Vermächtnis der Schwerter Tausendsturm
durfte, sich über ihn lustig zu machen. Deshalb forderte er seinen Widersacher eines Tages zu einem Zweikampf heraus. Jedoch wollte er nicht mit den Übungswaffen aus Holz fechten, sondern als unmissverständlicher Beleg für seine Entschlossenheit mit geschärften Stahlklingen. Natürlich hätte Maralon dies niemals gutgeheißen, deshalb wählte Arton für das Duell einen Tag, an dem sein Ziehvater wichtigen Geschäften außerhalb der Schule nachging. Die gesamte Schülerschaft, damals noch mehr als zwanzig Adepten, versammelte sich in den Kellerräumen, um dem denkwürdigen Schauspiel beizuwohnen: dem Kampf des nur zwölfjährigen Arton Erenor gegen den fünf Jahre älteren Nadan Quenja.
Womit Arton jedoch nicht gerechnet hatte, war, dass sich sein Gegner nicht an die von Maralon stets gepredigten Regeln des ehrenhaften Kampfes halten würde. Nadan war nicht ernsthaft daran interessiert, sein Kampfgeschick mit Arton zu messen. Er wollte diese einmalige Gelegenheit nutzen, um dem überheblichen, kleinen Musterschüler Arton einen unvergesslichen Denkzettel zu verpassen. Noch ehe sich ihre Schwerter das erste Mal getroffen hatten, überraschte Nadan seinen jüngeren Kontrahenten mit einem Fußtritt, der Arton in eines der an der Wand aufgehängten Netze beförderte. Diese waren eigentlich als Schutz vor einem Aufprall angebracht. Nadan hatte jedoch die Befestigungen des Netzes so weit gelöst, dass es nun über dem jungen Erenor herabfiel und er sich rettungslos darin verfing. Nadan hockte sich auf den gefangenen Arton und begann, ihn mit hämischen Worten zu überschütten. Auch einige Schläge und Tritte mischte er darunter, doch diese Schmerzen waren für Arton nichts gegen die vernichtende Wirkung des johlenden Beifalls der Umstehenden. Selbst Artons eigener Bruder rührte keinen Finger, um ihm zu helfen, sondern lachte mit allen anderen. Niemand stand ihm bei, er war wieder einmal ganz allein.
An diesem Tag offenbarte sich seine Gabe. Es war, als ob seine Wut, sein Hass und seine Verzweiflung plötzlich zu einer Einheit verschmolzen und zum Leben erwacht wären. Diese geballte Energie versuchte, sich wie ein eigenständiges Wesen einen Weg hinaus aus seinem Körper zu bahnen. Unaufhaltsam suchte diese nicht fassbare Gewalt aus Artons Innerem nach einem Gegner und fand schließlich ihr Ziel in Nadan. Diesem blieb mitten im Satz die Luft weg. Blässe kroch über seine Wangen. Seine Augen füllten sich mit blankem Entsetzen, die Hände begannen zu zittern. Er sprang auf, wich schreiend einige Schritte zurück und fiel dann wimmernd auf die Knie.
Alle im Raum verstummten. Arton befreite sich mühsam aus dem Netz, um wieder auf die Beine zu kommen. Ohne eine Regung trat er vor den immer noch kauernden Nadan. Er blickte eine Weile auf ihn herab, dann wandte er ihm wortlos den Rücken zu.
Von diesem Tag an wagte es niemand mehr, über ihn zu spotten. Nadan Quenja verließ bald darauf die Schule, ohne seine Ausbildung dort abzuschließen. Er gab Maralon gegenüber keinen Grund für sein Ausscheiden an, wodurch dieser über den gesamten Vorfall im Unklaren blieb. Natürlich genoss Arton den wiedergewonnenen Respekt der anderen Schwertschüler. Die unerklärliche Fähigkeit, andere nur mit der Kraft seines Willens niederzuringen, verlieh ihm eine bis dahin nie gekannte Selbstsicherheit. Allerdings, je öfter er seine Gabe einsetzte, um vermeintliche Kränkungen zu sühnen oder respektlose Mitschüler in ihre Schranken zu verweisen, desto mehr begannen diese, ihn zu meiden. Irgendwann kam es so weit, dass er die Schwertübungen ohne Kampfpartner durchführen musste, weil alle Angst vor ihm hatten. In dieser Zeit brachen auch mehrere Schüler ihre Ausbildung ab, weil ihnen der junge Erenor zu unheimlich war. Seine Gabe wandelte sich nach und nach zu einem Fluch, der ihn nur noch mehr in die Isolation trieb, denn er wurde nicht respektiert, sondern gefürchtet.
Als Maralon der merkliche Schwund an Adepten in seiner Schule schließlich zunehmend Sorge zu bereiten begann, wusste Arton, dass sich unbedingt etwas ändern musste. Er schwor sich, seine Gabe nur noch in wohlüberlegten Einzelfällen einzusetzen. Fortan übte er sich in eiserner Disziplin, um nicht mehr so rasch in Wut zu geraten, da dies ein unkontrolliertes Hervorbrechen seiner Kraft zu begünstigen schien. Es gelang ihm letztlich, seine Empfindungen so weit zu verschließen, dass sich ein Vorfall wie der mit Nadan nicht wiederholte.
Nachdem er mit nur
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