Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
zurückfallen. Damit ist dann den Kindern nicht mehr geholfen. Wir müssen uns an das halten, was wir tun dürfen. Mehr geht nicht.“
Pütz stützte sich auf der Lehne ihres Stuhles ab. Sie krallte ihre Fingernägel in das Leder. Winterhalter schaute zum dritten Mal zu ihr herüber.
Ich werde mich nicht damit zufriedengeben.
„Was dürfen Sie denn für diese Kinder tun?“, fragte Pütz bitter. Sie hatte keineswegs aufgegeben. Doch brauchte Frau Schuberth das nicht erfahren.
„Ich kann sie nach Hause bringen und versuchen, mit der Mutter zu reden.“
„Verstehen diese Kinder Deutsch?“
„Wahrscheinlich so viel, wie Sie tschechisch sprechen.“
Pütz stand auf. „Das wird reichen. Wir werden Sie nach Hause fahren, wenn Sie nichts dagegen haben?“
„Warum sollte ich Ihnen das erlauben?“
„Weil wir Ihnen helfen können.“
Schuberth warf sich in ihrem Stuhl zurück. Sie schaute zwischen Pütz und Winterhalter hin und her.
„Nein, ich kann Ihnen das nicht erlauben“, sagte sie.
„Warum nicht? Haben Sie Angst, dass die Mutter die Polizei holen wird, weil ihre Kinder von einer deutschen Ärztin und einem Schweizer Journalisten heimgebracht werden?“
Pütz legte den Kopf schief.
Schuberth erkannte , dass sie gegen dieses Argument nichts einzuwenden hatte. Ihr war nicht klar, was die Ärztin für einen Plan verfolgte.
„Wenn Sie nichts dagegen haben, dann fahren wir zusammen. Die Kinder und wir drei gemeinsam.“
„In Ordnung“, sagte Carola Pütz mit einem Lächeln. Normalerweise rief ihre Vernunft sie bei solchen Gelegenheiten zurück. Doch heute fehlte ihr die Geduld. Die ganze Situation machte sie ungeduldig. Seitdem sie dieses Büro betreten hatten, war etwas passiert. Was sie nicht einordnen konnte. Viele Gedanken poppten in ihrem Kopf auf und waren wieder verschwunden, bevor sie sie wirklich begreifen konnte.
Kinder. Stricher. Prostituierte. Mütter. Schwangerschaftsteststreifen.
Die grobe Richtung war ihr klar. Doch der Weg lag noch im Nebel.
*
Kapitel 7
Bad Elster
Dunkelheit. Sie hatten lange gebraucht für die Rückfahrt. Nachdem sie sich noch vor dem Elternhaus von Tereza und Matej verborgen gehalten hatten. Solange, bis Tereza mit ihrer kleinen Schwester aus dem Haus gekommen war. Pütz hatte die Hand der Kleinen genommen und ihr in die Augen geschaut.
Braune Augen. Groß. Gefühlvoll.
Katharina Schuberth hatte einige Worte auf Tschechisch mit ihr gewechselt. Die kleine Eliska hatte sie nur groß angeschaut und dann mehrmals genickt. Daraufhin sprudelte es aus ihr heraus wie aus einem Wasserfall.
„Was haben Sie ihr gesagt?“, fragte Pütz.
„Ich habe ihr gesagt, dass ihre Geschwister auf sie aufpassen werden. Sie hat Angst. Schreckliche Angst. Mehr konnte ich ihr nicht sagen, ohne sie völlig zu verunsichern.“
Nachdem Tereza ihre kleine Schwester wieder die vier Treppenstufen bis zur Haustüre geschoben hatte, verbargen sie sich wieder. Die Mutter der Kinder durfte sie auf keinen Fall sehen.
Die kleine Gruppe wechselte vielsagende Blicke in ihrem Versteck. Keiner sprach ein Wort.
Doch schließlich hatten sie sich wieder in Winterhalters Saab geklemmt und waren nach Bad Elster zurückgefahren. Katharina Schuberth verabschiedete sich von Winterhalter und Pütz und fuhr zurück in die Innenstadt.
Der erste Schnee fiel anderthalb Stunden später.
„Erinnern Sie sich, was der Junge über die Polizei gesagt hat?“, fragte Pütz Winterhalter, als sie auf derselben Parkbank saßen, auf der sie schon einen Abend zuvor gesessen hatte.
„Natürlich“, antwortete er missmutig. Mit dem Schuh schob er etwas Schnee zusammen und drückte ihn mit dem Absatz platt.
Die Worte von Matej hallten auch in seinem Kopf nach.
"Die Polizei greift eigentlich nie ein. Die laufen großspurig herum, kontrollieren nur uns Ältere, ob wir Papiere haben. Aber die Kleinen lassen sie laufen. Mit denen wollen sie sich nicht beschäftigen. Das ist den Herren unangenehm. Die schauen wirklich weg. Unsere Polizei ist eine absolute Null."
Das hatte Matej gesagt, als sie zusammen zu den Autos gegangen waren. Es waren natürlich die Worte von Katharina Schuberth gewesen. Die Frau übersetzte das, was Matej mit Wut in der Stimme hervorgepresst hatte. Sie verstanden die Worte nicht, doch seine Emotionen sehr wohl.
„Wie kann man denn dort helfen? Wenn die Polizei und auch die Politik versagt?“
Pütz antwortete, ohne ihn anzuschauen.
„Das fragt ein Journalist? Ist das ihr
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