Verloren unter 100 Freunden
»Pearl« als »charmante Begleiterin der Senioren« und zitiert einen älteren Gentleman mit folgenden Worten: »Wir verstehen uns prächtig, aber ob Pearl die Richtige für mich ist, verrate ich nicht.« 17 Andere Kommentare offenbaren die Ambivalenz, die ich oft bei den Gesprächen mit Senioren und ihren Familien beobachte. Eine Frau lobt, wie gut Pearl »Arbeiten im Haushalt« erledige, zeigt sich aber besorgt, dass der Roboter »bestimmte soziale Funktionen« übernehmen könnte. Sie schreibt: »Wenn die technologische Entwicklung im bisherigen Maß voranschreitet, könnten Roboter wie Pearl so gut werden, dass man ihnen die Altenpflege vollständig überträgt. Ich finde das bedenklich. Möchte man im Alter wirklich von Robotern betreut werden? Wenn Roboter aber so entwickelt werden, dass sie den Menschen ergänzen und nicht ersetzen, dann bin ich vollauf dafür!«
Ein anderer Beitrag beginnt mit dem Appell: »Menschliche Dinge wie Fürsorge und Liebe, überlasst sie den Menschen!«, aber dann heißt es weiter, dass die Liebe von Roboterhaustieren, die einsame Menschen »durchs Leben begleiten«, etwas völlig Akzeptables sei. In dem Online-Forum verwandeln sich Diskussionen, die sich anfangs um Roboterhaustiere und deren praktische Anwendungsmöglichkeiten drehen (»Wenn es Schwierigkeiten gibt, könnte der Roboter Angehörige oder die Polizei kontaktieren«), schnell in Träumereien über Roboter gegen die Einsamkeit, die letztlich liebenswerter sind als jedes echte Haustier. »Sie sind nie störrisch, und sie sind treu.« Mich bewegt die Mischung von Ergebenheit
und Treue – beides Dinge, die Einfluss auf andere implizieren, und beides Dinge, die Senioren nicht im gewünschten Maß zuteil werden.
In einer weiteren Online-Diskussion geben sich die Teilnehmer keinerlei romantischen Vorstellungen über die Wichtigkeit menschlicher Betreuer hin, weil sie erlebt haben, wie desinteressiert der Mensch sein kann. 18 Die Beiträge klingen düster. »Roboter«, schreibt einer der Diskussionsteilnehmer, »werden die Alten nicht misshandeln, so wie es das menschliche Pflegepersonal in Altenheimen immer wieder tut.« Jemand anderer tut die Ansicht, dass »Pfleger Menschen sein müssen«, mit dem Gedanken ab, dass die meisten Altenpfleger einfach nur versuchten, sich von ihrer Arbeit zu distanzieren – auf diese Weise »verhindern sie, dass sie verrückt werden«. Ein anderer gibt zu bedenken, ein Roboter könne niemals erkennen, »ob ein alter Mensch beunruhigt, traurig, sehr traurig oder völlig niedergeschlagen ist und sterben möchte«, aber die »kostbaren« Menschen, die dies erkennen könnten, »sind eben viel zu selten da«.
Ich finde diese Diskussion über den Nursebot typisch für Gespräche über Roboter und alte Menschen. Sie findet unter Leuten statt, die glauben, die großflächige Einführung des Roboters sei ohnehin unausweichlich. Dabei stellt sich eine wesentliche Frage: Warum gibt man alten Menschen, die versuchen, ihr Leben zu verstehen, einen Gegenstand, der ein Leben nicht verstehen kann ? Aber diese Frage zu diskutieren ist fast unmöglich wegen des Rahmens, den wir drumherum gebaut haben – wir nehmen an, dass die Entscheidung längst gefallen sei, dass es unausweichlich sei, dass wir zu wenig Ressourcen haben, die wir alten Menschen anbieten können. Innerhalb dieses Rahmens sind Roboter tatsächlich unausweichlich. Wir erklären uns für machtlos und verlieren die kreative Beziehung zu uns selbst und unserer Zukunft. Wir betrachten mit Ehrfurcht,
was die Technologie uns zu bieten hat, weil wir meinen, unsere eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben. Wir haben uns aufgegeben. Aus dieser Perspektive betrachtet spielt es eigentlich keine Rolle, ob ich oder jemand anderer den Nursebot ablehnt. Wenn es gelingt, ihn verlässliche Arbeit leisten zu lassen, dann wird er kommen.
Auf den Einwand, dass ein Roboter nur scheinbar etwas versteht oder Anteil nimmt, bekommt man meist zu hören, dass auch Menschen oft nur so täten, als verstünden sie etwas oder nähmen Anteil. Oder, wie es unlängst in einem Artikel der New York Times über Paro und andere »teilnahmsvolle« Maschinen hieß: »Wer von uns hätte nicht schon einmal Interesse vorgetäuscht? Oder abrupt seine Anteilnahme abgeschaltet?« Hier wird von der Diskussion über den Wert teilnahmsvoller Maschinen abgelenkt durch den Gedanken, dass »scheinen« und »vortäuschen« schon lange vor dem Aufkommen des Roboters existiert
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