Verlogene Schoenheit - Vom falschen Glanz und eitlen Wahn
Schönheitsoperationen hinter sich, zuletzt ließ sie sich hauchfeine Nylondrähte in die Augenlider machen, damit »mein Aussehen etwas Asiatisches hat«. Mit dieser Menge an Schönheits-OPs nimmt sie Platz zwei in der Weltrangliste ein, hinter der Amerikanerin Cindy Jackson.
Kolumbien
»Sin tetas no hay paraiso«, heißt der Titel eines Films des kolumbianischen TV-Senders Caracol. Das heißt sinngemäß: Ohne Brüste gibt’s kein Paradies. Erzählt wird die Geschichte eines armen Mädchens, das das Herz eines skrupellosen reichen Mannes, der seine Millionen mit Rauschgifthandel verdient, gewinnen will. Sie greift zu einem Mittel, das sie garantiert weiterbringt: Sie lässt sich die Brüste vergrößern. Das tut mittlerweile fast jede Frau in den Städten Bogotá, Cali und vor allem in der Millionenmetropole Medellín. Ob im Fernsehen, auf Werbeplakaten oder in der Wirklichkeit – kleine, niedliche oder ganz normal proportionierte Busen sind in Kolumbien kaum noch zu sehen. Das ist keine Sache von Evolution oder Ernährung, vielmehr können wir hier von einem neuen Silikonkartell sprechen.
Allein in Medellín legen sich jährlich über 100 000 Frauen unters Messer, um ihre Oberweite zu vergrößern. Es gibt kaum eine Schauspielerin, Sängerin und TV-Moderatorin, die nicht mit vergrößerten Brüsten durchs Leben stolziert. Und andere Berufsgruppen stehen hier nicht zurück: Ob Anwältin, Lehrerin, Kosmetikerin, Studentin, Krankenschwester oder Hausfrau – die Kolumbianerinnen gehen zum Schönheitschirurgen wie zum Friseur oder Zahnarzt. Im weiblichen Konkurrenzkampf ist die gut präparierte Brust offenbar die wirkungsvollste Waffe. Die »Financial Times Deutschland« zitiert eine 23-jährige Verwaltungsangestellte aus Medellín, die ihren Jahresurlaub für die lang ersehnte OP opferte: »Fast alle meine Freundinnen haben sich operieren lassen. Jetzt gehöre ich
auch dazu.« Ihre gesamten Ersparnisse gingen dabei drauf, und obwohl sie noch große Schmerzen hatte, sagte sie: »Das ist es mir wert. Ich wollte das schon immer machen lassen, weil ich mich einfach so besser fühle.«
Gesteuert wird dieser wahnwitzige Schönheitsboom in erster Linie von den Medien des lateinamerikanischen Landes. Im Fernsehen gibt es kaum noch unoperierte Frauen zu sehen, in den Magazinen und Zeitungen ebenfalls nicht. Ein TV-Manager sagte in der Zeitung »El Tiempo«: »Wer nichts in der Bluse hat, kommt auch nicht auf den Bildschirm.« So entstand ein regelrechter Atombusen-Kult, bei dem die Frauen Kolumbiens fast jeden verfügbaren Peso in ihren Körper investieren. Davon profitieren zahllose Clinicas Esteticas, hunderte allein in Medellín, wo rund um die Uhr operiert wird. Das TV ist voller Werbespots dieser Schönheitskliniken, die Tageszeitungen sind mit Anzeigen für vergrößerte Brüste regelrecht vollgepumpt, und die Schönheitschirurgen tauchen in den Klatsch- und Societyspalten als die neuen Stars des Jetset zwischen Kokainkönigen und ihren chirurgisch aufgebrezelten Begleiterinnen auf. Mittlerweile hat der kolumbianische Silikonwahn auch einen Touristenboom ausgelöst. Frauen aus Nordamerika und Mexiko pilgern für eine fülligere Körbchengröße scharenweise nach Medellín, Bogotá und Cali. Sie werden vor allem von den Preisen angelockt. Die runderneuerte Silikonoberweite gibt’s bereits ab 2000 Dollar.
Eigentlicher Auslöser dieser kollektiven Tittomanie ist der berüchtigtste Wirtschaftszweig Kolumbiens, der Kokainhandel. Der 1993 erschossene Drogenbaron Pablo Escobar umgab sich gern mit den vollbusigen Schönheiten des Landes. Wenn die Damen in der Oberweite nicht ganz seinem Ansprüchen genügen konnten, ließ Escobar nachhelfen: Er spendierte großzügig OPs beim Schönheitschirurgen. Seine Nachfolger, die Kokain-Bonzen von heute, haben diese Manie übernommen und perfektioniert. Sie schicken ihre Gespielinnen gleich zum Doktor, ein Gebaren, das ich auch von einigen männlichen Bekanntheiten in Deutschland kenne. Da gibt es einige Musikstars und bekannte Sportler, die ihren Frauen beziehungsweise Freundinnen zu Weihnachten oder zum Geburtstag neue Brüste schenken.
Argentinien
Der selbst verliebte Körperkult dieses südamerikanischen Landes hat für mich Formen der Massenhysterie angenommen. Die wird befeuert von zahlreichen Idolen mit Vorbildfunktionen. Models, TV-Stars, Schauspielerinnen sind nicht unter dem allgemein gültigen Körbchenmaß 75 C zu sehen. Die Präsidentin des Landes, Cristina
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