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Verlorene Seelen

Verlorene Seelen

Titel: Verlorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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… gesättigt fühlen.«
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    »Wie?«
    Sie schüttelte den Kopf, da sie nicht recht wußte, wie sie es erklären sollte.
    Vom Altar kamen die feierlichen Worte: »… wie es dir gefallen hat, das Opfer Abels anzunehmen und das Opfer unseres Vaters Abraham und das deines Hohenpriesters Melchisedek, eine heilige Gabe, ein unbeflecktes Opfer.«
    »Ein unbeflecktes Opfer«, wiederholte Tess. »Weiß steht für Reinheit.« Mit dumpfem Entsetzen sah sie Ben an. »Es geht gar nicht so sehr um Rettung, sondern vielmehr um Opferung. Und wenn er hier ist, verdreht er das alles so, daß er in sein Tun bestätigt wird. Hier würde er nicht zusammenbrechen, hier nicht. Er nährt sich von alldem auf unnatürlichste Weise.«
    Sie sah, wie der Priester die Hostie verzehrte und, nachdem er das Zeichen des Kreuzes gemacht hatte, den Wein trank. Symbole, dachte sie. Doch wieweit nahm ein bestimmter Mann diese Symbole wörtlich?
    Der Priester hielt die Hostie hoch und sagte mit klarer Stimme: »Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt. Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.«
    Einige der Anwesenden schoben sich aus den Bänken und schlurften den Gang hinunter, um die Kommunion zu empfangen.
    »Glaubst du, er würde zur Kommunion gehen?«
    murmelte Ben, während er die sich langsam
    fortbewegende Schlange beobachtete.
    »Keine Ahnung.« Sie fröstelte und fühlte sich plötzlich unsicher. »Ich glaube, er müßte es. Das ist doch eine Erneuerung, nicht wahr?«
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    Der Leib Christi.
    »Ja, so ist es gedacht.«
    Der Mann, der im Gesangbuch herumgeblättert hatte, erhob sich, um zum Altar zu gehen. Der andere Mann, den Ben beobachtet hatte, blieb mit gesenktem Kopf sitzen, entweder weil er betete, oder weil er eingenickt war.
    Dann war da noch ein anderer, der spürte, wie das Bedürfnis und das Verlangen heftig in ihm aufstiegen, so heftig, daß seine Hände fast zitterten. Er wollte die Opfergabe, das Fleisch seines Herrn in sich aufnehmen, um von allen Sünden reingewaschen zu werden.
    Während er dasaß, füllte sich die Kirche mit Stimmen.
    »Du bist in Sünde geboren«, hatte seine Mutter zu ihm gesagt. »Du bist als unwürdiger Sünder geboren. Das ist eine Strafe, eine gerechte Strafe. Dein ganzes Leben lang wirst du sündigen. Wenn du in Sünde stirbst, ist deine Seele verdammt.«
    »Sühne«, hatte Pfarrer Moore ihm eingeschärft. »Du mußt Sühne leisten, bevor eine Sünde vergeben und die Absolution erteilt werden kann. Sühne. Gott verlangt Sühne.«
    Ja, ja, das verstand er. Er hatte mit der Sühne begonnen.
    Er hatte dem Herrn vier Seelen dargebracht. Vier verlorene, suchende Seelen, um für die, die Laura verloren hatte, zu zahlen. Um den vollen Preis zu entrichten, mußte er noch zwei Seelen opfern. So verlangte es die STIMME.
    »Ich will nicht sterben.« Im Delirium hatte Laura seine Hände gepackt. »Ich will nicht in die Hölle kommen. Tu doch etwas. O Gott, bitte tu doch etwas!«
    Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten, um dann am Altar auf die Knie zu fallen und die Hostie in sich aufzunehmen. Doch dessen war er nicht würdig. Erst wenn 278
    seine Mission beendet war, würde er dessen würdig sein.
    »Der Herr sei mit euch«, sagte der Priester mit klarer stimme.
    »Et cum spiritu tuo«, murmelte er.

    Tess ließ sich die frische Brise, die draußen ging, ins Gesicht wehen, was nach über drei Stunden Gottesdienst eine belebende Wirkung hatte. Ihre Frustration stellte sich wieder ein, als sie sah, wie einige Nachzügler die Kirche verließen und zu ihren Autos schlenderten; überdies hatte sie das unbestimmte, nagende Gefühl, daß der Gesuchte die ganze Zeit in ihrer Nähe gewesen war.
    Sie hakte sich bei Ben ein. »Und was jetzt?«
    »Jetzt fahre ich aufs Revier und erledige ein paar Anrufe. Da ist Roderick.«
    Roderick kam die Stufen herunter und nickte Tess zu.
    Dann nieste er dreimal in sein Taschentuch.
    »Entschuldigung.«
    »Du siehst furchtbar aus«, bemerkte Ben und zündete sich eine Zigarette an.
    »Vielen Dank. Pilomento überprüft gerade ein
    Nummernschild. Er sagt, während des letzten
    Gottesdienstes habe auf der anderen Seite vom Gang ein Typ gesessen, der dauernd etwas vor sich hin gemurmelt habe.« Er steckte das Taschentuch weg und fröstelte ein wenig im Wind. »Ich wußte nicht, daß Sie auch dasein würden, Dr. Court.«
    »Ich dachte, daß ich Ihnen vielleicht behilflich sein könnte.«

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