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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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    finden. Ich habe zu Hause eine Flasche Wein, einen spritzigen Zinfandel, den ich für eine besondere Gelegenheit aufgehoben habe. Warum fahren wir nicht zu mir, lassen den Korken knallen und legen die Füße hoch?«
    Damit er anfangen konnte, an ihren Zehen zu knabbern, vermutete Tess, und sprach im stillen ein Dankgebet, als die Tür des Fahrstuhls wieder aufging. »Nein, danke, Frank.«
    Im Vestibül legte sie einen Zahn zu, konnte ihn jedoch nicht abschütteln.
    »Warum gehen wir dann nicht auf einen Sprung ins Mayflower, um in aller Ruhe etwas zu trinken und ein bißchen Musik zu hören, ganz ohne Fachsimpelei?«
    Champagnercocktail im Mayflower. Nach Bens Ansicht war das ihr Stil. Vielleicht war es an der Zeit, ihm – und Frank Füller – zu beweisen, daß dies nicht zutraf.
    »Das Mayflower ist für meinen Geschmack ein bißchen zu spießig, Frank.«
    Als sie in die frostige Dunkelheit des Parkplatzes hinaustraten, schlug sie den Kragen hoch. »Aber ich habe sowieso keine Zeit für Geselligkeit. Du solltest mal diesen neuen Club gleich um die Ecke ausprobieren, Zeedo’s.
    Nach allem, was ich gehört habe, ist es so gut wie unmöglich, dort niemanden aufzureißen.« Sie zog ihre Schlüssel aus der Tasche und sperrte das Schloß ihrer Autotür auf.
    »Woher weißt du …«
    »Frank.« Sie schnalzte mit der Zunge und tätschelte ihm die Wange. »Werd endlich erwachsen.« Entzückt von sich selbst und seinem verblüfften Gesichtsausdruck, stieg sie ins Auto. Als sie zurücksetzte, warf sie einen Blick über die Schulter, ohne dabei groß auf den Mann zu achten, der am Rande des Parkplatzes in der Dunkelheit stand.
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    Kaum war sie zur Tür herein und hatte Mantel und Schuhe ausgezogen, als es klopfte. Wenn es Frank war, würde sie alle Höflichkeit vergessen, nahm Tess sich vor, und ihm gehörig die Meinung sagen.
    Vor ihr stand Senator Jonathan Writemore, bekleidet mit einem Mantel aus der Savile Row, in den Händen einen roten Pappkarton mit Hühnchen und eine schmale Papiertüte.
    »Großpapa.« Im Nu war die innere Spannung, die Tess bisher gar nicht bemerkt hatte, fast völlig verflogen. Sie atmete tief ein und konnte die Gewürze riechen. »Ich hoffe, du bist nicht unterwegs zu einem heißen Date.«
    »Ich bin hierher unterwegs.« Er drückte ihr den Karton mit Hühnchen in die Hand. »Das Zeug ist noch heiß, Mädel. Ich habe extra scharf genommen.«
    »Mein Held! Ich wollte mir gerade ein Käsesandwich machen.«
    »Typisch. Hol Teller und massenhaft Servietten.«
    Sie huschte in die Küche und stellte im Vorbeigehen den Karton mit Hühnchen auf den Tisch. »Heißt das, daß ich morgen abend nicht zum Dinner eingeladen bin?«
    »Das heißt, daß du diese Woche zweimal was
    Anständiges zu essen bekommst. Vergiß den
    Korkenzieher nicht. Ich habe eine Flasche Wein dabei.«
    »Hauptsache, es ist kein Zinfandel.«
    »Was?«
    »Ach, schon gut.« Tess kam mit Tellern,
    Leinenservietten, zwei ihrer besten Weingläser und einem Korkenzieher zurück. Nachdem sie den Tisch gedeckt und die Kerzen angezündet hatte, drehte sie sich um und umarmte ihren Großvater voller Ungestüm. »Ich bin so froh, daß du gekommen bist. Woher wußtest du, daß ich 222
    heute abend Aufmunterung brauche?«
    »So was wissen Großväter eben.« Er küßte sie auf beide Wangen. Dann sah er sie mit finsterer Miene an. »Du ruhst dich zuwenig aus.«
    »Bist du Arzt oder ich?«
    Er gab ihr einen Klaps auf den Hintern. »Setz dich, Mädel.« Als sie gehorchte, wandte er seine
    Aufmerksamkeit der Weinflasche zu. Während er sich mit dem Korken befaßte, nahm Tess den Deckel des Kartons ab. »Gib mir eine von diesen Hühnertitten.«
    Sie kicherte wie ein Teenager und legte das Fastfood auf das beste englische Porzellan ihrer Mutter. »Deine Wähler wären ganz schön schockiert, wenn sie hören würden, wie du von Hühnertitten sprichst.« Sie selbst nahm sich eine Keule und war hocherfreut, als sie auch noch einen Karton mit Pommes frites entdeckte. »Wie läuft’s im Senat?«
    »Es ist eine Menge Scheiße nötig, damit Blumen wachsen, Tess.« Er zog den Korken heraus. »Ich sammle immer noch Stimmen, um das Gesetz zur
    Krankenversicherungsreform durchzubekommen. Ich weiß nicht, ob ich noch vor den Feiertagen genug Leute zusammenkriege, die mich unterstützen.«
    »Dieses Gesetz ist eine gute Sache. Ich bin stolz auf dich.«
    »Schmeichlerin.« Er schenkte ihnen Wein ein. »Wo ist der Ketchup? Pommes kann ich nicht ohne Ketchup

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