Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
Vom Netzwerk:
möchtest du zu ihm? Und welchen Vorwand sollen wir anführen?«
    »Nicht so hastig«, sagte Huy. »Erst muß ich ein Gefühl für die Stadt bekommen. Ich bin hier ein Fremder geworden; ich kann nicht einfach in die Straßen hinaustappen. Wenn es einen Vorwurf gibt, gegen den Rechmire sich zu verantworten hat, dann muß man ihn konstruieren. Einstweilen habe ich nur eine Geschichte von deinem Bruder.«
    »Wenn es um Rechmire geht, zuckt mein Bruder bei jedem Schatten zusammen.«
    »Weißt du noch jemanden, der ihn bedroht haben könnte?«
    Aset schwieg.
    »Denkst du nach oder weißt du keine Antwort?«
    »Ich denke, daß letzten Endes kein Mensch zu Schaden gekommen ist.«
    »Aber Amotju hat die Sache so ernst genommen, daß er abgereist ist. Er hat mich nicht zu seinem Vergnügen hergeholt.«
    »Er entwickelt sich zum Politiker, nachdem er jetzt gesehen hat, daß wieder Ordnung ins Land kommt. Und er zuckt bei jedem Schatten zusammen.«
    »Das sagtest du bereits. Aber sind es wirklich nur Schatten?«
    »Das herauszufinden, ist deine Sache.« Sie sah ihn an.

    Jemand hatte ihn ankommen sehen; jemand mußte ihn gesehen und vielleicht sogar erkannt haben, denn als er im Stadtzentrum die Straße entlangging, rempelte ihn im Gedränge ein großer Mann an und verschwand, bevor Huy reagieren konnte, aber er hinterließ ein Andenken - ein kleines Stück Papyrus, das er in eine Falte an Huys Mantel gedrückt hatte. Darauf stand nur der Name eines Grabes im Tal und daneben die Worte heute nacht.
    Huy kannte den Namen. Schnelle Arbeit, dachte er sich. Erst drei Tage war er wieder in der Südlichen Hauptstadt. War diese Botschaft eine Warnung von einem Freund oder ein Köder von einem Feind?
    Der Papyrus gab weiter nichts her, nicht den kleinsten Hinweis. Ihm blieb nichts weiter übrig, als zu dem Grab zu gehen und die Augen offenzuhalten. Was er tun könnte, falls etwas passierte, darüber dachte er im Moment nicht nach. Seine militärische Ausbildung lag lange zurück, und er besaß nicht einmal einen Dolch. Vielleicht würde ja auch gar nichts geschehen. Aber es war unwahrscheinlich, daß diese Information nirgendwo hinführen sollte.
    Er beschloß, mit niemandem darüber zu sprechen. Amotju hatte er noch nichts zu berichten gehabt, aber sein Freund war nicht ungeduldig; er war damit beschäftigt, Huy eine Audienz bei Rechmire zu besorgen, eine Aufgabe, die angesichts der politischen Verhältnisse der Südlichen Hauptstadt den Einsatz zweiter und dritter Kontaktleute notwendig machte. Huy hatte Amotju gebeten, ihm so schnell wie möglich ein Haus in der Stadt und einen Diener zu beschaffen. Er würde beides als Vorauszahlung für seine Dienste betrachten. Aset hatte er nichts davon erzählt. Sie würde gekränkt sein und ihn drängen, zu bleiben, und er würde sich versucht fühlen. Tatsache aber war, daß er gewohnt war, allein zu sein und die Einsamkeit zu brauchen glaubte.
    Auch von dem Papyrus würde er Aset nichts erzählen. Das war die schwerste Entscheidung, denn das Grab, zu dem man ihn bestellt hatte, war das des alten Ramose, ihres Vaters. Huy sagte sich, daß egal, was dort geschehen würde, das Grab sowieso bewacht sei. Vielleicht sollte die Nachricht nur zu einem Treffen führen, und der Absender hatte ein Grab genannt, das Huy auf jeden Fall kennen würde.
    Er beschloß, in der Abenddämmerung mit der Fähre hinüberzufahren, obwohl er schon jetzt vor Ungeduld brannte. Nachmittags war das Tal trotz der zahlreichen Palmen, die dort gepflanzt worden waren, der Amboß der Sonne. Abgesehen von den Grabarbeitern, die kühle Höhlen in den Felsen hauten, würde niemand dort sein.
    Abends ging er zum Westufer. Die Häuser warfen bereits lange Schatten. Er drückte sich an den Häusern entlang, denn offiziell hatte er hier nichts verloren und mußte möglichst unauffällig bleiben. So begab er sich auf den langen Marsch zu Ramoses Grab, an das er sich noch aus der Zeit erinnerte, als es gebaut worden war; Ramose hatte es damals ihm und Amotju vorgeführt. Die Bauleute hatten eine imposante Eingangshalle aus dem Fels gehauen, die von einer Statur Ramoses beherrscht werden sollte; dahinter führte ein Gang zu der Kapelle mit der blinden Tür, durch die der Ka im eigentlichen Grab ein und aus gehen konnte, das am Grunde eines sechs Meter tief ins Gestein gemeißelten Schachtes liegen würde. Damals waren die Gänge noch ohne die üppigen Malereien gewesen, die sie heute zieren würden; aber es war offensichtlich das Grab

Weitere Kostenlose Bücher