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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Beaumarchais noch der Fréron seiner Zeit sein. In ihm lebte jetzt nur der einzige Wunsch: seine Ordonnanz zu haben; denn er sah ein, daß diese Standeserhebung ihm auch zu einer glänzenden Heirat verhelfen würde. Sein Glück würde dann nur noch von einem Zufall abhängen, zu dem ihm seine Schönheit verhelfen würde. Lousteau, der ihm so viel Vertrauen gezeigt hatte, kannte sein Geheimnis, und der Journalist wußte also, wo der Dichter von Angoulême tödlich zu treffen war; und so hatte er Lucien an dem Tag, wo Merlin mit ihm im Vaudeville auf und ab ging, eine schreckliche Schlinge gelegt, in welcher dieser Knabe sich fangen und zugrunde gehen mußte.
    »Da ist ja unser schöner Lucien«, sagte Finot und trat mit des Lupeaulx heran. Er plauderte mit ihm, während Lucien, dessen Hand er mit täuschend nachgeahmter Freundschaftlichkeit drückte, dabeistand. »Ich kenne kein Beispiel eines so schnellen Glückes, wie er es gemacht hat«, sagte er und blickte abwechselnd Lucien und den vortragenden Rat an. »In Paris gibt es zweierlei Glück: das materielle Glück, das Geld, das jeder an sich reißen kann, und das moralische Glück, die Beziehungen, die Stellung, der Zutritt in eine gewisse Welt, die für manche Personen, mag ihr materielles Vermögen noch so groß sein, verschlossen ist, und mein Freund ...«
    »Unser Freund«, sagte des Lupeaulx und warf Lucien einen liebevollen Blick zu.
    »Unser Freund«, fuhr Finot fort und tätschelte zärtlich die Hand Luciens, »hat in dieser Hinsicht ein glänzendes Glück gehabt. Es ist wahr, Lucien ist begabter und geistvoller als alle seine Neider, und überdies ist er im Besitz einer köstlichen Schönheit; seine alten Freunde verzeihen ihm seine Erfolge nicht, sie sagen, er habe Glück gehabt.«
    »Glück dieser Art«, sagte des Lupeaulx, »kommt nie zu den Dummköpfen oder den Unfähigen. Wie? Kann man die Laufbahn Bonapartes Glück nennen? Zwanzig kommandierende Generale standen über ihm, die die italienische Armee hätten befehligen können, wie es in diesem Augenblick hundert junge Leute gibt, die bei Fräulein des Touches Erfolg haben möchten, die man in der vornehmen Welt schon als Ihre künftige Frau bezeichnet, lieber Freund!« sagte des Lupeaulx und klopfte Lucien auf die Schulter. »Oh! Sie stehen in großer Gunst. Die Marquise d'Espard, Frau von Bargeton und die Frau von Montcornet sind ganz verliebt in Sie. Sind Sie nicht heute abend auf der Soiree von Madame Firmiani und morgen auf dem Rout der Herzogin von Grandlieu?«
    »O ja«, erwiderte Lucien.
    »Gestatten Sie mir, Ihnen einen jungen Bankier, Herrn du Tillet, vorzustellen; er ist Ihrer wert, er hat es in kurzer Zeit zu einem großen Vermögen gebracht.«
    Lucien und du Tillet begrüßten sich, unterhielten sich miteinander, und der Bankier lud Lucien zum Diner ein. Finot und des Lupeaulx, die beide gleich schlau waren und sich lange genug kannten, um immer Freunde zu bleiben, schienen ihre begonnene Unterhaltung fortzusetzen; sie überließen Lucien, Merlin, du Tillet und Nathan ihrem Geplauder und setzten sich auf einen der Diwane, die im Foyer des Vaudevilles standen.
    »Hören Sie, lieber Freund,« sagte Finot zu des Lupeaulx, »sagen Sie mir die Wahrheit! Wird Lucien ernsthaft protegiert? Denn er ist der Feind aller meiner Mitarbeiter geworden; und ehe ich ihre Verschwörung begünstige, wollte ich mich mit Ihnen beraten, um zu hören, ob es nicht besser ist, sie zu vereiteln, und ihm zu nützen.«
    Hier sahen sich der vortragende Rat und Finot einen Augenblick aufmerksam an.
    »Wie, lieber Freund,« erwiderte des Lupeaulx, »können Sie glauben, daß die Marquise d'Espard, Châtelet und Frau von Bargeton, die den Baron zum Präfekten der Charente und zum Grafen gemacht hat, um im Triumph nach Angoulême zurückzukehren, Lucien seine Angriffe verzeihen werden? Sie haben ihn zur royalistischen Partei herübergebracht, um ihn zu vernichten. Jetzt suchen sie nach Auswegen, damit man dem Knaben verweigern kann, was man ihm versprochen hat. Finden Sie welche! Dann werden Sie den beiden Damen einen wichtigen Dienst geleistet haben, früher oder später werden sie sich daran erinnern. Ich stehe im Vertrauen dieser beiden Damen, sie hassen dieses Kerlchen in einem Maße, daß es mich überrascht hat. Dieser Lucien hätte seine grausamste Feindin, Frau von Bargeton, loswerden können, wenn er seine Angriffe so lange fortgesetzt hätte, bis sie seinen Bedingungen gefügig gewesen wäre; alle Frauen

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