Verlorene Liebe
des Landes große Erfolge verbuchen. In Detroit gelang es ihm, sich der Unterstützung durch die Gewerkschaften zu versichern. Die Facharbeiter der Automobilfabriken fühlten sich in großer Zahl von seinem Slogan »Amerika den Amerikanern« angezogen und versahen ihre Fords und Chevrolets mit Aufklebern wie HAYDENS AMERIKA – STARK, SICHER, ERFOLGREICH. Er bediente sich vor ihnen einer einfachen Sprache und schaute dem Volk aufs Maul. Zehn Autoren schrieben ihm die Reden, die er dann noch überarbeitete. Schließlich bereitete er sich schon seit über zehn Jahren auf seinen Einzug ins Weiße Haus vor. Hayden wäre persönlich lieber in einem Mercedes gefahren, aber um die Stimmen der Autohochburg Detroit zu gewinnen, mietete er für sich und seinen Stab einen Lincoln an.
Sein Auftritt im Tiger Stadion wurde so stürmisch gefeiert wie der Sieg der einheimischen Baseball-Mannschaft. Das Foto, auf dem er sich mit einer Baseballkappe und einem Schläger präsentierte, zierte die Titelseite der Free Press. Die Menschenmengen, die in Michigan und Ohio zu ihm strömten, glaubten seinen Versprechungen und klatschten ihm frenetisch Beifall.
Die Vorbereitungen für seine Tour durch Kansas, Nebraska und Iowa liefen bereits auf Hochtouren. Hier galt es, die Farmer auf seine Seite zu ziehen. Dank einer günstigen Fügung des Schicksals konnte er darauf verweisen, daß bereits sein Urgroßvater hier seinen Acker bestellt hatte. Damit galt er als einer der ihren, war wie sie das Salz der Erde und ein wahrhafter Sohn Amerikas. Dabei geriet der Umstand völlig in Vergessenheit, daß er bereits in der dritten Generation in Princeton studiert hatte.
Wenn er die Wahl gewinnen würde – das Wort ›falls‹ kam ihm in diesem Zusammenhang nicht einmal im Traum in den Sinn würde er seinen Plan in die Tat umsetzen, der das Rückgrat des Landes stärken sollte. Er glaubte an Amerika, und deswegen wirkten seine kraftvollen Reden und eindringlichen Bitten, ihn bei seinen Vorhaben zu unterstützen, auch so überzeugend. Das Schicksal seiner Person wie das des Landes lag in einem tiefen Glauben verwurzelt, auch wenn Hayden wußte, daß Blut und Tränen vergossen werden mußten, um Amerika eine Zukunft zu geben. Er kannte in seinem Leben nur ein Ziel: zu herrschen. Einigen würde seine Präsidentschaft keine Vorteile bringen, andere würden Opfer bringen müssen, und wieder andere hätten dann zu leiden. Aber es gehörte zu seinen festen Grundsätzen, daß die Interessen der Mehrheit stets die irgendeiner Minderheit überwogen. Auch wenn es sich bei dieser Minderheit um seine eigene Familie handelte.
Hayden liebte seine Frau. Er hätte nie mit jemandem sein Leben teilen können, der nicht seiner Schicht entstammte. Dafür waren sein Ehrgeiz und seine Ziele viel zu sehr Bestandteil seiner selbst. Claire paßte ausgezeichnet an seine Seite, aufgrund ihres Aussehens, ihres sozialen Hintergrunds und auch ihres Auftretens. Sie war eine geborene Merriville und wie die Angehörigen des Vanderbilt- oder Kennedy-Klans in der angenehmen Umgebung von ererbtem Reichtum und hoher gesellschaftlicher Position aufgewachsen, für die sich einst die ersten Kolonisten abgerackert hatten. Claire war zudem klug genug zu wissen, daß in ihren Kreisen die Planung eines Dinners genauso ernst und wichtig zu nehmen war wie die Vorlage und Unterzeichnung eines neuen Gesetzes.
Sie hatte Hayden in dem Bewußtsein geheiratet, daß er stets neunzig Prozent seiner Energie für die Durchsetzung seiner Ziele aufbringen würde. Er war ein tatkräftiger, entschlossener Mann, der davon ausging, daß zehn Prozent seiner Zeit für die Familie völlig ausreichte. Wenn jemand ihn beschuldigt hätte, seine Lieben zu vernachlässigen, wäre er darüber eher amüsiert als erzürnt gewesen.
Er liebte seine Familie. Natürlich erwartete er von ihnen, jederzeit nach außen hin ihr Bestes zu geben. So geboten es ihm sein Stolz und seine politischen Ziele. Es freute ihn, wenn seine Frau sich für irgendeinen Anlaß besonders schön gemacht hatte. Und es begeisterte ihn, daß sein Sohn zu den Besten in seiner Schulklasse gehörte. Doch Hayden gehörte zu den Menschen, die für etwas, das ihnen selbstverständlich erschien, kein Lob erteilten. Ganz anders läge der Fall natürlich, wenn Jeralds Notendurchschnitt absacken würde. Hayden wollte das Beste für seinen Sohn und das Beste von ihm.
Er hatte frühzeitig dafür gesorgt, daß Jerald die bestmögliche Ausbildung erhielt, und es
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