Verloren: House of Night 10 (German Edition)
Rephaim. Aber …« Ich konnte nicht weiterreden. Ich fand keine Worte mehr.
Stark hatte kein Problem damit, meine Erzählung zu beenden. »Aber Aurox hat Dragon mit dem Horn aufgespießt und getötet, was zugleich den Zauber gebrochen hat, der den Kreis von der Welt abgeschottet hielt und uns andere erstarren ließ. So konnten wir zu Rephaim gelangen und ihn beschützen.«
»Aber eigentlich war’s zu spät«, fügte Stevie Rae hinzu. »Rephaim wär auch gestorben, wenn nich Kalona gerade noch rechtzeitig gekommen wär, um ihn zu retten.«
Lenobias Gesicht war weiß und erstarrt. »Dragon Lankford ist tot?«
»Ja«, sagte Thanatos. »Er starb als Krieger, seiner selbst und seinem Eid treu. Und in der Anderwelt hat er seine Gemahlin wiedergefunden. Dessen durften wir alle Zeuge sein.«
Lenobia schloss die Augen und senkte den Kopf. Ich sah, wie sich ihre Lippen bewegten, als murmele sie ein lautloses Gebet. Als sie den Kopf wieder hob, war ihre Miene streng und zornig, und ihre grauen Augen sahen aus wie Sturmwolken. »Das Feuer in den Stallungen war also eine Ablenkung, damit Neferet entkommen konnte.«
»Es sieht fast danach aus«, sagte Thanatos. Dann hielt die Hohepriesterin inne, als lausche sie auf etwas irgendwo zwischen den Geräuschen des Regens, der Feuerwehrleute und Pferde. Ihre Augen verengten sich. »Der Tod ist hier vorübergekommen – vor sehr kurzer Zeit.«
Lenobia schüttelte den Kopf. »Nein, die Feuerwehr ist schon dabei, die Ställe wieder zugänglich zu machen. Ich glaube nicht, dass dort jemand umgekommen ist.«
»Es ist nicht der Geist eines Vampyrs oder Jungvampyrs, den ich spüre.«
»Aber die Pferde sind alle draußen!«, ertönte plötzlich Nicoles Stimme. Ihr Ton überraschte mich. Ich meine, bisher hatte sie in meiner Gegenwart nur böse Kommentare von sich gegeben oder hämisch gelacht. Diese Nicole klang wie ein normales Mädchen, dem der Gedanke an brennende Pferde und andere schlimme Sachen Angst machte.
Aber Stevie Rae kannte wie ich auch die andere Nicole. »Was zum Geier machst du hier, Nicole?«
»Sie hat Lenobia und Travis geholfen, die Pferde rauszubringen«, sagte Shaylin.
»Ja, klar – nachdem sie das Feuer gelegt hat!«, gab Stevie Rae zurück.
»Hey, halt dich zurück, du kleines Aas!« Jetzt klang Nicoles Stimme wieder vertrauter.
Ich trat neben Stevie Rae. »Sei vorsichtig, Nicole.«
»Genug!« Thanatos hob die Hände. Durch den Regen hindurch spürte man, wie Macht darin anschwoll und knisterte wie Elektrizität. »Nicole, als rote Jungvampyrin ist es für dich höchste Zeit, der einzigen Hohepriesterin eurer Art Gefolgschaft zu leisten. Du wirst sie nicht beleidigen. Hast du verstanden?«
Nicole verschränkte die Arme und nickte. Einmal. Sie wirkte überhaupt nicht so, als tue es ihr leid, und nach allem, was in dieser Nacht schon passiert war, konnte ich ihr Gehabe überhaupt nicht mehr ertragen. Ich sah sie an und sagte ihr klipp und klar, was ich dachte. »Pass auf, von jetzt an wird hier niemand mehr euer mieses Verhalten tolerieren. Von jetzt an wird alles anders.«
»Zum einen wirst du erst an mir vorbeimüssen, wenn du Zoey was tun willst«, sagte Stark.
»Und du wirst nie wieder mit mir als Köder versuchen, Stevie Rae zu töten. Nie wieder«, erklärte Rephaim.
»Zoey, Stevie Rae«, sagte Thanatos scharf. »Um euch den Respekt zu verdienen, der Hohepriesterinnen zukommt, müsst ihr entsprechend handeln. Und eure Krieger auch.«
»Sie hat aber mal versucht, uns zu töten. Uns beide!«, protestierte Stevie Rae.
»Grade eben etwa auch?«, schoss Nicole zurück.
»Wie können wir das uralte und mächtige Böse bekämpfen, das seit kurzem wieder auf die Welt losgelassen wurde«, sagte Thanatos leise, »wenn wir uns streiten wie kleine Kinder?« Sie klang nicht mächtig oder weise oder stark. Sie klang müde und mutlos, und das war viel beängstigender als das Machtknistern, das sie vorhin heraufbeschworen hatte.
»Thanatos hat recht«, sagte ich.
Stevie Rae zeigte auf Nicole. »Blödsinn, Z. Du weißt doch, wie sie wirklich drauf ist. Genau, wie du wusstest, wie Neferet drauf war, sogar als dir keiner glaubte.«
»Ich meine, dass Thanatos recht hat, was das Streiten angeht. Wir haben nicht die geringste Chance, Neferet zu besiegen, wenn unser Team nicht eng zusammenhält.« Ich sah Nicole an. »Und das heißt, entweder du schließt dich unserem Team an, oder du fährst zur Hölle.«
»Wenn sie flucht, meint sie es ernst«, bemerkte
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