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Verlorene Liebe

Verlorene Liebe

Titel: Verlorene Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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versucht. So war es für uns beide einfacher. Erst heute abend habe ich herausgefunden, daß sie süchtig war – tablettensüchtig.«
    Erst jetzt fiel ihr auf, daß sie den Polizisten zuvor nichts davon erzählt hatte. Vermutlich, weil sie es ihnen nicht mitteilen wollte. Grace atmete zitternd aus und erkannte, daß sie jetzt nicht zu Ed, dem Detective, sondern zu Ed, dem netten jungen Mann von nebenan, gesprochen hatte. Aber nun war es schon heraus, und sie konnte nicht mehr zurück. Zu spät, um auf der Hut zu sein und im Gedächtnis zu behalten, daß Ed nicht nur ein netter Mann mit freundlichen Augen war.
    »Drei gottverdammte Flaschen Valium liegen in ihrem Nachtschränkchen. Ich habe sie entdeckt, und schon bekamen Kath und ich wieder Streit. Und als ich nicht zu ihr durchdringen konnte, bin ich gegangen, weil es so einfacher war.« Sie drückte die Zigarette aus, als könnte sie damit allen Schmerz in sich tilgen, und zog sofort eine neue aus dem Päckchen. »Sie steckte in großen Schwierigkeiten, sie war verletzt, und ich habe sie einfach verlassen.«
    »Grace.« Er trat zu der jungen Frau und nahm ihr die Zigarette ab. »Meistens hilft es, wenn man sich selbst die Schuld gibt.«
    Sie starrte ihn fast eine Minute lang an. Dann riß sie die Hände vors Gesicht, und der Damm brach. »O Gott, was muß Kath für Ängste ausgestanden haben. Sie war so allein, und niemand hat ihr geholfen. Warum nur, Ed? Wie konnte jemand ihr so etwas antun? Ich bekomme es einfach nicht auf die Reihe. Ich begreife es absolut nicht.«
    Er legte seine Arme um sie und hielt sie sanft fest. Selbst dann, als ihre Finger sich in sein Hemd schoben, verstärkte er den Druck nicht. Ohne ein Wort zu sprechen, streichelte er ihr über den Rücken.
    »Ich habe sie geliebt. Habe sie aus tiefstem Herzen geliebt. Als ich hier ankam, war ich überglücklich, Kath wiederzusehen, und für eine Weile hatte es wirklich den Anschein, wir könnten die Kluft zwischen uns schließen. Endlich, nach so vielen Jahren. Und nun ist sie nicht mehr, und ich kann nichts daran ändern. Meine Mutter … O Gott, Ed, meine Mutter. Ich kann es einfach nicht ertragen.«
    Er tat das, was ihm in diesem Fall als einzig richtig erschien. Ed hob sie auf und trug sie zum Sofa, um sie zu wiegen und zu beruhigen. Er verstand wenig davon, eine Frau zu trösten, verstand nichts davon, die richtige Worte und den rechten Tonfall zu finden. Ed kannte sich mit dem Tod aus und dem Schock und Unglauben, die ihm folgten. Aber Grace war nicht eine weitere Fremde, der er Fragen stellen oder sein Mitgefühl ausdrücken mußte. Sie war die Frau, die ihm an einem schönen Frühlingsmorgen aus dem Fenster etwas zugerufen hatte. Er kannte ihren Geruch, den Klang ihrer Stimme und die kleinen Grübchen, die ihre Lippen beim Lächeln erzeugten. Und jetzt weinte sie an seiner Schulter.
    »Ich kann es nicht ertragen, daß sie mich verlassen hat«, schluchzte sie schließlich. »Und ich kann es nicht ertragen, daran denken zu müssen, was ihr zugestoßen ist … oder an das, was jetzt wird.«
    »Denken Sie nicht daran. Es hilft Ihnen nicht.« Er hielt sie fester, aber nur ein wenig. »Sie sollten heute nacht nicht hierbleiben. Ich bringe Sie besser nach nebenan.«
    »Nein, wenn meine Eltern nun anrufen … Ich … es geht nicht.« Grace preßte ihr Gesicht an seine Schulter. Sie konnte einfach keinen klaren Gedanken fassen. Solange die Tränen aus ihren Augen quollen, war ihr Verstand wie gelähmt. Und es gab doch noch so viel zu tun. Aber der Schock verlangte seinen Tribut in Form von Erschöpfung, und sie konnte sich auf nichts mehr konzentrieren. »Könnten … könnten Sie nicht hierbleiben? Bitte, ich will jetzt nicht allein sein. Bleiben Sie, sagen Sie ja.«
    »Ja. Und jetzt entspannen Sie sich bitte. Keine Angst, ich gehe nicht fort.«
     
    Er lag auf seinem Bett. Sein Herz hämmerte wie wild, und die Schreie hallten noch in seinem Kopf wider. Die Stelle am Arm, wo sie ihn gekratzt hatte, pochte dumpf. Er hatte sich einen Verband angelegt, damit kein Blut aufs Bett tropfte. Seine Mutter war sehr eigen, wenn es um die Laken ging. Der dumpfe Schmerz war wie eine ständige Erinnerung, wie ein Souvenir.
    Grundgütiger, er hätte sich nie vorgestellt, daß es so werden würde. Sein Körper, sein Geist, sogar seine Seele, wenn es so etwas überhaupt gab, waren in ungeahnte Höhen aufgestiegen. Alles andere, was er ausprobiert hatte, der Alkohol, die Drogen, das Fasten, nichts davon kam dieser

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