Verloren in deiner Sehnsucht: Roman (German Edition)
ansehen, wenn sie über mich stolpern würden.«
Antonia sah ihn traurig an – und wissend. »Du bist innerlich so verletzt, Gabriel«, sagte sie, »dass es mir das Herz bricht.«
Er drehte sich auf den Rücken und legte einen Arm über seine Augen. »Aber Schmerz kann auch ein sinnvolles Gefühl sein, Antonia. Schmerz kann dich antreiben, dich dazu bringen, etwas aus dir zu machen.«
»Tut er das denn bei dir?«, fragte sie.
»Ich denke schon«, erwiderte er. »Ich wollte immer mein Leben kontrollieren. Mein Schicksal. Ich wollte nie wieder von jemandes Gnade abhängig sein.«
Sie schmiegte sich an ihn, und er zog sie eng an seine Seite. Dann senkte er den Arm, den er über seine Augen gelegt hatte. »Ich glaube, das Gewitter ist vorbei«, sagte er. »Vielleicht wird der Regen auch bald nachlassen.«
»Du kannst gehen, wenn du das möchtest, Gabriel«, sagte sie ruhig. »Ich werde klarkommen. Wie du schon gesagt hast: Das Schlimmste ist vorüber.«
»Ja, vielleicht«, murmelte er.
Aber er brachte nicht die Stärke auf, sich zu erheben und sie zu verlassen. Ihre Hand spielte mit den Haaren auf seiner Brust, ihr zarter warmer Körper schmiegte sich an ihn. Es verspürte Glückseligkeit. Fast selbstverständlich griff er nach den zerwühlten Decken und deckte sie beide damit zu.
Antonia rückte noch näher. »Woran hast du damals gemerkt, das du dich verliebt hattest?«, fragte sie. »Wie hat es sich angefühlt?«
Ihre Fragen brachten ihn aus der Fassung. »Wie ... wie bitte?«, fragte er und hob den Kopf, um sie anzusehen.
Antonia zuckte mit den Schultern. »Hat sie dein Herz schneller schlagen lassen? Konntest du nicht mehr schlafen und nichts mehr essen?«
Xanthia . Sie sprach von Xanthia. »Es ... es war nicht so«, sagte er. »Ich fühlte einfach, dass wir zusammen sein sollten. Dass das Schicksal es so wollte.«
»Das klingt mir nicht nach Liebe«, murmelte Antonia.
»Aber ich habe sie geliebt«, verteidigte er sich. »Vielleicht war es nicht die himmelstürmende, alles bestimmende Liebe, sondern eher die langsame Erkenntnis darüber, was das Beste wäre.«
»Das Beste für euch beide?«, wollte Antonia wissen. »Und du hast dich ihr nicht unterlegen gefühlt? Schließlich war ihr Bruder ein Adliger.«
Gareth öffnete den Mund, um zu antworten, dann schloss er ihn wieder und dachte über ihre Frage nach. »Rothewell ist nicht wie andere Adlige«, sagte er dann. »Die drei Nevilles sind mit nichts unter schrecklichen Bedingungen aufgewachsen. Sie waren auch Waisen, und der Rest ihrer Familie hatte sie nach Barbados geschickt, weil man sie in England nicht haben wollte. Das hatten wir wohl gemein. In gewisser Weise sind wir gemeinsam aufgewachsen, haben uns an die Überreste unseres alten Lebens geklammert und versucht gestärkt aus dieser Zeit hervorzugehen.«
»Ich verstehe«, murmelte sie, und ihre Stimme vibrierte leicht an seiner Brust. »Gab es denn einen ausschlaggebenden Moment für dich? Einen Augenblick, in dem dir klar wurde, dass du sie heiraten wolltest?«
Lange Zeit gab er keine Antwort. »Es war während eines Sturms«, begann er schließlich zu erzählen. »Nicht so einer, wie dieser hier, sondern ein Taifun. Xanthia und ich waren allein in unserem Büro. Wir waren dort quasi gefangen, und wir dachten ... dass wir sterben müssten. Ich hatte mich schon viele Male zuvor auf den Tod eingestellt – das Leben auf See brachte das mit sich –, aber Zee hatte entsetzliche Angst. Der Sturm entwurzelte Bäume und ließ Fensterscheiben zersplittern. Boote wurden von den Wellen wie Seegras an den Strand geworfen, und eine Ecke unseres Daches wurde abgehoben. Am Ende suchten wir hinter irgendeinem Möbelstück Schutz, und ich –«
»Was?«, ermutigte sie ihn. »Erzähl weiter.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht«, sagte er. »Ich bin schon viel zu offen gewesen.«
»Ich verstehe«, sagte Antonia sanft. »Die Ehre einer Lady und all das. Vergiss es. Da ich dich kenne, kann ich mir leicht vorstellen, was geschehen ist.«
»Lass uns einfach sagen, dass ich das Einzige getan habe, was ich tun konnte«, gestand er. »Und damals dachte ich auch, dass ... dass es etwas bedeutete. Aber als sich am Morgen der Sturm legte, fand Zee wieder zu ihrem starken Selbst zurück und brauchte mich nicht mehr. Sie brauchte mich niemals wirklich.«
Antonia ergriff seine Hand und legte sie auf ihr Herz. »Gabriel, was wir heute Nacht getan haben, bedeutet etwas«, wisperte sie. »Ich ... ich weiß
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