Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
ist. Ich bin jederzeit bei Ihnen“, sagte sie.
„Frau von Hohenstetten? Die wird aus allen Wolken fallen. Bis jetzt geht sie nicht von einer solchen Tragweite aus. Ich meine, der Tod des Mädchens hat sie getroffen. Aber das dahinter ein Ring von Zuhältern steckt … ich kann es selber noch nicht glauben.“ Kopfschüttelnd setzte er sich wieder auf seinen Ledersessel.
„Ich treffe mich mit dem Schweizer Kollegen sehr wahrscheinlic h heute wieder. Zusammen fahren wir nach Cheb, um uns dort mit jemandem zu treffen. Ebenfalls werde ich nachher Kommissar Streiter anrufen, um ihn nach den neuesten Erkenntnissen zu fragen.“
„Sie denken an ihre Anwendungen, Frau Doktor Pütz.“ Sein Protest kam schwach.
„Ich denke, dass wir beide wissen, medizinische Anwendungen sind im Moment für mich kein Thema.“
Der Professor zog seine Stirn kraus.
„Wenn wir uns darauf einigen könnten, dass Sie morgens an den Untersuchungen teilnehmen und wir Ihnen die Nachmittage zur freien Verfügung stellen. Ich habe eine Verpflichtung Ihnen gegenüber!“
Carola Pütz willigte ein.
Der Professor räusperte sich. „Wenn wir dann kurz noch über ihre Gesundheit sprechen könnten.“
„Sicher.“
„Es gibt die Möglichkeit eine Echokardiografie zu machen, Frau Doktor.“
„Was würde mir das bringen?“
„Wenn ich nicht wüsste, dass Sie einen Herzinfarkt erlitten haben, würde ich Sie für eine völlig gesunde Person halten. Aber so verhält es sich nun mal nicht. Sie sind krank und es ist unsere Aufgabe, zu beurteilen, wie krank Sie wirklich sind, Frau Doktor. Beim ‚Stressecho‘ - auch Belastungsechokardiografie genannt - handelt es sich um eine Echokardiografie, welche unter Belastung durchgeführt wird. Es gibt zwei Möglichkeiten diese Belastung herzustellen: Bei einem mechanischen Stressecho befindet sich der Patient in Links-Seitenlage auf einem speziellen Fahrradergometer. Der Patient tritt in die Pedale gegen einen langsam ansteigenden Widerstand während der Arzt die Ultraschalluntersuchung des Herzens durchführt. Bei einem medikamentösen Stressecho hingegen bekommt der Patient ein Medikament intravenös verabreicht. Ich würde bei Ihnen die aktivere Variante bevorzugen.“
Der Professor beendete seine Rede und schaute Carola Pütz an, wie ein Staubsaugervertreter, der auf den Applaus seines Lebens hoffte.
„Wenn Sie denken, dass es mir hilft, bitte. Wann soll ich Fahrrad in Seitenlage fahren?“, antwortete sie völlig unbeeindruckt.
„Wir würden das morgen anstatt des normalen Fahrradergometers machen wollen“, antwortete Wielpütz.
„In Ordnung, ich bin dann morgen früh nach dem Schwimmen hier.“
Das Gespräch war beendet.
Vor der Türe des Büros von Professor Wielpütz nahm sie neugierig ihr Handy aus der Hosentasche. Während des Gespräches hatte ihr der Vibrationsalarm ein Gespräch oder eine SMS angekündigt. Das Display zeigte zwei Anrufe. Einer war von Reto Winterhalter, der andere Anrufer war unbekannt.
Pütz schluckte.
Schon wieder.
Mit klopfendem Herzen rief sie Winterhalter an.
*
Carola Pütz hatte nicht das Gefühl, dass ihr das Leben aus den Fingern gleiten würde. Sie hatte die Kontrolle übernommen. Und dem Professor trotzdem das Gefühl gegeben, weiterhin über ihre Gesundheit wachen zu können. Natürlich war es höchst albern, mit dem Leiter einer Klinik über den Umfang und den medizinischen Sinn einer Rehabilitationsmaßnahme zu diskutieren. Dennoch hatte Pütz es getan.
Sie atmete tief durch, legte sich für eine Viertelstunde auf ihr Bett und schaute aus dem Fenster. Winterhalter hatte ihr mitgeteilt, ein Gespräch mit der Streetworkerin sei für den Nachmittag auf fünfzehn Uhr terminiert. Um vierzehn Uhr holte er sie ab.
Es war halb elf. Gleich würde sie noch eine Untersuchung über sich ergehen lassen, um sich gegen zwölf Uhr zum Mittagessen mit Frau Schmitt-Wienand zu treffen.
*
Am frühen Morgen war die kleine Hündin wieder zu ihren beiden Brüdern gestoßen. Die hatten erneut die Nacht im Wald auf dem Wolfsberg verbracht. In sicherer Entfernung zu den Menschen. Sie war ihrer Fährte gefolgt. Nachdem sie von dem Mann unsanft aus dem Park verjagt worden war. Mit seinen groben Stiefeln hatte der Kerl nach ihr getreten. So wie es bis vor einigen Tagen die anderen Männer getan hatten.
Marie war hungrig, im Gegensatz zu ihren Geschwistern. Die hatten sich bei den Tierschützern den Bauch voll gehauen. Mit den knusprigen, selber
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