Verloren
geschossen sind. So viel dazu, denke ich, und schweige, weil ich einfach nicht weiß, was ich darauf antworten soll.
Denn auch das ist wahr. Er wird niemals Schwierigkeiten haben, willige Frauen zu finden, die mit ihm ins Bett gehen. Dafür ist er viel zu anziehend und sein Lächeln zu gewinnend, zu unwiderstehlich. Und immer, wenn eine davon merkt, dass es nur eine Fassade ist – dass der wahre Matteo alles dahinter verbirgt, was er wirklich denkt und fühlt, zieht er einfach weiter. Und wenn man versucht, ihn zu halten, wird er gemein.
Plötzlich fühle ich mich kraftlos und erschöpft – so, wie es mir immer geht, wenn Mum dichtmacht. Wenn ich nicht zu ihr vordringen kann, weil sie in ihrer eigenen, manischen oder depressiven Welt lebt. Wenn ich mir ihr Verhalten nicht erklären kann.
Wie konnte ich darauf kommen, dass ich mit einem Mann glücklich werden kann, der genauso sprunghaft ist, den ich genauso schlecht einschätzen kann? Das geht nicht – und das scheint Matteo auch schon so entschieden zu haben. Was ich jedoch erst merke, als wir – nachdem wir uns den Rest der Fahrt angeschwiegen haben – in Monti auf sein Grundstück biegen. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht auf die Umgebung geachtet und nur registriert habe, dass wir wieder in der Stadt sind.
»Ich dachte, du bringst mich ins Hotel«, sage ich erstaunt, während er mit immer noch grimmigem Gesicht um den Wagen herumgeht, um mir die Tür zu öffnen.
»Du hast noch Sachen bei mir«, sagt er und lässt mich aussteigen. »Die willst du sicher wieder mitnehmen.« Er knallt die Autotür wieder zu, dreht sich um und geht auf das Haus zu, wartet nicht auf mich.
Das war’s, denke ich, und eine eisige Faust schließt sich um mein Herz, als ich ihm folge. Wir sind wieder an dem Punkt, an dem wir schon am Morgen nach unserer zweiten Nacht waren. An dem Punkt, an dem er mich nicht mehr weiter an sich heranlässt. Und dahin werden wir wohl immer kommen, gestehe ich mir ein. Deshalb war mein erster Impuls richtig: Ich hätte gehen sollen, als es noch nicht so schlimm war, anstatt Hals über Kopf in etwas hineinzuschlittern, das ich jetzt nicht mehr kontrollieren kann. Aber ich kann den Schaden zumindest begrenzen.
Mit schweren Schritten folge ich Matteo, der die Tür für mich aufgelassen hat, über die Treppe nach oben und gehe direkt in sein Schlafzimmer. Während der letzten Tage habe ich wirklich ein paar Sachen hiergelassen. Weil ich mich einmal bei ihm umgezogen habe, als wir essen gehen wollten. Und dann, als ich wusste, dass ich bei ihm übernachten würde, habe ich mir etwas für den nächsten Tag mitgenommen, und der Rest ist in seinem Zimmer liegengeblieben. Als ich die Kleidungsstücke zuletzt gesehen habe, waren sie noch auf dem stummen Diener, doch da kann ich sie nicht finden, deshalb öffne ich den Schrank – und stelle überrascht fest, dass die beiden Kleider auf Bügeln neben seinen Anzügen hängen. Und die Unterwäsche finde ich im Wäschekorb im Bad, zwischen seinen Sachen. Da Elisa nicht da ist, muss Matteo sie dorthin gelegt haben, und es fühlt sich schrecklich an, sie wieder auszusortieren. Wieso hat er das überhaupt getan, denke ich wütend. Wieso hängt er meine Kleider zu seinen und mischt meine Wäsche ganz selbstverständlich mit seiner, wenn er schon ganz sicher war, dass er mich sowieso nicht in seinem Leben haben will?
Ich stopfe die Sachen einfach so in meine Tasche – die davon ganz unförmig wird und die ich nicht mehr zubekomme, aber das ist mir egal – und gehe Matteo suchen.
Er ist in der Küche, steht er vor dampfenden Maschine, die diesen fantastischen Kaffee kocht, und hat mich noch nicht bemerkt. Und während ich dastehe und unglücklich seinen breiten Rücken betrachte, wird mir klar, dass ich Kaffee wahrscheinlich nie wieder trinken kann, ohne an diese Küche zu denken und den Mann, dem sie gehört. Und da selbst in England nicht ausschließlich Tee getrunken wird, bedeutet das vermutlich, dass ich ihn niemals vergessen werde. Verdammt.
Selbst dieser Anflug von Galgenhumor hilft nicht wirklich, betäubt nur kurz den Schmerz. Müde warte ich darauf, dass er sich umdreht. Als er es tut und mich im Türrahmen entdeckt, treffen sich unsere Blicke für einen langen Moment, und ich kann nicht atmen, weil mich überrollt, was ich für ihn empfinde. Es ist so gemein, dass ich mich davor nicht schützen konnte, denke ich und spüre, wie die Wut auf ihn zurückkehrt, die mir viel lieber ist
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