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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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nach. Der Alkohol machte sich bemerkbar, und er sah sie schon auf halbem Wege zu seinem Ziel.
    Huys Gefühle waren ganz anderer Art. Er dachte daran, wie morgen um diese Zeit die Pracht-des-Amun in der Südlichen Hauptstadt festmachen würde. Und es war ihm, als schließe sich die kalte Hand des Seth um sein Herz.

D REI

    Es war, als wäre er nie weg gewesen. Noch immer überragten die flachen Klippen der mächtigen Gebäude stromabwärts eher spürbar als sichtbar das Land, das sie umgab und mit dem sie zugleich verschmolzen. Als die Barke näherkam, sah Huy, daß die grellbunten Bemalungen verblichen, Statuen umgestürzt und Säulen geborsten waren. Er fragte sich, wie die Stadt südlich des Tempelkomplexes aussehen würde.
    Er erinnerte sich an das Gewimmel in den engen Straßen jenseits der breiten Boulevards, an das Gewirr der Märkte, den säuerlichen Fischgeruch der Docks, ihm fiel auf, daß mehrere Fähren mühsam zwischen dem Ost- und dem Westufer hin und herfuhren, zwischen der Stadt der Lebenden und der Stadt der Toten, quer über das breite, graubraune Band des Flusses.
    So vertraut und doch so fremd. Er hatte die ersten dreiundzwanzig Jahre seines Lebens hier verbracht, und jetzt kehrte er zurück als ein Fremder. Es würde wenige geben, die sich an ihn erinnerten - oder die es zugäben, wenn sie es täten. Aber das wäre vielleicht auch ein Vorteil, wenn er bedachte, was er jetzt hier zu tun hatte.
    Während die Barke sich dem Anleger näherte und der Bootsmann im Bug stand, bereit, in sein Horn zu blasen, um den übrigen Verkehr vor dem nahenden Schiff zu warnen, winkte Amotju einen Matrosen heran.
    »Wenn wir festgemacht haben«, sagte er zu Huy, »werde ich als erster von Bord gehen. Leute aus meinem Hause werden da sein, um mich abzuholen, und wenn man mich mit einem Fremden ankommen sieht, wird es Fragen geben. Du wartest an Bord, bis die Ladung gelöscht wird, und dann gehst mit Amenworse an Land.« Dabei deutete er auf den Matrosen, einen breitschultrigen Mann, der aussah wie einer aus dem Norden. »Er wird dich in eine sichere Unterkunft bringen.«
    »Du hast alles gut organisiert. Haben die Götter dich vorgewarnt, daß du mich treffen würdest?«
    Amotju grinste. »Nein, aber in meinen Geschäften kommt es gelegentlich vor, daß ich Passagiere befördere, die bei ihrer Ankunft oder Abreise keine Aufmerksamkeit wollen. Es gibt also immer Pläne für den Notfall. Aber keine Sorge; ich schicke einen Boten, damit man auf deine Ankunft vorbereitet ist.«
    »Darf ich fragen, wohin?«
    »Laß dich überraschen. Du wirst in guten Händen sein. Ich komme später auch.«
    Als Amotju gegangen war, ließ Huy sich auf dem Achterdeck nieder und sah zu, wie die Ladung gelöscht wurde: Säcke mit Gerste, rohbehauene Würfel von weißem Kalkstein aus Tura für Haremhebs Wiederaufbauprogramm, Zedernbohlen aus dem verlorenen Reich an der Grenze zum Nördlichen Meer. Trotz der geringen Ladung wurde es Spätnachmittag, ehe die Arbeit beendet war. Huy hatte vorgehabt, die Zeit zu nutzen, einen Plan zu schmieden und in seinem Herzen eine Strategie für den Feldzug anzulegen, aber als die Sonne unterging, stellte er fest, daß er nichts getan und nichts gedacht hatte. Statt dessen gähnte ein Abgrund der Panik in seinem Bauch, den nicht einmal der Wein, den Amotju ihm dagelassen hatte, füllen konnte. Tatsächlich fühlte er sich nicht einmal sicher genug, um ihn zu trinken. Es war klar, daß Amotju ihm all seinen Beteuerungen zum Trotz noch nicht vertraute, und er konnte dem alten Schulkameraden ebenso wenig trauen. Der Matrose, Amenworse, der zusammen mit den anderen das Schiff entlud, warf ihm immer wieder Seitenblicke zu, und Huy fragte sich, wieviel der Mann gesagt bekommen hatte. Um beschäftigt zu wirken, hatte er seine Palette hervorgeholt und kritzelte auf einem Kalksteinspan wie ein Buchhalter, der die ausgeladenen Waren überprüfte und notierte.
    Endlich war die Arbeit getan. Bevor die Matrosen, die nicht zur Schiffswache eingeteilt waren, verschwanden und - wenn Huy sie richtig einschätzte - geradewegs Kurs auf den Bordellbezirk nahmen, winkte Amenworse ihn hinüber. Sie sollten zusammen gehen, unsichtbar im Strom der Männer, die über die Planke das Schiff verließen.
    Ganz in der Nähe erwartete sie eine leichte Rikscha, deren faltbares Leinendach — ein Sonnenschutz für die Fahrgäste - noch hochgeklappt war. Sie war nicht die einzige auf dem rechteckigen, hartgestampften Lehmplatz oberhalb der

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