Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
Ingrid Steeger. Sie wollten sich von mir beraten und behandeln lassen.
Privat bin ich nach meiner Studentenzeit von der Apianstraße 5 in die Leonrodstraße in München gezogen. Und mit 32 Jahren kaufte ich mir die erste Eigentumswohnung in der Karl-Theodor-Straße, ein wunderbares 2-Zimmer-Appartement mit Blick auf den Luitpoldpark. Das war auch der Start für meine Immobilienaktivitäten. Seit 1975 war mein Privatleben von Sybille geprägt, doch ich brauchte zehn Jahre, um mich für eine Hochzeit zu entscheiden. An sich galt mein Leben ausschließlich meinen Aufgaben als Oberarzt. Ich reiste zu Kongressen in der ganzen Welt, zusammen mit Professor Schwab. Ich habe alle Informationen über Ästhetische Operationen in USA, Brasilien, Australien oder Kanada aufgesaugt, um sie in meine Arbeit im Klinikum rechts der Isar einzubringen. Ich musste damals die Operationstechniken überall zusammentragen.
Am 3. Mai 1985 ging ich mit meinem Vater auf die Jagd. Er war begeisterter Jäger, für mich die wichtigste Person in meinem Leben, mein großes Vorbild. Nach der Jagd fuhr ich zurück nach München, weil ich am 4. Mai im Klinikum rechts der Isar einen großen Vortrag über Jungbrunnen aus der Spritze zu halten hatte (ich
habe damals in Deutschland die Faltenunterspritzung eingeführt). Am Morgen des 4. Mai erreichte mich der Anruf, dass mein Vater nachts verstorben sei. Für mich der absolute Horror, ein schrecklicher Albtraum, meinen Vater mit Anfang siebzig zu verlieren. Ein Vater stirbt immer zu früh, egal, wie alt er ist. Erst mit seinem Tod wurde mir bewusst, wie wertvoll die Eltern für mich waren. Noch heute kommen mir die Tränen, wenn ich daran denke und ich sehne mich danach, einen Tag mit meinem Vater verbringen zu können, mit ihm Gespräche zu führen. Ich glaube, er hat mir das gesamte Rüstzeug mitgegeben, was man braucht, um auch Tiefschläge zu verdauen. Meine Mutter ist jetzt neunzig Jahre alt, sie war immer die Hausfrau und Mutter, die Zuneigung gab. Jetzt wohnt sie mit einer Pflegerin in unserem Elternhaus. Und ich weiß, dass es schade ist, wenn man nicht genug Zeit mit den Eltern verbringen kann. Diese Erkenntnis kommt leider oft erst, wenn sie gestorben sind.
Die zweitwichtigste Bezugsperson in meinem Leben ist meine Frau Sybille, mit der ich auch schon vor dem Tod meines Vaters alles besprach. Sie hat mich immer so akzeptiert, wie ich bin. Sie sieht meine Stärken und meine Schwächen; diese Symbiose war und ist der Glücksfall in meinem Leben. Ohne meine Frau hätte ich dies alles nicht geschafft. Sie ist ein unheimlich starker, verständnisvoller und intelligenter Mensch, der mich auf dem richtigen Weg gehalten hat. Ich bin sicher kein unkomplizierter Mensch, sondern ein Exzentriker, der immer alles aus sich herausholen will, privat und beruflich. Ich feiere gern Feste mit Freunden und habe wenig Zeit für die Familie, bin also nicht der ideale Ehemann.
Nach dem Tod meines Vaters im Mai 1985 reiste ich nach New York zu einem Kongress. Meine Frau arbeitete nach ihrem Studium zwischenzeitlich beim Medienkonzern von Leo Kirch im Weltvertrieb für Filme. Sie war damals auch in New York tätig. Ich hatte noch einen Termin in Miami und sagte, dass ich nach New York fliegen würde, da am Abend Freunde von Sybille ein Fest gaben. Am Morgen flog ich also nach Florida, wo ich Professor Pitanguy treffen wollte. Ich hatte nur Schönheitschirurgie im Kopf und legte keinen Wert auf Geld und Äußerlichkeiten.
Das Drama um meine Hochzeit. Meine Frau ist der Glücksfall meines Lebens
In New York auf dem Fest traf ich viele reiche Leute. Es war etwas komisch, dass Sybille nicht ganz so herzlich zu mir war wie in München. Ich ging früh ins Bett. Am nächsten Tag beim Frühstück wurde mir mitgeteilt, dass sich der reiche Hausherr und Filmmogul scheiden lassen wollte, um Sybille zu heiraten. Das gab mir einen Stich ins Herz; zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, ich würde alles verlieren. Obwohl ich eingefleischter Junggeselle war, habe ich mich entschieden und Sybille gesagt: Wenn sie mit mir nach Miami fliegt, dann heiraten wir. Sie hatte eine Stunde Zeit, sich für den Mann mit Reichtum und Macht zu entscheiden – oder den aufstrebenden ästhetischen Chirurgen mit einem Brutto-gehalt von 6000 D-Mark im Monat zu heiraten. Es war eine dramatische Situation: Die Frau, die ich liebte, wollte mir ein anderer wegnehmen. Doch am nächsten Tag flog Sybille mit mir nach Florida; sie hatte sich
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