Verloren unter 100 Freunden
Roboter die stärkste Gefühlsintensität auslösen. Ihre physische Gegenwart ist zwingend. Als er dann seinen Ernährungstrainer entwickelte, gab er ihm einen Körper und ein primitives Gesicht und beschloss, ihn im Rahmen seiner Studie für jeweils sechs Wochen an Diätpatienten auszuleihen. Kidds Roboter ist klein – etwa sechzig Zentimeter hoch – und hat lächelnde Augen. Der Benutzer gibt ihm einige Grundinformationen, auf deren Grundlage der Roboter einen Ernährungsplan erstellt, der dem Benutzer beim Abnehmen helfen soll. Gefüttert mit täglichen Informationen über die Nahrungsaufnahme und die körperliche Betätigung, spornt der Roboter den Benutzer an, wenn er sich einen Ausrutscher leistet, und macht Vorschläge, wie er besser in der Spur bleiben kann.
Rose, eine Frau mittleren Alters, kämpfte seit Jahren mit Gewichtsproblemen. Nach Kidds erstem Besuch, bei dem er den Roboter mitbrachte und erklärte, wie man ihn benutzt, haben Rose und ihr Mann der Maschine einen Hut aufgesetzt und überlegt, welchen Namen sie ihr geben wollen. Rose entscheidet sich für Maya. Im Verlauf der Studie beschreibt Rose Maya als »Familienmitglied«. Sie spricht jeden Tag mit dem Roboter. Am Ende von Kidds Studie kann Rose sich kaum von dem Roboter trennen. Kidd versucht einen Termin zu vereinbaren, an dem er den Roboter abholt, und die normalerweise höfliche und verlässliche Rose beginnt, seine
E-Mails und Anrufe zu ignorieren. Als Kidd sie endlich am Telefon hat, weicht Rose dem Thema aus. Es gelingt ihr, den Roboter noch zwei weitere Wochen zu behalten. Am Tag des endgültigen Abschieds von Maya bittet Rose, »noch ein letztes Mal mit Maya« sprechen zu dürfen. Bevor Kidd es zur Haustür schafft, reißt Rose Maya noch einmal an sich, um einen weiteren Stoß von Erinnerungsfotos zu schießen und sich ein allerletztes Mal zu verabschieden. Rose begleitet Kidd zum Auto und vergewissert sich, dass der Roboter auf dem Sitz richtig angeschnallt ist, dann winkt sie ihm ein letztes Mal zu. Diese Geschichte erinnert mich an meine Erfahrungen mit Senioren, wenn ich sie bitte, ihre Roboterbabys herzugeben. Ich bekomme dann oft Ausflüchte zu hören, beispielsweise, sie hätten den Roboter »verlegt«. Irgendwann beschließe ich dann, die My Real Babys, wenn möglich, nicht zurückzufordern, sondern neue zu kaufen.
In ihrem Verhalten ähnelt Rose eher Andy – sie zeigt von Beginn an ihre Zuneigung für den Roboter und spricht bereitwillig mit ihm. Kidd bringt seinen Roboter zum nächsten Diätpatienten, Professor Gordon. Der Mann von Mitte fünfzig ist skeptisch, dass ihm ein Roboter bei seinen Gewichtsproblemen helfen kann, aber er ist gewillt, es zu versuchen. Gordon ist eher wie Jonathan mit seiner technischen Herangehensweise. Beim ersten Besuch bei Gordon fragt Kidd, wo er den Roboter hinstellen soll. Gordon wählt eine Ablage hinter der Couch, direkt an der Wand. Dort kann Gordon ihn nur benutzen, wenn er sich mit dem Gesicht zur Wand auf die Couch kniet. Kidd lässt die Platzwahl unkommentiert und wird schnell zur Haustür geführt. Nach vier Wochen mit dem Roboter verlängert Gordon seine Teilnahme an der Studie um weitere zwei Wochen.
Als Kidd Gordon nach Ablauf der sechs Wochen besucht, gibt es zwischen ihnen Streit über »persönliche« Verweise auf den Roboter.
Gordon stört die Wortwahl auf dem Fragebogen, den Kidd ihm zum Ausfüllen gegeben hat. Ihm missfallen Fragen wie »War das System aufrichtig in seinem Versuch, mir zu helfen?« und »War das System an der Interaktion mit mir interessiert?«. Er findet, dass die Wörter »aufrichtig« und »interessiert« nichts auf dem Fragebogen zu suchen hätten, weil sie implizierten, dass der Roboter mehr sei als eine Maschine. Gordon sagt: »In dieser Weise über einen Roboter zu reden ergibt keinen Sinn … Auch Wörter wie ›Beziehung‹, ›Vertrauen‹ und andere Sachen in der Art haben auf dem Fragebogen nichts zu suchen … Ich kann doch nicht sagen, ich hätte der Maschine vertraut oder in einer Beziehung mit ihr gestanden.« Gordon kritisiert Kidd mehrfach für seine »blödsinnigen Fragen«: »Solche Fragen sind dummes Zeug. Sie reden über diese Maschine, als ob sie Gefühle hätte.« Kidd hört ihm höflich zu und bemerkt, dass der Roboter nicht mehr zwischen Couch und Wand eingeklemmt auf der Ablage steht.
Wie sich herausstellt, ist Gordons Gemecker übertrieben. Im weiteren Gesprächsverlauf fragt Kidd ihn, ob er dem Roboter einen Namen gegeben
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