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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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nicht hervorbringen -, war ein Geruch, der mit ihm nichts zu tun hatte. Die Luft war immer noch kalt, und die Kälte kam irgendwo aus der Richtung, in die seine Füße deuteten. Erst war der Geruch schwach und schwer zu identifizieren und außerdem unangenehm. Er kam aus derselben Richtung wie die Kälte. Es war der Geruch von verfaultem Fisch und Schwefel.
    Huy würgte und wälzte sich zur Seite. Seine Füße schlugen auf den Boden, er fühlte rauhe Steine in seinem Rücken und stieß sich den Kopf an einer unebenen, harten Fläche hinter sich.
    Plötzlich hatte die Dunkelheit eine Dimension. Er war irgendwo. Er war in einer Höhle! Aber bedeutete das, daß er noch auf der Welt war? In seinem Kopf schwamm alles, während er sich anstrengte, wenigstens zu begreifen, wenn schon nicht zu beherrschen, was mit ihm geschah; aber sein Verstand glitschte immer einen Schritt vor ihm dahin, und er mußte sich damit begnügen, daß er irgendwo war. Er spürte Flüssiges in seinem Mund, und sofort schwenkte die Zeit wieder auf einen elliptischen Kurs, und dann war da kein Kurs mehr, nur noch die Zeit selbst, wirbelnd und flatternd wie ein Blatt im Wind. Nun spürte er weder Dunkelheit noch Stille; sie waren zerborsten in einer Invasion von Farbklecksen und
    Geräuschfetzen. Gelb, orange, braun, und jede mischte sich mit der nächsten und nahm das ganze Universum auf - und da hineingemischt ein Schmettern wie von Trompeten, aber es waren keine Trompeten, und Bruchstücke von Rede, die Sinn hatte, wenn man lauschte, und keinen, wenn man versuchte, sich an sie zu erinnern. Hatte er diese Fähigkeit verloren? Begreifen ist unmittelbares Erinnern.
    Aber dann erinnerte er sich doch und erzitterte vor dem, was ihm da bevorstehen mußte. Das Durchqueren der Zwölf Hallen der Dunkelheit zum Letzten Gericht. Das Wiegen des Herzens. Aber Thoth war milde. Kein Herz wurde Ammit hingeworfen, auf daß die Bestie es verschlinge. Die zweiundvierzig Richter verdammten nie. »O mein Herz, erhebe dich nicht wider mich«, wisperte er und tastete nach dem Skarabäus, den die Einbalsamierer ihm aufs Herz hätten legen müssen, eingefaltet in die Bandagen, die ihn umhüllten, damit es seine Sünden nicht verriet.
    Der Skarabäus war nicht da. Sein Kopf wurde leicht vor Panik, als er zwischen den Bandagen danach suchte. Woher kamen sie, dachte er verwirrt - eine Ewigkeit zuvor hatte er sich doch nicht an den Prozeß seines Todes erinnern können. Aber jetzt war er eingewickelt wie eine Mumie. Er fühlte die Bandagen; sie waren die einzige Realität in diesem heulenden Wahnsinn, wo Kräfte, die er nicht benennen konnte, an ihm zogen und zerrten und ihn umherschleuderten, während die Farben loderten und die brutale Kakophonie der Geräusche zu einem Schrei anschwoll, der nicht mehr aufhören würde. Etwas zerrte an einem Teil seiner selbst, an seinen Händen, mit rauhen Klauen und Hunderten von Krallen - oder waren es Zähne? Etwas zwang seine Hände in die nasse Höhle eines Maules, und Zähne schlossen sich um seine Handgelenke.
    Instinktiv fuhr er zurück, entwand seinen Körper dem Grauen, das jede andere Empfindung überwältigte; Huy stürzte schwer und fühlte dabei einen anderen Schmerz, scharf, aber erkennbar. Etwas schnitt in seine Brust, aber es weckte dadurch auch sein verwirrtes Bewußtsein. Er schüttelte den Kopf und hörte neue Geräusche - aber auch die klangen vertraut, und er versuchte, sie zu erkennen. Stimmen. Noch immer konnte er keinen Sinn erfassen, aber er war sicher, daß es Stimmen waren.
    Er öffnete die Augen. Statt der Dunkelheit schwamm ein graues Licht herein. Sein Blick war verschwommen. Wieder wurde ihm sein Körper bewußt. An keiner Stelle berührte er den Boden. Aber er schwebte nicht. Er wurde getragen. Sie hatten ihn vom Boden hochgehoben und trugen ihn irgendwohin.
    Das graue Licht wurde heller, gelber, aber es war immer noch nicht hell.
    Abend also? Morgendämmerung? Solche Tageszeiten wurden wieder zu Möglichkeiten.
    Er wußte, daß er an der Brust blutete, und er wußte, warum. Er war auf die Kante seines Amuletts aus Bronze gefallen, seines Udjat- Auges. Er spürte den leichten Druck der Kette an seinem Hals. Als sein Herz sich zum Denken zurückkämpfte, lächelte er innerlich. Hundeelend würde ihm sein, wenn er zu sich käme, wenn die Wirkung der Droge nachließe; aber sein Udjat -Auge hatte seine Pflicht getan: Es hatte ihn beschützt und rechtzeitig geweckt, damit er begriff, was mit ihm geschah. Er

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