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Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm

Titel: Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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vollbringen können.«
    »Glaubst du wirklich«, entgegnete der Tileter angriffslustig, »die ewig junge Göttin, deren größte Gabe das Leben ist, wie du selbst gesagt hast, findet einen solchen Umgang mit ihren Geschenken gut?« Er war aufgesprungen und wies zornig auf die Leiche des verbrannten Gardisten.
    Verständnislos blickte der blonde Fendländer erst auf den wütenden Rai, dann auf den toten Soldaten. »Ich weiß nicht, was du meinst«, erwiderte er, »in einem Kampf gibt es nun einmal Tote.«
    »Du hast ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, abgestochen!«, rief Rai aufgebracht. »Bin ich denn der Einzige hier, dem es etwas ausmacht, wenn Menschen auf diese Weise umgebracht werden?«
    »Jetzt beruhige dich erst mal wieder«, meinte Kawrin beschwichtigend. »Ich wollte nur sein Leiden beenden. Damit hatte er wahrscheinlich mehr Glück als die Armbrustschützen, die du auf der Turmspitze mit den Xelosbechern getroffen hast. Ich verstehe dein Problem einfach nicht.«
    »Mein Problem ist, dass du kein Problem damit hast, einen wehrlosen Menschen einfach so zu erstechen!«, zischte Rai etwas leiser, aber keineswegs weniger erzürnt. »So gekonnt, wie du das erledigt hast, lässt das fast vermuten, dass du so was schon öfter gemacht hast.«
    Bei dieser Bemerkung fiel Kawrins mühsam aufrechterhaltene Gelassenheit in sich zusammen. Seine Gesichtszüge verfinsterten sich zu einem Ausdruck abweisender Verschlossenheit, der Rai schon das letzte Mal aufgefallen war, als er den sonst so aufrichtigen Bajulaanhänger nach seiner Vergangenheit gefragt hatte.
    Dementsprechend vage fiel auch dessen Antwort aus: »Vielleicht war ich ja nicht ohne Grund Gefangener in der Mine von Andobras«, murmelte er düster.
    Diese kurze Andeutung reichte aus, um Rai vollends aus der Fassung zu bringen. Er hatte geglaubt, den blonden Fendländer mittlerweile richtig einschätzen zu können, ihn möglicherweise sogar ein bisschen zu durchschauen. Während der gemeinsam eingegangenen Wagnisse war sogar eine echte Verbundenheit zwischen ihnen entstanden. Aber dieser vermeintliche neue Freund gab ihm gerade indirekt zu verstehen, ein geübter Mörder zu sein. Es war nicht das erste Mal, dass Rai einem Mann mit solch zweifelhafter Reputation gegenüberstand, aber schon in seiner Zeit auf der Straße hatte er es vorgezogen, derart zwielichtigen Gesellen aus dem Weg zu gehen. Schließlich konnte man nie wissen, an wem sie als Nächstes ihre Fähigkeiten erproben würden. Dass ausgerechnet Kawrin einem solch schmutzigen Gewerbe nachging, erschütterte Rai daher zutiefst, denn er war sich nicht sicher, ob er einem solchen Menschen weiterhin irgendwelches Vertrauen entgegenbringen konnte. Allerdings durfte er auch nicht vergessen, dass er selbst bereits den Tod von mehr als einem Menschen auf dem Gewissen hatte. Doch waren dies ohne Ausnahme Situationen gewesen, in denen er entweder sein Leben oder das anderer bedroht sah, und jedes Mal empfand er tiefes Bedauern nach solch einer schrecklichen Tat. Aber eben dieses Bewusstsein für den Stellenwert eines ausgelöschten Lebens vermisste er bei Kawrin ebenso wie bei Arton. Für sie schien Töten eine Selbstverständlichkeit zu sein.
    Offenbar zeichnete sich der innere Konflikt des Straßenjungen allzu deutlich in dessen Gesicht ab, denn Kawrin fühlte sich genötigt, seinen unbestimmten Worten noch eine Erklärung hinzuzufügen: »Ich bin kein verurteilter Verbrecher gewesen, wenn du das meinst. Aber im Gegensatz zu vielen anderen, hatte ich es verdient, in der Mine von Andobras nach Erz zu graben.«
    »Und wofür hattest du eine solche Bestrafung verdient?«, fragte Rai zögernd, fast als hätte er Angst vor der Antwort.
    Kawrin sah zu Boden. Es musste sich wahrhaftig um etwas Schlimmes handeln, wenn dem Fendländer eine Strafe wie die Sklavenarbeit in den finsteren Stollen des Bergwerks von Andobras dafür angemessen erschien, dachte Rai. Lange wirkte Kawrin unentschlossen, ob er sich seinem Tileter Gefährten wirklich anvertrauen sollte.
    Schließlich blickte er auf und schüttelte den Kopf: »Wir haben jetzt keine Zeit dafür«, sagte er leise. »Wir müssen zum Ausgang der Senke, die Straße bewachen.«
    Rai presste ärgerlich die Lippen zusammen. Seine Neugier war durch die spärlichen Andeutungen natürlich nicht im Geringsten befriedigt. Zudem schien den langen Fendländer nun doch sein Gewissen zu plagen, allerdings nicht wegen des erstochenen Gardisten, sondern anscheinend aufgrund einer

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