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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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man um den Hals, und deshalb ist es 123
    auf makabre Weise genau das Richtige.«
    »Und die Verwendung von Weiß?«
    »Symbolisiert Absolution, Rettung der Seele.«
    Unwillkürlich breitete er die Hände aus, eine
    jahrhundertealte Geste.
    Tess nickte zustimmend. »Die Absolution von einer Sünde. Gegen ihn selbst?«
    »Möglicherweise. Aber einer Sünde, die vielleicht zum Tod oder spirituellen Untergang der Frau führte, die er zu retten fortfährt.«
    »Er übernimmt die Rolle Christi? Als Erlöser?« fragte Ben. »Und wirft dabei den ersten Stein?«
    Da Logan ein Mann war, der sich Zeit ließ und
    vorsichtig zu Werke ging, lehnte er sich zurück und massierte sich das Ohrläppchen. »Er sieht sich nicht als Christus, zumindest noch nicht. Nach seiner Vorstellung ist er ein Werkzeug Gottes, Detective, und weiß, daß er sterblich ist. Er trifft Vorsichtsmaßnahmen, um sich zu schützen. Ihm ist bewußt, daß die Gesellschaft seine Mission nicht akzeptabel fände, doch er handelt auf höheren Befehl.«
    »Also wieder Stimmen.« Ben zündete sich eine Zigarette an.
    »Stimmen, Visionen. Für einen Schizophrenen sind sie genauso real wie die Wirklichkeit, oft sogar noch realer.
    Hier handelt es sich nicht um das Phänomen der gespaltenen Persönlichkeit, Detective, sondern um eine Erkrankung, eine biologische Funktionsstörung.
    Möglicherweise hat er die Krankheit schon jahrelang.«
    »Der erste Mord war im August«, entgegnete Ben. »Wir haben bei den Morddezernaten im ganzen Land
    nachgefragt. Es hat nirgendwo Morde mit diesem 124
    Tatverlauf gegeben. Das Ganze hat hier angefangen.«
    Die Detailarbeit der Polizei interessierte Logan zwar, doch er ließ sich nicht davon beeinflussen. »Vielleicht war er in einer Genesungsphase, und irgendeine Art von Streß hat die Symptome wieder zum Vorschein gebracht und zu den Morden geführt. Im Moment ist er zwischen dem, was ist, und dem, was zu sein scheint, hin- und hergerissen. Er leidet, und er betet.«
    »Und er tötet«, sagte Ben nüchtern.
    »Ich erwarte kein Mitgefühl von Ihnen.« Logan, mit seinen dunklen Priesteraugen und kräftigen Händen, sprach in ruhigem Ton. »Das fällt in meinen und Dr. Courts Zuständigkeitsbereich, nicht in Ihren, denn Sie haben mit dem Fall auf andere Weise zu tun. Keiner von uns möchte, daß er noch jemanden tötet, Detective Paris.«
    »Sie glauben also nicht, daß er einen Christuswahn hat«, warf Ed ein, während er fortfuhr, sich fleißig Notizen zu machen. »Nehmen Sie das nur deswegen an, weil er Vorsichtsmaßnahmen trifft? Christus wurde schließlich physisch vernichtet.«
    »Ein exzellentes Argument.« Seine klare Stimme wurde voller. Nichts liebte er mehr, als wenn einer seiner Studenten seine Theorien in Frage stellte. Logan blickte vom einen Polizisten zum anderen und kam zu dem Schluß, daß sie gut zusammenpaßten. »Trotzdem glaube ich, daß er sich nur für ein Werkzeug hält und für nichts weiter. Die Religion – ihre Struktur, ihre Grenzen, ihre Traditionen – spielt hier eine größere Rolle als die Theologie. Er tötet als Priester, ganz gleich, ob er einer ist oder nicht. Er erteilt Absolution und vergibt als Gottes Bevollmächtigter«, fuhr er fort und sah, wie Ben zusammenzuckte.
    »Nicht als Gottes Sohn. Ich habe eine interessante 125
    Theorie entwickelt, auf die Sie nicht gekommen sind, Dr. Court.«
    Sofort war sie ganz Ohr. »Ach?«
    Er lächelte, da er merkte, daß sie sich in ihrer Berufsehre gekränkt fühlte. »Was durchaus verständlich ist. Sie sind nicht katholisch, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Das Ermittlungsteam hat die Sache ebenfalls
    übersehen.«
    »Ich bin Methodist«, warf Ed ein, der sich nach wie vor Notizen machte.
    »Ich will Sie ja nicht bekehren.« Er nahm seine Pfeife in die Hand und fing an, sie zu stopfen. Seine Finger waren plump und breit, die Nägel ordentlich geschnitten. Ein paar Tabakkrümel fielen auf seinen gelben
    Rollkragenpullover und blieben daran haften. »Das Datum des ersten Mordes, der fünfzehnte August, ist ein katholischer Festtag.«
    »Maria Himmelfahrt«, murmelte Ben unwillkürlich.
    »Genau.« Logan fuhr fort, seine Pfeife zu stopfen, und lächelte. Ben kam sich vor, als hätte er im
    Religionsunterricht eine richtige Antwort gegeben.
    »Ich war mal katholisch.«
    »Ein weitverbreitetes Problem«, sagte Logan und zündete seine Pfeife an.
    Keine Strafpredigt, kein priesterliches Stirnrunzeln. Ben merkte, wie seine Schultermuskeln sich entspannten. Sein Geist

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