Vermächtnis der Sünder: Die Kinder des Einen (German Edition)
der Grypos gefährlich hin und her schwankte. Auf einem Felsen, weit oben im Eisgebirge landete sie überraschenderweise. Vermutlich brauchte sie eine kleine Pause, sinnierte Celena, während das mystische Flugwesen sich seinem Federkleid widmete. Die Kälte schien dem Tier im Gegensatz zu ihr nichts auszumachen. Lange gönnte sich Sebyll keine Rast. Mit einem lauten Kreischen hob sie erneut ab.
Schnee peitschte Celena wie kleine spitze Nadeln ins Gesicht. Schnell kauerte sie zusammen und versteckte ihr Antlitz im Federkleid.
Ihre Gedanken wanderten zu Lutek.
Sie hätte niemals gehen dürfen. Es war dumm von ihr, ihren Verstand gegen ihr Herz zu stellen. Diesen Fehler galt es, auszumerzen.
Der Grypos kreischte auf, als die ersten Ansiedlungen jenseits des Gebirges in Sicht kamen. Doch diese waren nicht ihr Ziel.
Nicht lange danach sank Sebyll langsam ab. Sie hatten das kleine Dorf erreicht. Unweit davon zwischen einer kleinen Baumgruppe, landete der Grypos. Schwerter ziehend sprang Celena von dem Tier.
Im Kreis drehend suchte sie jeden Winkel im nahen Umkreis nach möglichen Überraschungen ab. Niemand war hier.
Neugierig lugte sie zwischen den Bäumen zu dem Ort hinüber, als ein helles Schnarren ihre Aufmerksamkeit forderte. Sie drehte sich zu dem Flugwesen um, welches ungeduldig an seinem Sattel zerrte.
Celena eilte sofort zu dem Tier und machte sich daran den Sattel abzunehmen. Kaum war dieser entfernt, verwandelte sich das Tier zurück zur menschlichen Sebyll.
»Es war doch anstrengender als ich dachte«, keuchte die blonde Frau, die sie wieder war. »Bitte, mein Kleid, meine Liebe!«, forderte sie.
Sobald Sebyll sich angezogen hatte, machten sie sich auf den Weg zu dem Ort. Niemand begegnete ihnen, selbst dann nicht, als sie inmitten des Ortes standen.
»Hier ist nichts, wie es sein sollte. Ich habe das unbestimmte Gefühl, das hier etwas nicht in Ordnung ist«, flüsterte Sebyll.
»Das geht mir ebenso«, knurrte Celena leise.
Sie fühlte die Furcht, die den Einwohnern anheim war. Die Angst, die hier vorherrschte, war greifbar. Es war also wahr. Hass, das war es, was Furcht und Angst hervorbrachte, zog das Böse an. Und dieser Hass richtete sich auf jenes Haus, das anscheinend Morco gehörte. Gleichwohl fühlte sie etwas, was sie genau dorthin zog. Insgeheim wusste Celena, das sie hier richtig waren.
Hier und da sahen sie dann doch einige der Bewohner, die sie misstrauisch beobachteten und sofort verschwanden, wenn sie sich ihnen näherten. Es war Celena recht. Ihr Interesse galt dem Haus, das Terzios erwähnte. Sie folgten dem Weg, der rechts aus der Ortschaft führte. Direkt zu Morcos Anwesen. In der Tat war es einer Festung gleich.
Hinter einer niedrigen Mauer gingen die beiden Frauen in Deckung.
»Vorausgesetzt wir sind richtig, wie wollen wir vorgehen?«, fragte Sebyll leise.
»Terzios lag falsch. Wir sind richtig! Ich kann ihn spüren … und er hat bisher nicht nachgegeben. Fragt mich nicht, woher ich das weiß.«
»Zwischen euch beiden herrscht ein unsichtbares Band«, deutete Sebyll geheimnisvoll an, während sie ein Stück nach vorne schlich. Sie beobachtete die Vorderseite des Sitzes. »Da!« zischte sie Celena zu, die sich neben ihr begab. Direkt neben dem Anwesen hatte Sebyll eine Bewegung ausgemacht. »Assassinen!«, wisperte sie.
Celena schob ihren Kopf an Sebyll vorbei. Die Gestalten, die sie erblickte, sahen wie gewöhnliche Reisende aus.
»Gut! Tacio hat Wort gehalten«, bestätigte sie Sebylls Entdeckung.
Celena hielt inne, ihre Stirn schlug Furchen. »Wollen die etwa einen Sturmangriff riskieren?«
»Ich würde meinen, dass es ein Ablenkungsmanöver werden soll«, antwortete Sebyll.
Beide Frauen beobachteten gespannt, wie sich die flüsternden Brüder dem Hof des Anwesens näherten. Und plötzlich war da noch etwas anderes. Etwas was Celena nicht erwartet hatte, hier zu spüren.
Jeder der San-Hüter, deren Blut mit dem Bösen vermischt war, fühlte die Anwesenheit der Horsocks, die das pure Grauen ausstrahlten. Genau diese fühlte sie geradezu körperlich in der Nähe.
»Beim göttlichen Schöpfer«, fluchte Sebyll, als sie die Ersten entdeckte. Schnell duckte sie sich tiefer hinunter.
Schäumende Wut kochte in Celena hoch. Ausgerechnet jetzt und hier mussten diese Unseligen wie Auswüchse aus der Erde wuchern. Sie zwang sich zur Ruhe, um ihre innere Kraft zu bündeln.
Ihr Körper straffte sich, die Muskeln spannten sich an. Sie zückte ihre Schwerter und stürmte los. Die Überraschung war
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