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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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schlafen. Vielleicht heute nacht, wenn die Kinder früh genug im Bett waren …
    Lächelnd griff Mary Beth nach ihrem Lippenstift. Der Hund fing unvermittelt an zu bellen, aber sie achtete nicht weiter darauf. Wenn er sein Geschäft zu erledigen hatte, mußte er sich eben noch eine Minute gedulden.
     
    Jerald stieß vorsichtig die Tür auf, die von der Garage in die Küche führte. So gut wie heute war es ihm schon seit Tagen nicht mehr gegangen. Erst dieses Gefühl, am Abgrund zu stehen und womöglich schon einen Schritt darüber hinaus zu sein, machte sein Leben wirklich spannend. Warum war ihm das früher nicht bewußt geworden? Er fühlte sich wie einer jener Halbgötter aus der griechischen Sagenwelt, die einen Gott zum Vater und eine Sterbliche zur Mutter gehabt hatten. Helden, die ohne lange nachzudenken, zur Tat schritten und vom Olymp gesegnet waren. Ja, genau so ein Wesen war er. Sein Vater war wie Zeus der Mächtigste von allen, der, der alles sah. Und seine Mutter war schön genug, um den Göttervater zu verlocken, und gleichzeitig mit den Makeln der Sterblichen behaftet.
    Deswegen kannte er als ihrer beider Sohn sowohl das Gefühl der Macht wie auch das der Furcht. Eine unbeschreibliche Kombination, und auch der Grund dafür, daß er für die Normalsterblichen nur Mitleid und Verachtung empfinden konnte. Sie liefen blindlings durchs Leben und wurden sich nie bewußt, wie nahe sie stets dem Tod waren.
    Jerald war der festen Überzeugung, seinem Vater von Tag zu Tag ähnlicher zu werden, so wie er alles zu sehen und alles zu wissen. Bald würde er den Computer nicht mehr benötigen, um sich den Weg zeigen zu lassen. Dann würde er es dank seiner Göttlichkeit von allein wissen.
    Er befeuchtete seine Lippen und spähte durch den Türspalt. Mit einem Hund hatte er nicht gerechnet. Jerald konnte das Tier deutlich ausmachen, wie es sich in eine Ecke der Küche zurückgezogen hatte und knurrte. Natürlich mußte er den Köter töten. Während er darüber nachdachte, glitzerten seine Zähne in der Dunkelheit. Es wäre doch wirklich eine Schande, wenn er sich nicht die Zeit für ein solches Experiment nähme. Er schob die Tür ein Stück weiter auf und wollte schon in die Küche, als er ihre Stimme hörte.
    »Himmel nochmal, Binky, jetzt reicht’s aber. Nachher wird Mr. Carlyse sich wieder beschweren.« Mary Beth bewegte sich halb blind zur Hintertür und machte sich gar nicht erst die Mühe, das Licht anzuknipsen. »Mach schon, raus mit dir.«
    Der Hund starrte immer noch auf die Tür zu Garage und knurrte.
    »Hör zu, Junge, ich habe jetzt keine Zeit für deine Spielchen. Oben wartet eine Menge Arbeit auf mich.« Sie ging zu ihm und zog ihn am Halsband. »Geh nach draußen, Binky. Ich kann es gar nicht glauben, daß du dich wegen eines dummen Kätzchens so aufregst. Wart’s nur ab, du wirst dich noch an unser Kleines gewöhnen.« Sie zerrte den Hund bis zur Tür und verabschiedete ihn mit einem nicht eben sanften Schubs in den Garten. Als sie sich umdrehte, blieb ihr das nachsichtige Lächeln im Halse stecken.
    Genauso hatte Jerald sie sich vorgestellt: sanft, warm und verständnisvoll. Natürlich hatte sie auf ihn gewartet. Mary Beth hatte sogar den Hund vor die Tür geschickt, damit sie ungestört waren. Mit ihren schreckgeweiteten Augen und dem kaum verhüllten Busen wirkte sie unbeschreiblich anziehend. Sie duftete nach Weißdorn, und er erinnerte sich, wie sie davon gesprochen hatte, sich langsam und genußvoll auf einer Wiese zu lieben. Während er sie ansah, konnte er das Gras und den Klee schon riechen.
    Jerald wollte sie in die Arme nehmen, damit sie all die wunderbaren Dinge tun konnte, die sie ihm versprochen hatte. Und danach sollte sie sein Bestes bekommen. Den ultimativen Höhepunkt.
    »Was wollen Sie?« Mary Beth konnte kaum mehr als einen Schatten wahrnehmen, aber das reichte schon aus, ihren Herzschlag zu beschleunigen.
    »Alles, was du versprochen hast, Mary Beth.«
    »Ich kenne Sie doch nicht einmal.« Bleib ruhig, befahl sie sich. Wenn der Mann gekommen war, um das Haus auszurauben, wollte sie ihn nicht daran hindern und ihm sogar noch das Kristall ihrer Großmutter aushändigen. Was für ein Glück, daß die Kinder nicht im Haus waren. Dem Himmel sei Dank dafür. Letztes Jahre waren die Feldspars ausgeraubt worden, und es hatte Monate gedauert, bis die Versicherung für den Schaden aufgekommen war. Wie lange war Harry schon fort? In ihrem Kopf purzelten die Gedanken durcheinander,

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