Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
vielleicht notwendig, ihr den Blinddarm zu entfernen. So könnte ich sie auch am besten kennenlernen.
Ich stellte Sybille rasch meinem Chefarzt vor, und der meinte, es sei nicht eindeutig der Blinddarm, vielleicht seien es auch die Eierstöcke. Man könne es aber vertreten, den Blinddarm zu entfernen. Ich habe schließlich zusammen mit Dr. Stock im Kreiskrankenhaus Lindau bei Sybille den Blinddarm entfernt, mit einem minimalen Schnitt; es war meine erste ästhetische Operation. Letztendlich hat uns diese Blinddarmoperation zusammengeführt. So hat mir mein Beruf meine große Liebe beschert. Wir sind nicht mehr voneinander weggekommen, obwohl ich durchaus kein bequemer Mensch bin. Sybille hat am Mädchengymnasium in Lindau ihr Abitur gemacht und anschließend in München Sprachen studiert.
Eigentlich wollte ich nach meiner chirurgischen Grundausbildung in Lindau zurück ans Klinikum rechts der Isar in München, wo ich promoviert wurde, um dort mit Plastischer Chirurgie weiterzumachen. Aber dann kam 1975 die Einberufung zur Bundeswehr, was ich leider nicht verhindern konnte. Also machte ich das Beste daraus, absolvierte in kürzestmöglicher Zeit das Militär, und zwar als Stabsarzt in den Kasernen von Krefeld, Hamburg und Bad Segeberg. Ich wollte so schnell wie möglich ans Klinikum rechts der Isar. Dieser Traum sollte sich aber erst viel später erfüllen, nämlich im
Jahr 1980. Bei einer Tagung habe ich Professor Dr. Naumann, Ordinarius für HNO und Kopf-/Hals-Chirurgie, kennengelernt; er bot mir eine Stelle am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München an. Gerade in der HNO-Heilkunde wird viel plastische Chirurgie im Gesichtsbereich praktiziert, etwa Nasenrekonstruktionen, Ohranlegungen, Gesichtsrekonstruktionen und Faceliftings. So habe ich mich entschlossen, zunächst eine HNO-chirurgische Ausbildung zu machen, um im Bereich Kopf-/Hals-Chirurgie fit zu werden. Das war die Entscheidung meines Lebens. Denn ich sehe immer wieder, dass die allgemein plastischen Chirurgen im Gesichtsbereich wenig Ahnung haben. Die HNO- und Kieferchirurgie gehört zusammen mit der Neurochirurgie zu den schwierigsten chirurgischen Arbeitsfeldern, da die gesamten endoskopischen Nebenhöhlenoperationen wesentlich komplizierter sind als beispielsweise Brustimplantate oder Bauchdeckenplastiken oder Liposuktionen. Dieser Ausbildung habe ich zu verdanken, dass ich weltweit anerkannt auf dem Gebiet der Nasenchirurgie geworden bin. Meine Zeit in Großhadern von 1976 bis 1980 war geprägt von Hightech-Chirurgie in einem monströsen Bau, der an eine gewaltige Raumstation erinnert und bei dem die Menschlichkeit oft auf der Strecke blieb. Die Großkliniken Aachen und München-Großhadern wurden in dieser Zeit wie Industriekomplexe erstellt; heute kehrt man zurück zu kleinen Kliniken, die überschaubarer sind und ein persönlicheres Klima haben. Ich finde es nicht gut, wenn man zum Mittagessen in die Mensa in das dritte Untergeschoss mit dem Fahrrad fahren muss, oder wenn man einen OP ohne Fenster hat und die ganze Zeit kein Tageslicht sieht.
Ein Iraner unterstützte mich und förderte meine chirurgische Arbeit
Was hat mich in Großhadern geprägt? Ich habe auf all meinen Berufsstationen stets jemanden gefunden, der mich nach oben brachte. In Großhadern war es Professor Dr. Klaus Hammer vom Institut für Chirurgische Forschung, ohne den ich mich wahrscheinlich nicht
habilitiert hätte. Ich hatte in ihm einen Kollegen, Freund und Gönner, der es mir ermöglichte, experimentell auf dem Gebiet der Immunologie zu arbeiten. Forscher sind eigenartige Menschen und haben andere Ansprüche an das Leben als ein »Kliniker«. Die Charaktere sind auch unterschiedlich. Es war eine spannende Zeit, vier Jahre intensive Forschung. Das prägt. Als chirurgischen Lehrherrn im Bereich des Gesichtes hatte ich Professor Dr. Ali Bebehani aus dem Iran, ein brillanter Operateur. Auch er hat mich gefördert und bei der Ausbildung für plastische Operationen im Gesichtsbereich unterstützt. Mal abgesehen von diesen beiden großartigen Hochschullehrern, haben mir die vier Jahre in Großhadern nicht besonders gefallen. Zu schlechte Luft, zu wenig Menschlichkeit und eine erschreckende Anonymität der Patienten. Wie Ameisen huschten die Angestellten durch die Klinik. Ich habe mich immer wieder nach dem Klinikum rechts der Isar gesehnt, meiner Urzelle in der Ausbildung.
Wie es das Schicksal wollte, habe ich 1980 auf einem Kongress in Seattle (USA) Professor
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