Verlorene Illusionen (German Edition)
Françoise ein paar Geschenke gemacht, von denen man in der Stadt viel sprach. Diese hübschen Kleinigkeiten, zusammen mit der Aussteuer, die Zéphirine seit einem Jahre vorbereitet hatte, mit den Schmucksachen des Paten und den üblichen Geschenken des Bräutigams, trösteten Françoise und riefen die Neugier mehrerer Mütter hervor, die ihre Töchter mitgebracht hatten. Petit-Claud und Cointet hatten schon bemerkt, daß die Adligen von Angoulême sie beide als eine unvermeidliche Notwendigkeit auf ihrem Olymp duldeten: der eine war der Vermögensverwalter, der Gegenvormund von Françoise, der zweite war zur Unterzeichnung des Ehevertrags notwendig wie der Gehängte am Galgen; aber am Tage nach der Ehe hätte zwar Frau Petit-Claud noch das Recht, zu ihrer Patin zu kommen, doch für den Gatten könnte es schwer werden, Zutritt zu erlangen; und er nahm sich vor, sich aus dieser hochmütigen Welt nicht vertreiben zu lassen. Der Advokat schämte sich seiner armen Verwandten und hatte daher seine Mutter, die nach Mansle übersiedelt war, veranlaßt, dort zu bleiben und zu sagen, sie wäre krank, und ihre Zustimmung schriftlich zu geben. Petit-Claud, der recht gedemütigt gewesen wäre, bei dem Akt ohne Verwandte, ohne Gönner, ohne Unterschrift von seiner Seite zu bleiben, war also sehr glücklich, in dem berühmten Manne einen Freund, mit dem man sich sehen lassen konnte und den die Gräfin wiederzusehen wünschte, mitzubringen. Und so nahm er Lucien in seinen Wagen. Für diesen denkwürdigen Abend hatte der Dichter eine Toilette gemacht, die ihm eine unbestreitbare Überlegenheit über alle Männer geben mußte. Frau von Senonches hatte überdies angekündigt, daß der Held des Tages kommen würde; und die Wiederbegegnung zwischen zwei Liebenden, die in Unfrieden auseinandergegangen sind, ist eine Szene, auf die man in der Provinz besonders erpicht ist. Lucien war ein Salonlöwe geworden: man sagte, er sei so schön, so verändert, so wunderbar geworden, daß die Frauen des aristokratischen Angoulême begierig waren, ihn wiederzusehen. Nach der Mode jener Zeit, der man den Übergang von der alten Kniehose zu den häßlichen Beinkleidern unserer Tage verdankt, trug er enganliegende schwarze Hosen. Die Männer ließen zur großen Verzweiflung der Mageren oder schlecht Gebauten ihren Körperbau noch sehen; und der Luciens war der eines Apoll. Seine grauen, durchbrochenen Seidenstrümpfe, seine eleganten Schuhe, seine schwarze Atlasweste, seine Halsbinde, alles stand ihm wundervoll und machte den Eindruck, als ob es zu ihm gehörte. Seine blonden, wallenden Haare hoben sich schön von seiner weißen Stirne ab, auf die mit entzückender Anmut die Locken fielen. Seine strahlenden Augen blickten stolz und kühn. Seine kleinen Frauenhände, die unter dem Handschuh noch schön waren, brauchten sich nicht enthüllt zu zeigen. Er ahmte in seiner Haltung Herrn von Marsay nach, den berühmten Pariser Stutzer, hielt in der einen Hand Stock und Hut, die er nicht ablegte, und machte mit der andern hin und wieder eine Geste, um seiner Rede Nachdruck zu verleihen. Lucien hatte den Wunsch, nach dem Beispiel der berühmten Männer, die sich aus falscher Bescheidenheit unter dem Tor von Saint-Denis bücken möchten, unbemerkt in den Salon zu treten. Aber Petit-Claud, der nur den einen Freund hatte, verdarb ihm das. Fast pomphaft führte er Lucien durch die ganze Gesellschaft bis zu Frau von Senonches. Als der Dichter so hindurchschritt, hörte er Gemurmel, durch das er früher den Kopf verloren hätte, das ihn aber jetzt kalt ließ; er war sich sicher, daß er allein so viel wert war wie der ganze Olymp von Angoulême.
»Gnädige Frau,« sagte er zu Frau von Senonches, »ich habe schon meinen Freund Petit-Claud, der aus dem Holze ist, aus dem man Justizminister schnitzt, beglückwünscht, zu Ihnen zu gehören, wie schwach auch das Band zwischen einer Patin und ihrem Patenkind sein mag.« Das wurde mit einer Miene gesagt, die einen gewissen spöttischen Ausdruck hatte, was die Frauen, die zuhörten, obwohl sie so taten, als ob sie sich nicht um die Szene kümmerten, wohl bemerkten. »Aber ich für mein Teil«, fuhr er fort, »muß einen Umstand froh begrüßen, der mir erlaubt, Ihnen meine Huldigungen darzubringen.«
Dies wurde ohne Verlegenheit und mit der Haltung eines großen Herrn gesagt, der bei kleinen Leuten zu Besuch ist. Lucien warf, während er die verwirrte Antwort, die ihm Zéphirine gab, anhörte, einen Siegerblick über den
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