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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Mansle hinaus, um Frau von Bargeton zu erwarten. Sie kam gegen Morgen an. Als Lucien die alte sechzigjärige Kalesche sah, die er so oft in der Remise betrachtet hatte, fühlte er sich so bewegt wie noch selten im Leben. Er warf sich David in die Arme, der zu ihm sagte: »Gott gebe, daß das zu deinem Guten ist.«
    Der Drucker bestieg wieder sein kleines Kabriolett und fuhr mit gepreßtem Herzen ab, denn er hatte ängstliche Vorgefühle über die Schicksale, die Lucien in Paris erwarteten.

Ein großer Mann aus der Provinz in Paris
Erster Teil
    Weder Lucien, noch Frau von Bargeton, noch Gentil, noch Albertine, die Kammerfrau, sprachen jemals von den Vorfällen dieser Reise; aber man darf annehmen, daß die fortwährende Anwesenheit der Dienerschaft sie für einen Liebhaber, der alle Wonnen einer Entführung erwartet hatte, sehr verdrießlich gestaltete. Lucien, der zum erstenmal in seinem Leben Extrapost fuhr, war wie aus den Wolken gefallen, als er fast die ganze Summe, die er für ein Jahr seines Lebens bestimmt hatte, auf der Straße von Angoulême nach Paris verschwinden sah. Wie alle Menschen, die die Reize der Kindlichkeit mit der Kraft der Begabung vereinigen, hatte er den Fehler, daß er beim Anblick von Dingen, die für ihn neu waren, seine naive Verwunderung nicht unterdrückte. Ein Mann muß eine Frau gut studieren und darf seine Gefühle und Gedanken nicht gleich im Entstehen sehen lassen. Eine Geliebte, die Zärtlichkeit und Größe verbindet, lächelt über Kindereien und versteht sie; aber wenn sie nur ein bißchen Eitelkeit hat, verzeiht sie ihrem Geliebten nicht, wenn er sich kindisch, eitel oder kleinlich zeigt. Viele Frauen übertreiben den Kultus mit ihrem Geliebten so sehr, daß sie immer einen Abgott in ihm finden wollen; während die, die einen Mann um seiner selbst willen und nicht zuerst in bezug auf sich lieben, seine kleinen Züge ebenso verehren wie seine Größe. Lucien hatte noch nicht gemerkt, daß die Liebe bei Frau von Bargeton auf die Eitelkeit gepfropft war. Er beging den Fehler, das Lächeln nicht zu beachten, das Louise während dieser Reise manchmal nicht unterdrücken konnte, wenn er sich das possierliche Benehmen einer jungen, zum erstenmal aus ihrem Loch kommenden Ratte erlaubte, anstatt sich zurückzuhalten.
    Die Reisenden stiegen im Hotel du Gaillard-Bois in der Rue de l'Echelle vor Tagesanbruch ab. Die beiden Liebenden waren so ermüdet, daß sich Louise vor allem hinlegen wollte, was sie auch tat. Sie versäumte aber nicht, Lucien vorher anzuempfehlen, er solle sich ein Zimmer über ihrem Gemach nehmen. Lucien schlief bis vier Uhr nachmittags. Frau von Bargeton ließ ihn zum Diner wecken; er kleidete sich, als er hörte, wieviel Uhr es wäre, schnell an und fand Louise in einer der elenden Kammern, die die Schande von Paris sind, wo es trotz aller Ansprüche auf Eleganz kein einziges Hotel gibt, in dem ein reicher Reisender sich zu Hause fühlen kann. Obwohl Lucien sich von seinem plötzlichen Erwachen noch benommen fühlte, erkannte er doch seine Louise in dieser kalten, sonnenlosen Kammer nicht wieder. Die Vorhänge waren verblichen, der Fußboden war in schlechtem Zustande, die Möbel waren unansehnlich, abgeschmackt, entweder alt oder aus zweiter Hand gekauft. Es gibt tatsächlich manche Frauen, die, wenn sie einmal von den Gestalten, den Dingen, den Räumen, die ihnen als Umrahmung dienen, getrennt sind, nicht mehr dasselbe Aussehen und nicht denselben Wert haben. Die lebendigen Physiognomien besitzen eine Art Atmosphäre, die zu ihnen gehört, wie das Helldunkel der flämischen Gemälde ein notwendiges Zubehör des Lebens der Gestalten ist, die das Genie der Maler hineingestellt hat. Die Menschen der Provinz sind fast alle so. Und dann schien Frau von Bargeton würdevoller und nachdenklicher, als sie es in einem Augenblick sein durfte, wo ein schrankenloses Glück beginnen sollte. Lucien war zunächst nicht in der Lage, sich zu beklagen; Gentil und Albertine bedienten sie. Das Diner hatte nicht mehr den verschwenderischen und vorzüglichen Charakter, der für das Provinzleben kennzeichnend ist. Die Gerichte, die aus einem benachbarten Restaurant kamen, boten sich, von der Gewinnsucht bemessen, recht armselig; sie schmeckten nach kleinen Leuten. Paris ist in diesen kleinen Dingen, zu denen die Leute mit geringem Vermögen verurteilt sind, recht häßlich. Lucien wartete auf das Ende der Mahlzeit, um Louise zu befragen, deren Veränderung ihm unerklärlich war. Er

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