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Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)

Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)

Titel: Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
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Mund mit der gleichen zwanglosen Selbstverständlichkeit, mit der zwei Freundinnen ihre Backrezepte tauschten.
    Pütz fühlte sich mit einem Schlag unbehaglich. Sie räusperte sich. Es war nicht so, dass diese Worte ihre eigenen Gedanken in entscheidender Weise ergänzt hätten. Sie hatte auch den starken Verdacht, dass diese beiden jungen Menschen, die nun draußen auf den wackeligen Stühlen saßen, ebenfalls zu den Schützlingen zählten.
    Was sie störte, war die Unausweichlichkeit, die im Hintergrund mitklang. Als Streetworkerin musste man sicher harte Bandagen fahren, sonst konn te man den Job nicht lange durchhalten. Aber konnte man schon so abgeklärt sein?
    Pütz spürte, dass sie eine Antwort geben sollte. Der Blick von Frau Schuberth ruhte geduldig auf ihrem Gesicht.
    „Ich darf Ihnen auch keine Details verraten“, antwortete sie knapp.
    „Wollen Sie mich denn nichts fragen?“ Die Augen von Katharina Schuberth versenkten sich weiter in Carola Pütz Antlitz.
    Was meinte sie?
    „Bitte?“
    „Ich habe gehört, dass Sie dabei waren, als Jolanka gefunden wurde, Sie und Herr Winterhalter.“
    „Ja, das stimmt. So verhält es sich.“
    „Wollen Sie nicht wissen, was Jolanka für ein Mädchen war?“
    Warum sollte ich mich noch mehr quälen?
    „Doch, sicherlich“, antwortete sie gegen ihren Argwohn.
    „Sie wollte aussteigen, doch man hat sie immer weiter unter Druck gesetzt“, begann Schuberth, „Noch ein paar Tage vor ihren Tod hat sie mir das berichtet.“
    „Womit hat man sie unter Druck gesetzt?“, war die logische Frage, die Pütz in den Raum warf.
    „Das weiß ich nicht. Es hatte aber nichts mit der Prostitution zu tun. Es ging um etwas anderes.“
    „Sie hat auch nichts angedeutet?“
    Schuberth schüttelte den Kopf. „Ich hatte den Eindruck, dass sie Angst hatte.“
    „Zu Recht!“, mischte sich Winterhalter in das Gespräch.
    „Aber Sie haben mir noch nichts über Jolanka erzählt. Nur über ihre Angst …“
    Schuberths Blick wurde weich. „Das ist nicht so leicht, sie zu beschreiben. Haben Sie eben Tereza und Matej gesehen? Ja, natürlich haben Sie sie gesehen, dumme Frage. Die beiden sind Roma, Jolanka war keine Roma. Ihr Vater starb, als sie dreizehn war. Dann verlor ihre Mutter ihre Arbeitsstelle als Krankenschwester. Eigentlich hätte sie eine normale tschechische Schülerin sein können. Aber sie wurde eine Prostituierte. Die Männer standen auf ihr blondes Haar und ihre blauen Augen. Ihre Intelligenz interessierte sie nicht. Ja, sie war intelligent. Daher wollte sie auch aufhören, weil sie zu intelligent war, um den Teufelskreis aus Drogen, Prostitution, AIDS und Elend nicht zu durchschauen.“
    „Diese Kinder haben schon AIDS? Und sie nehmen Drogen?“
    „Ja, viele der Zuhälter machen sie mit Drogen gefügig. Und sie haben dann auch einen Grund, ihnen ihr Geld vorzuenthalten. Für die Drogen. Das ist meist viel mehr, als sie dafür bekommen dürften. Die Kinder bemerken es meist nicht, weil sie froh sind, wenn sie keine Schläge bekommen. Sie sind meist nicht schön im Sinne des Gewöhnlichen, sie sind oft abgehärmt, von Rauschgiften und Krankheiten gezeichnet. Zumeist tragen sie billige Anoraks gegen den Regen oder die Kälte. Manche tragen aber bloß Trainingsanzüge, trotz der Kälte. In den Straßen warten sie auf die überwiegend alten Männer, die ihre jungen Körper kaufen wollen. Wir haben es hier bei uns mit zwölf - und vierzehnjährigen schwangeren Kindern zu tun, zumeist sind sie bereits an AIDS erkrankt. Mehrere dieser kleinen Mädchen leiden an der kaum heilbaren Hepatitis C.“
    „Mein Gott“, sagte Pütz , „Tut denn die Polizei nichts?“
    „Die Polizei? Die tut, was sie tun kann. Oder sie schaut weg. Ich habe scho n die teilnahmslos patrouillierenden tschechischen Polizeifahrzeuge gefilmt und das Video dann an deren Vorgesetzte geschickt.“
    „Und? Was ist geschehen?“, fragte Pütz aufgeregt.
    „Nichts.“
    „Das glaube ich nicht. Es ist doch deren Aufgabe, die Kinder zu schützen.“ Pütz schüttelte ihren Kopf.
    „Das denken Sie, Frau Doktor Pütz.“
    „Ja, das denke ich“, sagte Pütz energisch.
    Kornblumenblau.
    „Ja, so habe ich auch gedacht, als ich hier anfing. Aber ich musste sehr schnell erkennen, dass hier an der Grenze derjenige bestimmt, der das Geld bei sich trägt. H ier betreibt man die bescheidene Förderung des Grenzwohlstandes, indem man die Deutschen ins Land holt, für welche Dienstleistung auch immer sie

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