Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
selten.«
»Und in diesen Fällen kann die Frau anfangs an Gewicht verlieren?«
»Das ist möglich, ja«, bestätigte Mrs. Waters.
»Welche anderen Symptome könnte sie haben?«, forschte Kemble weiter. »Ihr ... ihr monatlicher Zyklus würde aufhören, nicht wahr?«
Das Gesicht der Zofe färbte sich rosa, aber sie nickte. »Ja, das ist eigentlich das allererste Anzeichen.«
»Aber könnte das nicht auch durch etwas anderes bewirkt werden?«
»Nun, natürlich auch durch das Alter«, erklärte Mrs. Waters. »Oder durch eine Krankheit. Durch einen großen Schrecken oder einen Schock – besonders durch einen, der anhält.«
»Was ist mit Schwermut?«
Mrs. Waters zog die Augenbrauen zusammen. »Nun, ich würde meinen, auch das könnte möglich sein. Besonders dann, wenn sie auffallend abfällt – wenn sie viel Gewicht verliert.«
»Ein weiterer guter Hinweis«, sagte Kemble. »Einige Frauen sind ja besessen von ihrem Gewicht, nicht wahr? Ich meine damit nicht nur, dass sie danach streben, eine gute Figur zu haben – sondern etwas Obsessiveres als das.«
»Ich habe von Frauen gehört, die sich zu Tode gehungert haben«, stimmte Mrs. Waters ihm zu. »Aber ich weiß nicht, warum sie es taten, und ich habe auch nie eine von ihnen persönlich gekannt.«
Kemble trommelte mit den Fingerspitzen auf den Tisch und dachte nach. »Auf jeden Fall könnte ein auffälliger Gewichtsverlust das Ausbleiben vom weiblichen Zyklus verursachen?«, fragte er schließlich.
»Das könnte in der Tat so sein. So sorgt die Natur dafür, dass kein Kind empfangen wird, wenn die Frau zu dünn oder zu krank ist, um es auszutragen. Ich sage immer, dass die Natur schon weiß, was das Beste ist.«
Kemble schraubte den Verschluss seiner Flasche ab und nahm einen kleinen Schluck. »Was war also zuerst da?«, murmelte er. »Das Huhn? Oder das Ei?«
»Verzeihung?«
Kemble neigte die Flasche ein weiteres Mal über Mrs. Waters Teetasse. »Wenn eine Frau Schwindelanfälle bekommt und ihr Zyklus ausbleibt, wie würde sie dann wissen können, ob eine Schwangerschaft die Ursache ist?«
Die Zofe schien jetzt alle Verlegenheit abgelegt zu haben. »Wenn sie verheiratet und gesund ist, würde eine Schwangerschaft eine fast sichere Vermutung sein«, erklärte Mrs. Waters. »Andererseits – nun, es dauert eine Weile, bis die Schwangerschaft festgestellt werden kann. Drei Monate ungefähr – und dann auch nur, wenn der Arzt das Baby im Mutterleib fühlen kann.«
Kemble steckte die Flasche zurück in seine Tasche. »Danke«, sagte er. »Vielen Dank. Ihr wart mir eine unschätzbare Hilfe.«
Mrs. Waters machte große Augen und hustete wieder in ihr Taschentuch. »Wirklich?«, sagte sie schließlich. »Nun, das war nicht sonderlich schwer.«
Kemble war schon auf dem Weg zur Tür, als ihm noch etwas einfiel. Er wandte sich um. »Mrs. Waters, darf ich noch etwas fragen – wisst Ihr, wer auf Selsdon die Zofe der früheren Duchess war?«
Sie dachte nach. »Nun, Musbury hat es mal erwähnt«, sagte sie, schüttelte aber den Kopf. »Tut mir leid. Ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht erinnern.«
»Meint Ihr, dass sie die Lady gut kannte?«
»Ja, ich denke schon«, erwiderte Mrs. Waters. »Sie stammte aus derselben Gegend wie die letzte Duchess.«
»Ausgezeichnet!« Kemble rieb sich die Hände. »Danke, Mrs. Waters. Ihr wart, wie immer, absolut brillant.«
Kurz vor Mittag begegnete Gareth Antonia im Salon. Er hatte sie nicht mehr gesehen, seit er im Morgengrauen ihr Bett verlassen hatte. Sie saß an dem mit Gold verzierten Sekretär und schrieb einen Brief. Das Sonnenlicht fiel auf ihren gebeugten Kopf und ließ ihr Haar leuchten. Ihr Kinn war leicht angespannt, während sie sich konzentrierte. Sie hatte nicht gehört, dass Gareth das Zimmer betreten hatte.
Einen Moment lang zögerte er. Sie war wunderschön, ja, aber es war nicht länger ihre Schönheit, die ihn anzog. Er dachte daran, wie es sich angefühlt hatte, als er sie in der vergangenen Nacht in den Armen gehalten hatte. Dachte an die fast ätherische Intimität, die sie miteinander geteilt hatten.
Er war ihr gegenüber machtlos, erkannte er, während ihre kleine Hand über das Papier glitt. Er hatte sich in sie verliebt, Hals über Kopf. Es machte keinen Sinn, es zu leugnen. Trotzdem musste entschieden werden, was als Nächstes getan werden sollte. Und würde er das Richtige tun oder sich egoistisch verhalten?
Und was war überhaupt das Richtige? Er war sich nicht mehr sicher. Antonias
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