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Vermächtnis des Pharao

Vermächtnis des Pharao

Titel: Vermächtnis des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Gill
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paar hundert Schritt weit nördlich der Stadt ans Ufer waten, drehte dann ab und fuhr zurück zu seinem Dorf. Unterwegs malte er sich bereits die Rettungsgeschichte aus, die er seinen Nachbarn erzählen würde.
    Huy war sicher, daß seine Entführer ihn für bewußtlos gehalten hatten, als sie ihn ins Wasser warfen, sonst hätten sie ihn bestimmt umgebracht. Aus ihrer Sicht war also ihr Schauerstück von den Hallen der Hölle erfolgreich gewesen. Ohne den echten Schmerz von dem Amulett, das sich in seine Brust gebohrt hatte, hätten sie bei ihm so viel Erfolg gehabt wie bei Amotju. Huy hätte, seiner Ausbildung am Hofe Echnatons zum Trotz, die Beweiskraft seiner Sinne weder bezweifelt noch in Frage gestellt, wenn ihm der Anfang des Lebens nach dem Tod vorgeführt wurde, wie er im Totenbuch seit den Zeiten der uralten Könige geschildert wurde.
    Das Gehen machte einen klaren Kopf, und tiefes, gleichmäßiges Atmen befreite ihn von der Übelkeit, die ihn plagte. Nach und nach wurde sein Schritt fester, und seine Gedanken ordneten sich. Er begann mit einer Bestandsaufnahme seiner selbst. Der körperliche Schaden schien sehr gering zu sein, obwohl ihm alles wehtat und er hier und da auch große blaue Flecken hatte. Wie er im Gesicht aussah, wußte er nicht, aber offensichtlich erregte nichts in seiner Erscheinung Aufmerksamkeit, denn auf dem Heimweg würdigte ihn niemand in den Vororten oder auch in der Stadtmitte eines zweiten Blickes. Die Entscheidung, zu seinem kleinen Haus zurückzukehren, war ihm leicht gefallen: Einmal ans Licht gezerrt, hatte es wenig Sinn, sich weiter zu verstecken, und wer immer sich diese Unterhaltung für ihn ausgedacht hatte, würde vielleicht weniger mißtrauisch sein, wenn Huy einfach so tat, als sei die gewünschte Wirkung eingetreten. Die Pläne, die er jetzt schmiedete, erforderten eine Heimlichkeit ganz anderer Art.
    Vor seinem Haus angekommen, blieb er kurz stehen, um zu Atem zu kommen, denn plötzlich senkte sich Müdigkeit auf ihn. Als er aufblickte, sah er Licht im Fenster seines oberen Zimmers. Es war so schwach, daß er nicht wußte, ob er es sich nicht eingebildet hatte, aber als er wartete und die kurze Abenddämmerung in Dunkelheit überging, wurde das Leuchten deutlicher. Huy überlegte, ob er weitergehen und sich eine andere Bleibe suchen oder sogar in Amotjus Haus unterschlüpfen sollte; aber seine Erschöpfung machte das unmöglich. Wer immer es war, irgendwann würde er ihm gegenübertreten müssen. Er versuchte deshalb gar nicht, leise zu sein, als er jetzt seine Haustür öffnete, die zu seiner Überraschung verschlossen war.
    Unten war alles so, wie er es verlassen hatte. Er schloß die Tür hinter sich und ging zu dem Alkoven, wo er hinter einem Bündel Papyrusbücher sein breites Bronzemesser versteckt hatte. Es war noch da, in einer Scheide aus eingeöltem Leder. Zögernd zog er es heraus und ging zu der Steintreppe an der gegenüberliegenden Wand, die in das obere Zimmer hinaufführte. Für einen Augenblick blieb er stehen und spitzte die Ohren, aber kein Laut kam aus dem oberen Zimmer. Langsam begann er, die Stufen hinaufzusteigen. Als er fast oben war, hielt er wieder inne, und jetzt hörte er ein schwaches, regelmäßiges, sachtes Geräusch: jemand atmete. Behutsam ging er weiter, so daß er ins Zimmer spähen konnte. Aset lag vollständig angezogen auf dem Bett. Sie hatte eine Decke über sich geworfen und war eingeschlafen.
    Sie fuhr auf und starrte ihn erschrocken an. Da erst merkte er, daß er das Messer noch in der erhobenen Faust hielt. Sie wachte vollends auf, schlang die Arme um ihn und zog ihn wortlos an sich. Er schloß die Augen und wäre am liebsten in ihrer Wärme ertrunken.
    Endlich lösten sie sich voneinander und sie schaute ihn richtig an.
    »Was ist mit dir passiert?« fragte sie bestürzt.
    »Ich weiß es nicht.« Er überlegte, wie er seinen Bericht anfangen sollte und sah ihr ins Gesicht. Zu seiner Erleichterung schien sie eher über sein Aussehen besorgt als neugierig. Wäre er weniger müde gewesen, hätte er sich vielleicht nach dem Grund gefragt.
    »Wie sehe ich aus?« Er bemühte sich, die Frage scherzhaft klingen zu lassen.
    Sie lächelte. »Schrecklich, ich muß deine Wunden säubern.« Am allerliebsten hätte er jetzt geschlafen, aber sie machte es ihm bequem, verschwand nach unten und kehrte mit einer irdenen Wasserschüssel zurück. Mit leinenen Lappen wusch sie ihm Gesicht und Hände und erst jetzt bemerkte er, daß seine

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