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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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das Schwert Noran Karwanders«, rief er euphorisch, »das Schwert Cor, welches Ecorim zum Sieg über Arch Themur führte.« Die Waffe in seiner Faust schien mit jedem Wort zu vibrieren, als spräche der glänzende Stahl selbst zu der Versammlung. »Der größte Held, den die Ostlande jemals hervorgebracht haben, kam damit nach Seewaith, weil er zum schmachvollen Verzicht auf den Thron gezwungen worden war.« Ardens Stimme hallte in den Köpfen der Ratsmitglieder wider wie der Schlag einer Glocke. Jedes seiner Worte war eine Offenbarung. »Und dort musste er sogar seine eigene Familie verleugnen, um den Mordgesellen in Tuet keinen Anlass für ein feiges Attentat zu liefern. Nur dadurch konnte er das Leben seines einzigen Sohnes schützen! Mein Leben!« Arden machte eine kurze Pause, um sich gespannte Stille für seinen letzten Satz zu verschaffen: »Ich, Arden Erenor, bin Ecorims leiblicher Sohn!« Wie eine Welle schlug das Gewicht dieser Enthüllung über den Versammelten zusammen. Mit einem Mal machte für die Ratsmitglieder alles einen Sinn.
    »Ich bin der Sohn Ecorims«, wiederholte Arden eindringlich, »und damit der letzte lebende Nachkomme der Häuser Erenor und Karwander. Ich allein bin der legitime Thronfolger des großen Noran Karwander, und deshalb werde ich mich hier und heute zum König eines neuen vereinigten fendländisch-citheonischen Reichs ausrufen lassen!«
    In Ardens Worten lag eine solche Kraft, dass selbst Estubart plötzlich den Wunsch verspürte, ihm begeisterte Zustimmung entgegenzurufen. Tief verborgen in seinem Bewusstsein gab es indes eine leise Stimme, die ihn davon abhielt zu jubeln, weil es irgendwie falsch erschien, was hier geschah. Die anderen Räte übten hingegen weit weniger Zurückhaltung, denn als die vier jungen Ecorimkämpfer Targ, Deran, Eringar und Meatril nun nach vorn neben Arden traten und gemeinsam »Lang lebe der König!« brüllten, fielen beinahe alle Anwesenden spontan in diesen Ruf mit ein. Wie weggeblasen schien der Groll über Ardens anmaßendes Gebaren, seine ungeheuerlichen Anschuldigungen gegen König Jorig und die Verriegelung des Ratsgebäudes. Nur noch die Jubelrufe zu Ehren des neuen Königs erschallten, während das hoch erhobene Schwert in Ardens Hand über ihren Häuptern funkelte wie ein Stern am Nachthimmel.

    Die vielstimmigen Hochrufe aus dem Ratssaal drangen bis in den Seitentrakt des Bauwerks, wo den ehemaligen Bewohnern der Kriegerschule Ecorim ihre einstweiligen Unterkünfte eingerichtet worden waren. Tarana saß dort auf einem der behelfsmäßig aufgestellten Feldbetten und starrte die weiß getünchte Wand an. Das Mädchen Thalia spielte schweigsam zu ihren Füßen mit einigen hölzernen Figuren, die ihr Eringar geschnitzt hatte. Sie war das einzige Kind, das nach dem Brand nicht wieder zurück zu seinen Eltern hatte geschickt werden können, da diese nirgends aufzufinden gewesen waren. Deshalb hatte sich Tarana angeboten, sich um die Kleine zu kümmern, bis man eine bessere Bleibe für sie gefunden hatte. Bislang war noch nicht ein Wort über die Lippen des Mädchens gekommen, obwohl andere Kinder in ihrem Alter normalerweise eher dazu neigten, ihre Umgebung mit einem niemals verebbenden Wortschwall zu überschütten. Nicht so Thalia, deren Stimme noch kein einziges Mal zu vernehmen gewesen war, seit sie die Schule Ecorim betreten hatte. Irgendetwas musste dem zarten Geschöpf schreckliche Angst eingejagt haben, oder aber sie war stumm geboren.
    Doch auch Tarana stand der Sinn nicht nach großen Reden, und die anhaltenden Jubelrufe aus dem Saal nebenan drangen so störend in ihre kleine Oase der Ruhe ein wie Marktgeschrei in ein Heiligtum des Xelos. An ihrer linken Hand, wo ihr Megas den kleinen Finger abgeschnitten hatte, trug sie einen dicken Verband. Auch ihre Brust schmerzte von dem Pfeil, der sie in jener grauenvollen Nacht getroffen, aber wie durch ein Wunder nicht getötet hatte. Sie war jedoch noch unschlüssig, ob sie darüber wirklich froh sein sollte, denn auch wenn sie selbst überlebt hatte, die beiden wichtigsten Menschen in ihrem Leben waren ihr in dieser Nacht des Feuers genommen worden – ihre beste Freundin und der Mann ihres Herzens. Eine Bitterkeit stieg in ihr auf, die sich wie eine Hand um ihre Kehle legte und zudrückte, bis sie glaubte, ersticken zu müssen. Der Wert ihres Lebens wirkte unversehens so gering, nichtig, ohne Bedeutung, dass sie versucht war, sich in das nächste greifbare Schwert zu stürzen. Wie eine

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