In seinen

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