Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
gründete. Der so genannte Vater zeigt sein wahres Gesicht und erhebt den scheinbar gleichgestellten zweiten Sohn auf einen Sockel, bevorzugt ihn bei jeder Gelegenheit …«
»Arton!«, unterbrach ihn Maralon entsetzt. »Ich habe Arden nie bevorzugt! Es war nur einfacher ihn …, nun, es fällt mir einfach leichter, mit ihm umzugehen. Aber hast du denn schon vergessen, dass ich dir und nicht ihm die Leitung meiner geliebten Schule übertragen habe?«
»Ha, großmütiger Vater!«, schrie Arton außer sich vor Wut. »Wie dankbar wäre ich dir für dieses Geschenk gewesen, wenn die Götter mir den Verstand einer Heuschrecke gegeben hätten! Doch leider bedachten sie deinen ach so gleichgestellten Sohn Arton mit etwas mehr Geisteskräften, als es dir recht sein kann. Ich wusste von Anfang an, dass du mir die Leitung nur übertragen hast, um dich von deiner Schuld mir gegenüber freizukaufen! Du dachtest wohl, ›gib ihm eine Aufgabe, dann merkt er nicht, was für ein armseliger Idiot er ist!‹ Aber im Gegensatz zu Arden habe ich meinen Kopf nicht nur, damit schöne blonde Haare darauf wachsen können. Ich weiß, dass ich in allem zurückgesetzt werde, ich weiß, dass mein Bruder alles bekommt, was eigentlich mir zusteht, und ich weiß vor allem, dass du Arden nur deshalb als Erbe des Schwertes Cor einsetzen willst, weil du ihn als deinen einzigen Sohn betrachtest. Du bist mir nie ein Vater gewesen, noch wirst du es jemals sein!«
Maralon schien es, während Arton schrie, als werde der Raum plötzlich dunkler. Die Sonnenstrahlen drangen nicht mehr in das Zimmer vor. Noch während er sich wunderte, schlugen unvermittelt Flammen aus Artons Körper. Wo Arton gewesen war, stand nun ein lodernder Feuerdämon, von dem nur noch die dunklen, hasserfüllten Augen zu erkennen waren. Sie erinnerten als Einziges noch entfernt an Arton. Bevor Maralon sich jedoch recht bewusst werden konnte, was da gerade geschah, schoss eine Flammensäule aus dem zuckenden Leib der Kreatur und durchbohrte seine Brust. Er wusste nicht, was größer war, die Angst, der Schmerz oder die Überraschung, doch durch die Hitzewelle wurde er gegen die Wand geworfen und sank in sich zusammen.
Hitze und Feuerschein verschwanden so rasch, wie sie gekommen waren. Maralon fand sich am Boden wieder, an die Wand des kleinen, gemütlichen Zimmers im ersten Stock gelehnt, von einer Verletzung keine Spur.
Arton stand mit erschrockenem Gesicht vor ihm und stammelte: »Alles in Ordnung? Ich wollte nicht … aber ich war so zornig und … geht es dir gut?«
Maralon erhob sich keuchend. Eine grauenvolle, unbestimmte Erinnerung verdunkelte ihm noch immer die Sinne. Als Arton ihn beim Aufstehen stützen wollte, zog er erschrocken den Arm weg. Arton wartete angstvoll, bis er sicher war, dass dem Alten nichts Ernsthaftes fehlte, und verließ dann in stummer Verzweiflung den Raum.
Als Arton gegangen war, ließ sich Maralon erschöpft in den Sessel fallen, in dem vorher Arton gesessen hatte. Im freundlichen Licht der Nachmittagssonne löste sich die Dunkelheit in seinem Kopf langsam auf, was ihm erlaubte, seine Sinne und Gedanken wieder zu ordnen. Was war geschehen? Maralon hatte sich nicht einmal vor den Toren von Arch Themur so hilflos gefühlt wie in dem Moment, als Arton seinen Geist überwältigte. Woher kam nur diese furchtbare Wut? Was hatte er nur falsch gemacht? Maralon war immer der Meinung gewesen, er hätte die Vaterrolle für die beiden ungleichen Brüder gut gespielt, doch in gewisser Weise entsprach es der Wahrheit, was Arton gesagt hatte. Arden war immer ein fröhliches Kind gewesen, er lachte viel, machte das alte Herz Maralons glücklich und erfüllte ihn mit Stolz. Er erinnerte ihn an Ecorim, ein Sonnenkind, von den Göttern geliebt. Arton hingegen war schon immer still und nachdenklich gewesen. Seine ohnehin vorhandene Unzugänglichkeit und Verbissenheit hatte sich noch verstärkt, nachdem Maralon ihm eröffnet hatte, dass er niemals das Schwert besitzen dürfe. Indes hatte der alte Erenor immer gedacht – und dafür machte er sich jetzt schwere Vorwürfe –, Arton würde seine Tatkraft auf andere Dinge konzentrieren, um sich abzulenken. Spätestens seit dem heutigen Tag wusste der alte Kämpfer allerdings, dass Arton nie die Hoffnung aufgegeben hatte, die Herrschaft über das Schwert zu erlangen. Die vermeintliche Zurückweisung durch Maralon und die Rivalität zu seinem Bruder hatten einen Hass in Arton wachsen lassen, der seinem Ziehvater bis
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