Verlorene Liebe
Monaten, einer Woche und drei Tagen hinreichend klarmachen kann.« Sie nahm die Flasche und füllte Bens Glas auf.
»Danke. Jetzt hast du mir aber etwas zum Nachdenken gegeben.«
Grace lächelte ihn über den Rand ihres Glases an. »Ich mag dich, Detective Paris.«
Er grinste verlegen und stieß mit ihr an. »Ich dich auch, Gracie.« Das Telefon klingelte, und er sah auf. »Wenn du schon mal in der Küche bist, dann sieh doch bitte nach, ob es irgendwas Eßbares im Haus gibt, das nicht grün ist.«
»Amen«, murmelte Grace. Sie warf einen Blick über die Schulter und fügte dann leise hinzu: »Ihr werdet nicht glauben, was er mir neulich vorgesetzt hat: Artischockenböden.«
»Bitte«, erschauderte Ben, »nicht wenn ich gerade einatme.«
»Na ja, eigentlich waren sie nicht ganz so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Ist er eigentlich immer schon so gewesen? Oder hat er sich auch mal von etwas anderem als Wurzeln und Unkraut ernährt?«
»Der Mann hat schon seit Jahren keinen Hamburger mehr in der Hand gehalten. Manchmal ist er mir richtig unheimlich.«
»Aber süß ist er doch«, sagte Grace und lächelte in ihr Glas. Tess wußte genau, was diese Geste zu bedeuten hatte.
»Tut mir leid«, erklärte Ed, als er zurückkehrte, »aber wir müssen zum Einsatz.«
»Himmeldonnerwetter, kann ein Mann denn nicht einmal mehr die Schwangerschaft seiner Frau feiern?« schimpfte Ben, stand dann aber sofort auf.
»Wir müssen ins Montgomery County.«
»Und was liegt da an?«
Ed warf Grace einen Blick zu. »Versuchte Vergewaltigung. Siehst ganz so aus, als hätte unser Mann wieder zugeschlagen.«
»O mein Gott.« Grace fuhr so rasch hoch, daß Wein aus dem Glas auf ihre Hand spritzte.
»Was ist mit dem Opfer?« wollte Tess wissen.
»Ist noch ziemlich durcheinander, ansonsten aber unverletzt. Irgendwie ist es ihr gelungen, sich mit einem Messer zu bewaffnen. Zusammen mit dem und ihrem Hund ist es der Frau gelungen, den Mann abzuwehren.«
»Gib mir die Adresse. Ich fahre Tess rasch nach Hause und treffe dich dann dort.«
»Nichts da, ich komme mit.« Bevor Ben etwas einwenden konnte, legte Tess ihm schon eine Hand auf den Arm. »Ich kann helfen. Nicht nur dir, sondern auch dem Opfer. Du weißt, daß ich auf solche Fälle spezialisiert bin, und es wird ihr sicher angenehmer sein, mit einer Frau zu sprechen.«
»Deine bessere Hälfte hat recht.« Ed war schon auf dem Weg zum begehbaren Kleiderschrank in der Diele, um seine Waffe einzustecken. Grace sah ihn zum erstenmal mit seinem Dienstrevolver. Sie versuchte, dieses Bild mit dem von dem Mann in Einklang zu bringen, der sie durch den Regen getragen hatte. »Zum erstenmal treffen wir auf eines seiner Opfer, das überlebt hat. Tess könnte sicher einiges von der Frau in Erfahrung bringen.« Er zog sich die Jacke über. Ihm war Grace’ Blick auf seine Pistole nicht entgangen, und so wandte er sich an sie. »Tut mir leid, ich kann dir nicht sagen, wie lange wir fortbleiben.«
»Ich will mitkommen und mit der Frau sprechen.«
»Das geht nicht. Ausgeschlossen.« Er hielt sie fest, als sie an ihm vorbei wollte. »Mit ihr zu reden, hilft dir bestimmt nicht. Und dem Opfer wäre es bestimmt nicht angenehm.« Sie hatte eine trotzige Miene aufgesetzt. Ed hob ihr Gesicht, bis sie ihm in die Augen sehen mußte. »Grace, die arme Frau hat Furchtbares durchgemacht. Denk doch auch einmal an sie. Sie will jetzt bestimmt nicht das Haus voller Leute haben; ganz besonders nicht von solchen, die sie mit ihren Fragen an das erinnern, was auch aus ihr hätte werden können. Selbst wenn ich in deinem Fall eine Ausnahme machen würde, wärst du uns und ihr keine große Hilfe.«
Grace wußte, daß er recht hatte. Und sie haßte ihn dafür. »Ich gehe nicht nach Hause, bis du zurück bist und mir alles berichtet hast. Verdammt, ich muß wissen, wie er aussieht. Ich brauche in meinem Kopf ein Bild von ihm.«
Ed gefielen ihre letzten Worte nicht. »Du sollst von mir auch alles erfahren. Aber es kann eine Weile dauern.«
»Dann warte ich eben.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Und zwar hier.«
Er küßte sie und hielt sie einen Moment länger fest, als er eigentlich vorgehabt hatte. »Vergiß nicht, alles abzuschließen.«
Mary Beth wollte keine Tranquilizer. Sie hatte seit jeher eine morbide Furcht vor Tabletten und nahm höchstens einmal, und auch das nur in Ausnahmefällen, ein Aspirin. Zu einem Glas Brandy aus der Flasche, die Harry und sie für besondere Gelegenheiten
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