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Verlorene Illusionen (German Edition)

Verlorene Illusionen (German Edition)

Titel: Verlorene Illusionen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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das für die Künstler zu lösen ist, besteht darin, zu bewirken, daß sie weithin sichtbar sind. Du triffst da also tausend Gelegenheiten, dein Glück zu machen, hast Aussicht auf Sinekuren, auf eine Pension aus der Privatschatulle. Die Bourbonen begünstigen so gern die schönen Wissenschaften und Künste! Sei also zu gleicher Zeit religiöser und royalistischer Dichter. Das wird nicht nur schön sein, du wirst auch reich werden. Vergibt die Opposition oder der Liberalismus Stellen und Belohnungen, läßt er die Schriftsteller zu Vermögen kommen? Schlage also den rechten Weg ein und geh dahin, wo alle Männer von Geist zu finden sind. Du kennst mein Geheimnis, bewahre das tiefste Schweigen und rüste dich, mir zu folgen. — Willst du nicht?« fügte sie hinzu, denn sie wunderte sich über die schweigsame Haltung ihres Geliebten.
    Lucien war geblendet durch die plötzliche Aussicht auf Paris. Als er diese verlockenden Worte hörte, war es ihm, als habe er sich bisher nur seines halben Gehirns bedient; jetzt eben schien er die zweite Hälfte zu entdecken, alle seine Ideen wuchsen, er kam sich in Angoulême wie ein Frosch vor, der auf dem Grunde eines Sumpfes unter einem Stein gelebt hatte. Paris in seinem Glanze, Paris, das in der Provinz jeder Phantasie als Eldorado erscheint, trat vor ihn in seinem Goldgewande, auf dem Haupte das Königsdiadem, die Arme allen Talenten geöffnet. Die Berühmtheiten würden ihn brüderlich umarmen. Dort war alles Freude und Sonnenschein für das Genie. Dort gab es keine neidischen Krautjunker, die verletzende Worte sprachen, um den Schriftsteller zu demütigen, und keine alberne Gleichgültigkeit gegen die Poesie. Dort entsprossen die Werke der Dichter, dort wurden sie bezahlt und gelangten zu Ruhm. Die Buchhändler würden kaum die ersten Seiten seines »Bogenschützen Karls IX.« gelesen haben, und schon würden sie ihren Kassenschrank öffnen und ihn fragen: »Wieviel wollen Sie?« Überdies sah er ein, daß Frau von Bargeton nach einer Reise, bei der sie die Umstände so nah wie zwei Gatten zusammenbrachten, ganz die Seine würde, daß sie zusammen lebten.
    Auf diese Worte: »Willst du nicht?« antwortete er mit einer Träne, schlang seinen Arm um Louise, drückte sie ans Herz und preßte unzählige Küsse auf ihren Hals. Dann hielt er plötzlich inne, wie von einer Erinnerung getroffen, und rief aus »Mein Gott, meine Schwester heiratet übermorgen!«
    Dieser Ausruf war der letzte Atemzug der reinen und vornehmen Kindlichkeit in ihm. Die mächtigen Bande, die die jungen Herzen mit ihrer Familie, ihrem ersten Freund, allen ursprünglichen Gefühlen verbinden, sollten einen furchtbaren Schlag erhalten.
    »Wie!« rief die hochmütige Nègrepelisse, »was hat die Verheiratung Ihrer Schwester mit dem großen Schritt unserer Liebe zu tun? Liegt Ihnen so viel daran, bei dieser Kleinbürger- und Handwerkerhochzeit das große Tier zu sein, daß Sie mir diese edle Freude nicht zum Opfer bringen können? Ein schönes Opfer!« sagte sie verächtlich. »Ich habe heute morgen meinen Mann um Ihretwillen in den Zweikampf geschickt! Gehen Sie, mein Herr, verlassen Sie mich! Ich habe mich in Ihnen getäuscht.«
    Sie fiel fast ohnmächtig auf ihr Kanapee. Lucien stürzte zu ihr hin, bat um Verzeihung und fluchte seiner Familie, David und seiner Schwester.
    »Ich glaubte so an dich«, klagte sie. »Herr von Cante-Croix hatte eine Mutter, die er vergötterte, aber um einen Brief von mir zu bekommen, in dem ich ihm sagte: »Ich bin zufrieden!« ist er im Schlachtendonner gestorben. Und Sie können, wenn es sich darum handelt, mit mir zu reisen, nicht einmal auf einen Hochzeitsschmaus verzichten?«
    Lucien wollte sich töten, und seine Verzweiflung war so aufrichtig, so tief, daß Louise ihm verzieh. Aber sie ließ ihn spüren, daß er diesen Fehler wieder gutmachen müßte.
    »Geh also,« sagte sie endlich, »sei verschwiegen, und sei morgen nacht um zwölf Uhr hundert Schritte hinter Mansle zu finden.«
    Lucien fühlte kaum den Boden unter seinen Füßen. Er machte sich zu David auf. Seine Hoffnungen verfolgten ihn, wie die Furien den Orest, denn er gewahrte tausend Schwierigkeiten, die in dem schrecklichen Wort: »Woher Geld nehmen?« zusammenzufassen waren. Er hatte solche Angst vor dem Scharfblick Davids, daß er sich in sein hübsches Arbeitszimmer einschloß, um sich von der Betäubung zu erholen, in die ihn seine neue Lage versetzt hatte. Er sollte also diese Wohnung verlassen, die mit so

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