Vermächtnis der Sünder: Die Kinder des Einen (German Edition)
rieb.
»Ich glaube, ich bin der erste König in der Geschichte Hadaimans, der sich …«
Weiter kam der unreife König nicht. Flugs traf ihn die Faust Luteks im Gesicht. Entsetzt sahen die wenigen Wachen im Hof zu ihnen herüber. Sie sahen jedoch schnell wieder weg, als ihr König keine Anstalten machte, sie zu sich zu zitieren.
»Wann hattet ihr vor, eurem Volk zu erklären, welcher Preis dieser Pakt mit dem Bösen enthält?« grollte Lutek mit extrem tiefer Stimme.
Er kehrte unverrichteter Dinge Belothar und Terzios den Rücken und wandte sich zu dem Stall. Nach einigen Schritten hielt der Fuchsrote kopfschüttelnd inne.
Sein Gesicht drehte sich mit blitzenden Augen zu dem König hin.
»Nein!«, sagte er. »Es ist nicht meine Aufgabe, hinter ihr herzureiten. Nicht mir muss sie verzeihen, sondern euch.«
Er streckte seinen Arm und deutete mit dem Finger zum Tor.
»Ihr werdet gehen!« gebot er mit einer Geste unterstreichend dem König, welche keinen Einwand duldete.
Belothar schaute Terzios neben sich an.
»Seht ihr, heutzutage hat man keinen Respekt mehr vor dem König«, knurrte er laut und deutlich.
»Falls ihr es noch nicht wissen solltet«, begann tief und drohend Lutek. »Könige kommen und gehen. Meist verscheiden sie zu früh inmitten der Nacht. Von einer verführerischen Frau erdolcht. Selbst Männer sind der Verführungskunst mächtig. Falls ihr also nicht gedenkt, euch von mir verführen zu lassen, würde ich empfehlen, euren Hintern aus dem Tor zu bewegen«, fauchte Lutek erbost.
Belothar gab sich geschlagen. Den Tropfen Blut von der Nase abwischend, straffte er mit gewisser Würde seinen Schultern. Die Züge in seinem Gesicht deuteten jedoch Emotionen eines geprügelten Hundes an.
An den Pferden angekommen blickte er zu Lutek zurück.
Dem ehemaligen Spion beschlich das Gefühl von Schuld, als seine Augen die des Königs trafen.
»Ich …«, begann er, wurde jedoch von Belothar unterbrochen.
»Sagt es nicht! Ich möchte kein Wort der Entschuldigung hören.«
Diesmal war es Lutek, der in sich zusammensank.
»Ich muss mich bei Celena angesteckt haben«, versuchte er seinen Ausbruch zu erklären.
Vermutlich stimmte es sogar. Er der eher sanftmütig und bedacht war, hatte sich gehen lassen. Und doch, die brodelnden Gefühle seiner Gefährtin hatten in ihm etwas geweckt, das er vor langer Zeit gelernt hatte zu unterdrücken. Es war der brennende Busch in ihm, der alles um sich entflammte. Dieses Feuer hatte er in all der Zeit mit Besonnenheit und Warmherzigkeit ersticken können.
»Das habt ihr vermutlich«, ertönte Belothars Stimme zwischen seinen Gedanken hindurch. Er war mittlerweile auf einen der Pferde aufgestiegen. »Und ich gestehe, ihr hattet recht!« Mit den Worten stob er davon.
»Sie vergibt euch«, murmelte Lutek, der dem König hinterherblickte. »Ihr habt euch entschieden, ihr zu folgen. Steht ihr bei und wankt nicht«, flüsterte er weiter zu sich selbst.
Er empfand Mitleid für den Jungkönig, der ebenso hintergangen wurde wie Celena. Einzig der Unterschied bestand, dass er Hoffnung in denjenigen setzte, den er ersatzweise für einen Vater hielt. Und er war noch immer im Innern ein enttäuschtes Kind, das trotz seines Alters nur langsam erwachsen wurde.
Luteks Augen haftetet sich auf die Gestalt Terzios.
Er war sich unsicher darüber, was er für seinen leiblichen Vater empfinden sollte. Diesen Mann kannte er nicht. Nie zuvor war er ihm begegnet und nie hatte er sich dementsprechend für seinen Erzeuger interessiert. Nun, er war nicht wirklich sein Erzeuger, berichtigte er sich nach den neusten Erkenntnissen. Er war der Leihvater des Schöpfers. Trotzdem, in all der Zeit hatte er sich viel eher in die Vorstellung geflüchtet, ein ungewolltes Kind zu sein.
In einem Gespräch mit Dagos vertieft, trat Jeamy aus dem linken Seitenflügel der Burg in den Hof. Ihre konzentrierten Züge glätteten sich, als sie Lutek entgegentrat. Das Funkeln in ihren Augen erinnerte ihn an Morena und damit auch daran, dass die junge Hexe das dritte Kind im Bunde war. Die Erkenntnis, wer das dritte Kind war, war etwas, was er Celena bisher vorenthalten hatte. Er hatte ihr gegenüber versprochen, dass es weder Geheimnisse noch weitere Lügen gab. War Vorenthaltung eine Lüge? Es war eine, gab er sich selbst die Antwort.
Er fing den Blick seines Vaters ein, der ihm stumm zunickte.
Lutek verstand, machte auf dem Absatz kehrt und lief in Richtung der Pferde, die Jeamy organisiert hatte. Es
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