Verlorene Seelen - Carola Pütz erster Fall (Der neue Roman vom Autor der Oliver-Hell-Reihe)
Lampen sanft beleuchtet. Hätte sie nicht den Hund verborgen halten müssen, sie wäre stehengeblieben und hätte sich an dem Bild erfreut.
Sie öffnete die Türe, hinter der der Gang nach rechts in Richtung der Rezeption führte. Nach links gewandt, war nach kurzer Zeit eine Türe, die in den Garten führte. Nachts war diese Türe verschlossen, man konnte nur hinaus. Eine Fluchttüre. Tagsüber stand sie teilweise offen, wenn draußen die Gärtner etwas zu erledigen hatten. Bevor Pütz nach draußen trat, vergewisserte sie sich, dass der Hausmeister auf seinem Gefährt nicht in ihre Richtung unterwegs war. Sie sah ihn nicht, das Tuckern des Traktors schien ihr ebenfalls weiter entfernt zu sein.
Mit schnellen Schritten lief sie durch den Park und suchte nach einem schmiedeeisernen Tor. Einem Nebeneingang. Diesen hatte sie schon einmal benutzt, als sie abends unterwegs gewesen war. Hinter einem großen Rhododendronbusch musste das Tor sein. Sie steuerte auf den nächsten Rhododendron zu, den sie sah. Wahrhaftig, sie hatte das Tor gefunden.
„Marie, gleich darfst Du wieder laufen“, raunte sie ihrem Mantel zu. Der Hund begann wieder, zu zappeln.
Sie öffnete das Tor leise, schritt hindurch und knöpfte den Mantel halb auf. Sofort erschien das neugierig blickende Gesichtchen des Junghundes. Sie holte den Hund heraus und setzte ihn auf den Weg.
„Los, deine Blase muss doch bis zum Bersten voll sein. Meine wäre es jedenfalls, wenn ich die ganze Nacht nichts hätte machen können.“
Mit einem Mal fiel ihr ein, dass der Hund auch nicht getrunken hatte, ebenso, wie er nichts zu fressen gehabt hatte.
Marie schnüffelte sofort den Boden ab und tapste los. Amüsiert folgte sie dem Hund mit den Augen. Sie hatte irgendetwas erschnüffelt und zog ihre Stirn kraus. Dann hob sie ihr Beinchen und pinkelte einen fetten Strahl auf die Stelle, die sie eben beschnüffelt hatte.
„Marie, du bist ein Mädchen. Mädchen hocken sich hin beim Piseln, die heben nicht das Bein. Ich glaube, deine Brüder waren kein guter Umgang für dich.“
Marie horchte, hob den Kopf und stolperte beinahe über eine Beetumrandung. Pütz lachte laut los. „Du Clown!“
Pütz ging in Richtung des Café-Restaurants ‚Waldschlösschen‘. Marie folgte ihr, schnüffelte hier und da. Wenn sie das Gefühl hatte, Pütz sei zu weit entfernt, rannte sie los. Ihre Ohren flogen, die kleinen Beinchen überschlugen sich beinahe. Pütz kicherte. Ohne dass sie es sich eingestanden hätte, war ihr klar, diesen Hund würde sie nicht mehr hergeben. Und schon warfen sich eine Menge Probleme vor ihr auf.
Wie manage ich es, den Hund unerkannt in der Klinik zu halten?
Was mache ich mit dem Hund tagsüber?
Woher bekomme ich jetzt Futter für einen Hund?
In der Küche der Klinik konnte sie nicht fragen. Dort würde man sie sofort verraten. Nein, sie brauchte einen Plan. Sie machte sich keine Gedanken darum, weil es bisher immer nach einem bestimmten Schema abgelaufen war: ein Plan war wie eine lange gesuchte Stadt, die plötzlich in der Nacht auftauchte. Ein Zeichen. Ein Straßenschild. Eine Rettung.
Maries Plan an diesem Morgen war ein ganz Einfacher. Sie machte einen überdimensionalen Haufen. Die Tierschützer und auch die anderen Menschen in Bad Elster hatten die drei Hunde sicher sehr gut gefüttert. Also waren sie es gewohnt, immer genug, zu fressen zu haben.
Das Frühstück brachte sie in einer Rekordgeschwindigkeit hinter sich. Bevor ihre Tischgenossen auch nur den ersten Bissen zu sich genommen hatten, verabschiedete sie sich mit einer sanft gemurmelten Entschuldigung bei Frau Schmidt-Wienand und Frau Schleisieck.
Für Marie hatte sie ein paar Scheiben Wurst zusammengepackt. Auf einem kleinen Teller lag die Wurst. Marie saß solange davor, bis sie ihr einen Wink gab.
Wie gut erzogen dieser Hund schon war.
Wer hatte sich die Mühe gemacht? Bislang war sie davon ausgegangen, dass die Züchter, oder besser gesagt, die Vermehrer, nur auf den Profit aus waren. Trotzdem hatte sich einer aus deren Umfeld die Mühe gemacht, Marie ein paar Sachen beizubringen.
Pütz beobachtete den Hund beim Fressen. Wie niedlich sie dabei ihre kleinen Augen schloss.
Nachdem sie alles aufgefressen hatte, leckte sie sich ihr Mäulchen. Pütz kniete sich neben sie und kraulte ihr den Kopf. Sie hob den Hund auf und setzte ihn auf das Bett. Marie ringelte sich sofort zufrieden zusammen. Welpen brauchten noch viel Schlaf.
Um keine Gefahr einzugehen, holte sie das rote Schild
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