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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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Boot an«, sagte ein kleiner glatzköpfiger Mann mit Hakennase und mächtigem, glänzenden Bauch, den er jetzt benutzte, um ein oder zwei Leute wegzuschieben. Aset schlüpfte dankbar vorbei und konnte gerade noch rechtzeitig auf das Boot springen, als der Fährmann ablegte. Ein oder zwei Leute, die auf dem Kai zurückgeblieben waren, schleuderten ihr Schimpfworte hinterher, die sie nicht verstand. Sie kümmerte sich nicht darum, sondern hielt den Kopf gesenkt.
    Als sie wieder aufblickte, stand der große Mann am anderen Ende des Bootes und schaute in die Richtung, in die sie fuhren. Die Fähre krängte ein wenig, als das Segel aufgezogen wurde, fing sich dann und glitt mit überraschender Geschwindigkeit über das Wässer. Aset fühlte den Druck der Leiber ringsumher.
    Ein Ellbogen bohrte sich ihr ins Kreuz, und ihr Gesicht war dicht an das einer anderen Frau gedrängt; ihre Blicke trafen einander immer wieder und huschten gleich beiseite.
    Der Mann stieg bei der ersten Haltemole aus und Aset kletterte ihm nach; fast hätte sie vergessen, das kleine Kupferstück zu bezahlen, das der Fährmann verlangte, ein finster blickender Mann mit so widerwärtigem Atem, daß sie würgte, als er ihr sein Gesicht entgegenreckte und sein Geld forderte. Seine Zahnstummel waren von weißlichem Schleim überzogen.
    Es ging auf die sechste Stunde des Tages zu, und allmählich waren wenige Menschen unterwegs, denn die Zeit für das Mittagessen und die Nachmittagsruhe nahte. Unauffälligkeit wurde schwieriger und Aset fiel ein paar Schritte zurück. Anscheinend hatte sie noch keinen Verdacht erregt, denn der Mann hastete immer weiter, ohne nach rechts oder links zu schauen. Da sie sich auf ihn konzentrierte, nahm sie von ihrer Umgebung keine Notiz; sie merkte nur, daß sie in einem Stadtteil war, den sie nicht kannte.
    Plötzlich hörten die Gebäude auf und sie befand sich auf einer schmalen Sandebene; die Stadt lag hinter ihr, der Fluß zur Rechten, und die Felsenklippen, die die östliche Wüste begrenzten, ragten links auf. Etwa fünfhundert Schritt weiter südlich erhob sich eine der langen Palastmauern, prächtig bemalt mit Jagdszenen: Ein starker junger Pharao, allein in einem von zwei schlanken Pferden gezogenen Wagen, stürmte hinter Antilopen und Löwen her; in einer anderen Szene stand er vor einem sich am Boden windenden Leopard, der einen Pfeil im Auge stecken hatte. Hier brachte er Enten und Gänse mit einem Vogelstock zur Strecke; dort stand er in einem Papyrusboot mit hochgezogenem Bug und spießte watende Flußpferde und Krokodile auf. Die Farben leuchteten so frisch, daß sie im Sonnenlicht grell wirkten.
    Genau in der Mitte der Mauer war ein hohes, dunkles Eingangstor eingefügt; Oberschwelle und Pfeiler bestanden aus schweren grauen Steinblöcken. Der große Mann ging direkt darauf zu. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, und so tat sie es flink, denn sie mußte das Tor rechtzeitig erreichen, um zu sehen, welche Richtung er dahinter einschlug.
    Der Palast war nicht etwa ein einziges Gebäude, sondern eine von Mauern umgebene zweite Stadt. Sie blieb am Tor stehen und sah, wie der Mann ein niedriges, rostbraunes Gebäude betrat, dessen Eingang von schweren Säulen mit Lotos-Kapitellen flankiert war; daneben lagen Statuen des Amun-Tieres, des Widders. Hier war auf den Straßen wieder mehr Betrieb. Leute hasteten geschäftig umher; die Zeit bis zur Ankunft des Königs war nur noch in Tagen zu messen. Niemand achtete auf Aset, zumal sie sofort die Haltung gehetzter Aktivität imitierte, die die anderen zur Schau trugen. Sie huschte dem Mann hinterdrein in das Gebäude und hielt Ausschau nach einer Tafel oder einem Schild, dem zu entnehmen gewesen wäre, wozu dieses Haus diente. Türen säumten einen zentralen Korridor, und dahinter lagen schmucklose Räume, in denen sie Männer sah, die über Pläne gebeugt waren. Etliche von ihnen trugen die Amtsinsignien leitender Priester-Beamter.
    Endlich blieb der große Mann vor einer Tür stehen, öffnete sie, ohne anzuklopfen, und schloß sie sofort hinter sich. Aset war enttäuscht, bemerkte aber dann eine Treppe, die neben der Tür begann und vermutlich zu einer Galerie führte, die oberhalb des Raumes liegen mußte, in dem der Mann verschwunden war. Sie lief diese Treppe hinauf und stellte fest, daß sie recht hatte. Zwei Maler arbeiteten an einem Fries aus Inschriften und Szenen, das die Galerie schmücken sollte. Von einem kurzen Seitenblick abgesehen,

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