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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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begann zu arbeiten. »Den Daten habe ich keine Beachtung geschenkt. Glauben Sie, diese sind von Bedeutung?«
    Sorgsam entfernte Logan die Tabakkrümel von seinem Pullover. »Möglicherweise.«
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    »Tut mir leid, Monsignore.« Tess hob die Hände. »Aber das müssen sie mir erklären.«
    »Der fünfzehnte August gilt in der Kirche als der Tag, an dem die Heilige Jungfrau gen Himmel aufgefahren ist. Die Mutter Gottes war eine Sterbliche, aber sie hat den Erlöser in ihrem Schoß getragen. Wir verehren sie als gesegnetste und reinste unter den Frauen.«
    »Reinste«, murmelte Tess.
    »Für sich genommen hätte ich dem Datum vielleicht gar keine allzu große Beachtung geschenkt«, fuhr Logan fort.
    »Doch irgendwie wurde ich dadurch angeregt, im Kirchenkalender nachzusehen. Der zweite Mord passierte an dem Tag, an dem wir Marias Geburt feiern.«
    »Er sucht sich die Tage aus, an denen sie – pardon –
    Maria von der Kirche geehrt wird?« Ed hielt kurz im Schreiben inne und blickte fragend auf.
    »Der dritte Mord fällt auf das Fest Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz. Ich habe Ihren Unterlagen einen Kirchenkalender beigelegt, Dr. Court. Ich halte es nicht für Zufall, daß die Trefferquote drei von drei beträgt.«
    »Da stimme ich Ihnen zu.« Tess stand auf, weil sie sich die Sache unbedingt selbst ansehen wollte. Sie nahm den Kalender in die Hand und studierte die Daten, die Logan mit einem Kreis gekennzeichnet hatte. Draußen wurde es allmählich schummrig. Logan schaltete das Licht an, das sich über das Blatt in ihren Händen ergoß.
    »Das nächste Datum, das Sie gekennzeichnet haben, ist erst am achten Dezember.«
    »Das Fest der Unbefleckten Empfängnis.« Logan paffte an seiner Pfeife.
    »Das hieße, daß acht Wochen zwischen den Morden liegen«, rechnete Ed aus. »Es waren aber nie mehr als 127
    vier.«
    »Und wir wissen nicht, ob er emotional in der Lage ist, so lange zu warten«, fügte Tess leise hinzu. »Er könnte das Muster, nach dem er vorgeht, ändern. Irgendein Vorfall könnte ihn veranlassen, vorher zu handeln. Er könnte sich ein Datum aussuchen, das für ihn persönlich bedeutsam ist.«
    »Den Geburts- oder Todestag von jemand, der für ihn wichtig ist.« Ben zündete sich eine weitere Zigarette an.
    »Einer Frau.« Tess klappte den Kalender zusammen.
    » Der Frau.«
    »Ich gebe zu, daß der Streß, unter dem er steht, zunimmt.« Logan legte seine Pfeife hin und beugte sich vor.
    »Das Bedürfnis, sich Erleichterung zu verschaffen, könnte so stark werden, daß er früher zuschlägt.«
    »Wahrscheinlich hat er auch irgendwelche physischen Beschwerden.« Tess steckte den Kalender in ihre Aktentasche. »Kopfschmerzen, Übelkeit. Wenn diese Beschwerden so groß werden, daß er sein normales Leben nicht mehr weiterführen kann …«
    »Genau.« Logan faltete erneut die Hände. »Ich
    wünschte, ich könnte Ihnen mehr helfen. Ich würde gern noch einmal mit Ihnen über diese Sache sprechen, Dr. Court.«
    »Jetzt haben wir erst einmal einen Anhaltspunkt.« Ben drückte seine Zigarette aus, während er aufstand. »Wir konzentrieren uns auf den achten Dezember.«

    »Es ist nur ein Krümel von einem Anhaltspunkt«, sagte Ben, als sie in die kühle Abenddämmerung hinaustraten.

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    »Aber ich bin bereit, darauf einzugehen.«
    »Ich wußte gar nicht, daß du katholisch bist.« Tess knöpfte ihren Mantel zu, um sich gegen den
    auffrischenden Wind zu schützen. »Vielleicht ist das ganz vorteilhaft.«
    »Ich war es mal. Und da wir gerade von Krümeln sprechen, hast du Hunger?«
    »Wie ein Wolf.«
    »Gut.« Er legte den Arm um sie. »Dann können wir Ed überstimmen. Dir steht ja sicher nicht der Sinn nach Joghurt und Luzernensprossen, oder?«
    »Äh …«
    »Ben wird irgendwo anhalten und einen fettigen Hamburger essen wollen«, meldete Ed sich zu Wort. »Was der Mann in sich hineinstopft, ist widerwärtig.«
    »Wie wäre es denn mit chinesischem Essen?« Das war der beste Kompromiß, der ihr einfiel, während sie ins Auto stieg. »In der Nähe meines Büros gibt es ein tolles kleines Restaurant.«
    »Ich hab’ dir doch gesagt, die Frau ist klasse«, bemerkte Ed, als er auf dem Fahrersitz Platz nahm. Er machte den Sicherheitsgurt fest und wartete mit der Geduld eines weisen, entschlossenen Menschen, daß Ben seinem Beispiel folgte. »Die Chinesen haben den nötigen Respekt vor dem Verdauungssystem.«
    »Klar, sie stopfen es in einem fort mit Reis voll.« Ben warf einen Blick über die Schulter und sah,

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