Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
Treppenabsatz näherte.
Wer war das?
Erst als Matej genauer hinsah, erkannte er einen gedrungenen Mann, der einen Hut in der Hand trug . Der Mann hielt inne, schaute zu ihm herüber. Matej begriff mit einem Mal das Szenario. Fast wäre er neben Eliska hocken geblieben, doch dann schossen Bilder in seinen Kopf, seine Fantasie spielte verrückt. Mit einem Schrei war er auf den Beinen und stürzte sich auf den Mann.
Der Kerl versuchte gerade, hinter der Decke zu verschwinden, doch Matej schaffte es, ihn daran zu hindern. Er stürzte sich auf den Mann. Der packte im Fallen die Decke, der Stoff riss entzwei mit einem Ratschen, bedeckte halb den Kerl, der versuchte, sich darunter hervor zu winden.
Er trat nach Matej.
Schon wieder. Wieder hat es jemand auf dich abgesehen, dachte er. Der Mann hob den Kopf und Matej blickte ihm genau n die Augen.
Für einen Moment ließ er nach. Der Mann packte ihn an der Schulter und schleuderte ihn von sich. Matej hörte, wie seine Stiefel auf die Dielen hämmerten und er sich wieder dem Treppenansatz näherte.
Seine Hand packte den nächsten Gegenstand, den sie zu fassen bekam. Etwas Hartes, Metallisches umspannte er mit seiner Hand und er schlug damit zu. Einmal. Zweimal. Der Kerl taumelt nach vorne.
Matej wich einen Schritt zurück.
Der Kerl schrie auf, drehte sich mit wutverzerrtem Gesicht um und kam auf Matej zu. Der Junge zögerte, dem Mann den Schürhaken, den er noch in seiner Hand hielt, ins Gesicht zu schlagen.
Plötzlich erklang aus der anderen Ecke des Dachbodens ein Wimmern.
Ein Engel weinte.
Sie hob den Kopf und wimmerte die Namen ihrer Geschwister. Matej starrte herüber zu seiner Schwester.
„Liska!“ Er vermochte nur noch, zu flüstern, so sehr schnürte ihm die Angst um seine Schwester die Kehle zu.
Unaufmerksam. Für einen kurzen Moment. Der reichte aus, dass der Kerl ihm den Schürhaken aus der Hand reißen konnte. Er stieß Matej vor die Brust, sodass er taumelte. Dann sauste der Haken an seinem Kopf vorbei. Matej fiel auf, dass der Kerl noch kein Wort gesagt hatte.
Er fing sich wieder.
„Wer sind Sie? Was haben Sie mit meiner Schwester gemacht?“, fragte er auf Tschechisch. Der Kerl verstand kein Wort. Er sagte auch kein Wort. Wieder sauste der Haken an Matejs Schläfe vorbei.
Geschickt duckte er sich unter dem Schlag weg. Sein Blick flog herum. Der Kerl bleckte die Zähne.
Eliska hörte nicht auf, zu wimmern.
Blitzschnell warf er sich nach links, wo der Ofen stand. Er griff nach dem Eimer, in dem der Schürhaken gesteckt hatte und in dem sonst das Holz lag. Doch jetzt war der Eimer leer. Matej spürte auch, dass der Ofen nur noch wenig Wärme abgab, als er den Eimer vom Boden aufnahm , und mit einem Schrei auf den Mann losging.
Stahl krachte auf Blech. Einmal. Noch einmal. Dann flog der Schürhaken in hohem Bogen durch die Luft und landete scheppernd auf den Dielen. Er hatte mit einem Schlag die Hand des Mannes erwischt. Der schrie auf vor Schmerz. Matej schlug weiter mit dem Eimer auf den Mann ein, der versuchte, sich mit den Armen zu schützen. Er schwang den Eimer von links nach rechts, und von rechts nach links.
Ein Schlag für alle Leiden, die er je hatte erleben müssen.
Er traf den Kerl überall, an der Brust, am Kopf. Wie rasend ging er weiter, der Kerl wich zurück. Matej war bereit, zu überleben. Egal, was mit diesem Mann passierte.
Der Kerl taumelte rückwärts und mit einem erstickten Schrei fiel er. Matej sah noch, wie plötzlich die Schuhsohlen des Mannes in die Höhe stiegen und er mit dem Kopf gegen den Ofen knallte. Mit einem ohrenbetäubenden Getöse löste sich die Konstruktion aus Ofenrohr, Dachschindeln und Steinen, die das Rohr im Dach gehalten hatte und stürzte auf den Kerl herunter. Begraben unter Ruß, Steinen und auseinandergefallenen Blechteilen des Ofenrohrs blieb er liegen.
Mit keuchendem Atem sah Matej , wie sein Bein noch einmal zuckte.
Dann war Ruhe.
Überall war Staub und Ruß.
Matej ließ den Eimer fallen. Blechern schlug er auf den Dielen auf. Der Mann war ihm egal, für Matej zählte nur noch seine Schwester. Zitternd kniete er sich neben das wimmernde Bündel und presste es gegen seine Brust.
*
Warum? Diese Frage stellte sich Pütz immer weiter, als sie durch die Gassen schritten. Was hatten diese Menschen falsch gemacht? Die Antwort auf diese Frage erschien ihr ganz einfach.
Nichts!
Während der über siebenhundertjährigen Geschichte der Roma in Europa waren sie immer wieder Ziel von
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