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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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verfrühten Ruhmes Frechheiten erlauben, die ihn wieder in das Dunkel schleuderten, aus dem er gekommen war. Bis zum Dahinscheiden dieses Genies schien er seine Ansprüche zu den Füßen der Frau von Bargeton zu opfern; aber er hatte mit der Geschicklichkeit eines Roués seinen Plan festgelegt, verfolgte mit der Aufmerksamkeit eines Strategen die weitere Entwicklung des Verhältnisses der beiden Liebenden und lauerte auf die Gelegenheit, Lucien den Garaus zu machen. Es erhob sich nun in Angoulême und der Nachbarschaft ein dunkles Gerücht, das von dem Vorhandensein eines großen Mannes im Angoumois wissen wollte. Frau von Bargeton wurde für die sorgsame Pflege, die sie dem heranwachsenden Genie widmete, allgemein gelobt. Nachdem sie so einmal Zustimmung gefunden, wollte sie die allgemeine Billigung ernten. Sie erließ im ganzen Departement Einladungen zu einer Abendunterhaltung mit Gefrornem, Kuchen und Tee. Das war eine große Neuerung in einer Stadt, wo man den Tee noch als Mittel gegen Verdauungsstörungen beim Apotheker kaufte. Die Blüte der Aristokratie war geladen, um ein großes Werk zu hören, das Lucien vorlesen sollte. Louise hatte die Schwierigkeiten, die sie zu überwinden gehabt, ihrem Freund verhehlt, aber sie ließ einige Worte von der Verschwörung fallen, die die Welt gegen ihn angezettelt hatte, denn sie wollte nicht, daß ihm die Gefahren der Laufbahn eines genialen Mannes unbekannt blieben, auf der es Hindernisse gibt, die nur ungewöhnliche Tapferkeit zu überwinden vermag. Sie machte aus diesem Sieg eine Nutzanwendung. Sie zeigte ihm mit ihren weißen Händen, wie der Sieg mit unaufhörlichen Martern erkauft werden muß, sie sprach ihm von dem Scheiterhaufen der Märtyrer, den man betreten müßte, sie flocht ihm ihre schwungvollsten Sätze und zierte sie mit den prunkvollsten Worten. Das Wortgebäude, das sie vor ihm auftürmte, sah aus wie die Improvisationen, die den Roman »Corinna« verunstalten. Louise fand sich in ihren Improvisationen so groß, daß sie den Benjamin, der sie ihr eingab, noch mehr liebte; sie gab ihm den Rat, seinen Vater kecklich zu verleugnen und den Adelsnamen »von Rubempré« anzunehmen, ohne sich um das Geschrei zu kümmern, das sich bei dieser Namensänderung erheben würde, die der König übrigens legitim machen würde. Sie sei mit der Marquise d'Espard, einer geborenen von Blamont-Chauvry, verschwägert, die von großem Einfluß bei Hofe sei, und sie nehme es auf sich, diese Gunst zu erlangen. Bei diesen Worten, »der König, die Marquise d'Espard, der Hof« drehte es sich Lucien wie ein Feuerwerk vor den Augen, und die Notwendigkeit dieser Umtaufe war ihm erwiesen.
    »Lieber junger Freund« sagte Louise mit zärtlichem Spott zu ihm, »je eher es geschieht, um so schneller wird es anerkannt.«
    Sie zeigte ihm der Reihe nach die übereinandergelagerten Schichten der Gesellschaft und ließ den Dichter die Sprossen zählen, die er durch diesen geschickten Entschluß plötzlich übersprang. In einem Augenblick brachte sie Lucien dazu, daß er seine schimärischen demokratischen Gleichheitsideen von 1793 aufgab. Sie erweckte in ihm den Durst, sich auszuzeichnen, den die kühle Vernunft Davids besänftigt hatte; sie zeigte ihm die hohe Gesellschaft als die einzige Bühne, auf der er auftreten durfte. Der haßerfüllte Liberale wurde ein geheimer Monarchist. Lucien fand Geschmack am aristokratischen Luxus und am Ruhm. Er schwor, er wolle seiner Dame eine Krone zu Füßen legen, selbst wenn sie blutig sein sollte; er würde sie um jeden Preis erobern, quibusunque viis . Um seinen Mut zu beweisen, erzählte er Louise seine gegenwärtigen Nöte, die er bisher vor ihr verborgen hatte; jene undefinierbare Scham hatte ihn dazu getrieben, die mit den ersten Gefühlen verknüpft ist und es dem jungen Menschen verwehrt, sein großes Verhalten zur Schau zu stellen, so sehr wünscht er, daß seine Seele in ihrem Inkognito gewürdigt wird. Er schilderte den Druck eines Elends, das mit Stolz ertragen wurde, seine Arbeiten bei David, seine dem Studium geweihten Nächte. Diese junge Glut erinnerte Frau von Bargeton, deren Blick traurig wurde, an den sechsundzwanzigjährigen Oberst. Als Lucien sah, wie seine stolze Herrin von ihrer Schwäche übermannt wurde, ergriff er eine Hand, die sie ihm überließ, und küßte sie mit dem Feuer des Dichters, des Jünglings, des Liebenden. Louise ging so weit, dem Apothekerssohn zu erlauben, ihre Stirn in die Hände zu nehmen und seine

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